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Rosazea okuläre
Synonym(e)
Definition
Chronisch entzündliche Augenbeteiligung des Rosazea-Symptomenkomplexes, die mit oder ohne Hautveränderungen einhergehen kann. Bei etwa 20% der Rosazea-Patienten ist diese Symptomatik Vorbote einer Rosazea. Bei 25 bis 50% der Betroffenen tritt die okuläre Rosazea zeitgleich mit den Hautsymptomen auf.
Vorkommen/Epidemiologie
Die okuläre Rosazea wird bei etwa 20% (nach Angaben anderer Autoren bei 6-18%) der Patienten mit Hautsymptomen beobachtet. Bei der primären okulären Rosazea fehlen die Hautveränderungen komplett oder sind nur diskret ausgebildet. Diese Form kann bereits im Kindesalter auftreten.
Manifestation
Entspricht dem Manifestationsalter bei Rosazea (rund 80% der Patienten sind älter als 30 Jahre). Das Durchschnittsalter bei klinischer Vorstellung liegt bei 50 Jahren (Saá FL et al. (2021). Bei etwa 20% der Patienten treten die okulären Symptome mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren zu den Hautveränderungen auf. Frauen waren häufiger betroffen als Männer.
Indikation zu Naturheilverfahren
Euphrasia officinalis (Augentrost)-haltige Augentropfen (WALA Euphrasia®).
Klinisches Bild
Die klinischen Symptome gehen mit Rötungen und Entzündungen des Lidrandes, sowie der tarsalen und bulbären Konjunktiven einher (Blepharitis, Conjunctivitis sicca). Weiterhin werden Fremdkörper- oder Trockenheitsgefühl, Brennen und vermehrter Tränenfluss angegeben. Nicht selten sind diese Symptome mit Lidödem oder auch Ödemen der Periorbitalregion verbunden.
Schwere Formen gehen mit Störungen des Tränenfilms und Sehstörungen einher (Lichtempfindlichkeit, verschwommenes Sehen).
Eine ungünstige Prognose gilt für die Rosazeakeratitis, da sie zur Ulzeration, ggf. zur Perforation und Erblindung führen kann.
Hinweis: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der kutanen Rosazea und dem Ausmaß der okulären Symptomatik. In seltenen Fällen kann ein isolierter Befall auftreten, sodass die Zuordnung zur Rosazea erschwert wird.
Differentialdiagnose
Bakterielle, virale (z.B. Herpes simplex Virus) oder allergische Konjunktivitis.
Komplikation(en)
Bei der okulären Rosazea ist das Risiko für das Auftreten von Chalazion (Hagelkörner) oder einer Konjunktivitis erhöht. Als Folge einer chronischen Blepharokonjunktivitis können Hornhautulzera in Kombination mit kornealen Gefäßneubildungen auftreten.
Therapie allgemein
Interdisziplinär dermatologisch-ophthalmologischer Therapiansatz: Die Therapie der Erkrankung umfasst zum einen eine lokale Behandlung der Lidveränderungen direkt, als auch eine allgemeine Behandlung der Grunderkrankung. Als Standardmaßnahmen gelten heute:
Liderwärmung und –reinigung: Durch eine mindestens 4-5-minütige Erwärmung der Lider wird das Fettsekret der Meibomdrüsen verflüssigt und kann so aus den Lidern massiert werden. Dabei ist wichtig, dass die Erwärmung effizient erfolgt und die Massage der Lider jeweils dem Verlauf der Drüsen entsprechend zum Auge hin erfolgt (Oberlid von oben nach unten, Unterlid von unten nach oben). Krustige Beläge von den Lidkanten mit Hilfe z. B. von pflanzlichen Ölen, physiologischer Kochsalzlösung oder abgekochtem Wasser und Wattestäbchen entfernen. Der Ablauf sollte 2x/Tag übereinen Zeitraum von > 3 Monate durchgeführt werden.
Antibiotika: Antibiotika (Tetracycline, Azythromyzin u .a.) sind nicht nur bei offensichtlicher Infektion, sondern aufgrund zusätzlicher entzündungshemmender und fettverflüssigender Wirkmechanismen auch bei chronischem, nicht-infektiösem Verlauf sinnvoll. Eine Wirksamkeit ist insbesondere für systemisch angewandte Tetrazyklinderivate belegt worden. Auch diese Therapie muss für mindestens 3 Monate angewendet werden, um eine nachhaltige Besserung der Situation zu erzielen.
Hinweis: Patienten mit okulärer Rosazea sollten auf die Anwendung von Isotretinoin verzichten, da sich die Augensymptome (Trockenheitssymptomatik) hierdurch verschlimmern können.
Entzündungshemmende Medikamente: Bei schweren entzündlichen Veränderungen werden Glukokortikoid-haltige Augentropfen und –salben angewendet. Diese führen fast immer zu einer raschen Besserung währender der Anwendung, jedoch auch zu Rezidiven nach Absetzen. Aufgrund von Nebenwirkungen bei dauerhafter Anwendung (grauer oder grüner Star) sollten Glukokortikoidexterna am Auge nur vorübergehend angewendet werden. Alternativ: z. B. Ciclosporin-Augentropfen in geeigneten Trägersystemen (NRF-Rezeptur) .
Tränenersatz: Zur symptomatischen Linderung der Beschwerden des oft gleichzeitig bestehenden trockenen Auges können Tränenersatzmittel angewendet werden. Von den vielen vorhandenen Präparaten sollte bei mehr als 2-3x täglicher Anwendung ein unkonserviertes Präparat verwendet werden (Hyaluronsäure-haltiger Tränenseratz: GenTeal, Hyalo-Vision. Carbomer-haltiger Tränenseratz: Thilo-Tears®; Natur: Euphrasia officinalis (Augentrost)-haltige Augentropfen (WALA Euphrasia).
Interne Therapie
Tetracycline: Eine Wirksamkeit ist insbesondere für systemisch angewandte Tetrazyklinderivate belegt worden. Mittel der Wahl ist Doxycyclin. Alternativ wird Minocyclin empfohlen. Auch diese Therapie muss für mindestens 3 Monate angewendet werden, um eine nachhaltige Besserung der Situation zu erzielen. Dauerhaft genügen 50mg Doxycyclin jeden 2. Tag um die Inflammation des Auges zu unterdrücken.
Hinweis: Patienten mit okulärer Rosazea sollten auf die Anwendung von Isotretinoin verzichten, da sich die Augensymptome (Trockenheitssymptomatik) hierdurch verschlimmern können.
Fallbericht(e)
De Marchi SU et al. (2014) Eine 79-jährige Frau stellte sich mit einer 10-jährigen Geschichte von roten Augen, Photophobie, Augenbrennen und Fremdkörpergefühl, rezidivierender Konjunktivitis-Blepharitis und Episoden von verschwommenem Sehen vor. Sie berichtete auch über Symptome eines trockenen Auges, doch der Schirmer-Test hatte eine normale Tränenmenge ergeben. Im letzten Jahr wurden Gesichtsrötungen und Flush-Phänomene als Reaktion auf den Verzehr von scharfen Speisen und alkoholischen Getränken wahrgenommen. Die Patientin war von Allgemeinärzten, Augenärzten, Dermatologen und Allergologen untersucht worden, hatte mehrere topische Behandlungen erhalten, die jedoch wenig effektiv waren.
Es zeigten sich Erytheme und Teleangiektasien an Nase, Wangen, Glabella und Stirn sowie eine beidseitige Konjunktivitis-Blepharitis. An den entzündeten Lidrändern waren Teleangiektasien sichtbar, und die bulbäre Bindehaut war hyperämisch mit erweiterten, gewundenen Blutgefäßen. Es wurde die Diagnose einer erythematotelangiektatischen Rosazea mit okulärer Rosazea gestellt.
Therapie: Die Patientin wurde mit oralem Doxycyclin behandelt. Die Anfangsdosis von 100 mg wurde 2 Wochen lang fortgesetzt, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 50 mg/Tag für eine insgesamt 2-monatige Therapie. In den 6 Monaten der Nachbeobachtung traten keine weiteren Episoden von Bindehautentzündung-Blepharitis auf.
Literatur
- Awais M et al.,(2015) Rosacea – the ophthalmic perspective. Cutan Ocul Toxicol 34:161-166.
- De Marchi SU et al. (2014) Ocular rosacea: an underdiagnosed cause of relapsing conjunctivitis-blepharitis in the elderly. BMJ Case Rep 2014:bcr2014205146
- Oltz M et al.(2011) Rosacea and its ocular manifestations. Optometry 82:92-103.
- Redd TK et al. (2020) Ocular rosacea. Curr Opin Ophthalmol 31: 503-507.
- Saá FL et al. (2021) Association Between Skin Findings and Ocular Signs in Rosacea. Turk J Ophthalmol 51: 338-343.
- Stone DU et al.(2004) Ocular rosacea: an update on pathogenesis and therapy. Curr Opin Ophthalmol 15:499-502.
- Tavassoli S et al. (2021) Ocular manifestations of rosacea: A clinical review. Clin Exp Ophthalmol 49:104-117.
- Vieira AC e al. (2013) Ocular rosacea: common and commonly missed. J Am Acad Dermatol 69(6 Suppl 1):S36-41.
- Webster G (2013) Ocular rosacea: a dermatologic perspective. J Am Acad Dermatol 69(6 Suppl 1):S42-43.