Bilder (1)
Rift-Tal-FieberA92.4
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Das Rift-Valley-Fieber-Virus wurde 1931 erstmalig durch Daubney et al. als Erreger einer Tierseuche aus Schafen im Rifttal in Kenia isoliert. Seitdem traten zahlreiche Epizootien (Epidemien bei Tieren; subklinisch infizierte Kamele) in Afrika und Ländern des Nahen Ostens auf, bei denen es gleichzeitig zu Infektionen beim Menschen kam.
Definition
Hoch fieberhafte, zumeist grippal oder Dengue-ähnlich verlaufende, durch Arthropoden aber auch durch Kontakt mit infektiösem Material übertragene Virusinfektion der Schafe, Ziegen, Kamele und Rinder in Folge von en- bzw. epizootischen Biozyklen (Arbovirose).
Erreger
- Rift-Tal-Virus, Genus Phlebovirus, Familie Bunyaviridae.
- Es sind 2 Stämme bekannt: klassisches Rift-Tal-Virus und das antigenverwandte, weniger virulente Zingavirus.
Vorkommen/Epidemiologie
Vektoren: Vektoren des Rifttal-Fieber-Virus (RVF virus - RVFV - Bunyaviridae: Phlebovirus), sind verschiedene Culex- und Aedes-Mücken. Rifttal-Fieber-Epidemien treten häufig nach Regenfällen oder Überschwemmungen auf, was mit dem Ausbrüten infizierter Eier und einer Vermehrung der Mücken erklärt wird. Während der Ausbrüche zirkuliert das Virus zwischen Mücke und Vertebratenwirt. Obwohl das Virus verschiedene Tierspezies infizieren kann, sind Nutztiere wie Schafe, Ziegen oder Rinder die wichtigsten Wirtstiere. Ein Ausbruch manifestiert sich üblicherweise zuerst bei den Tieren (enzootische Hepatitis). Menschen werden entweder durch Mücken infiziert oder durch Kontakt zu infizierten Tieren (d. h. zu Blut und anderen Körperflüssigkeiten), z. B. beim Schlachten oder bei der Beseitigung verstorbener Tiere. Bei den letzten Ausbrüchen in Südafrika spielten Mücken bei der Übertragung auf den Menschen eine untergeordnete Rolle. Betroffen waren in Südafrika vor allem Landwirte, Landarbeiter und Tierärzte mit direktem Tierkontakt. Es gibt keine gesicherten Hinweise auf eine horizontale Mensch-zu-Mensch-Übertragung.
Ätiopathogenese
Bei Tieren: Übertragung duch Culex-, Mansonia- und Aedesmücken.
Bei Menschen: direkter Kontakt mit Organen und Blut erkrankter Tiere oder über Aerosole von erkrankten oder toten Schafen und Rindern (gefährdet sind Bauern, Metzger, Tierärzte u.a.). Übertragung durch Vektoren wie Mücken und Tabaniden.
Direkte Schädigung von Leber- und Endothelzellen (Nekrosen der Hepatozyten, toxische Veränderungen in Nierentubuli und Milz).
Genetischer Einfluß wird diskutiert.
Wechselnde Schwere durch Virulenz bestimmter Stämme sowie Koinfektion mit Schistosomiasis.
Manifestation
Klinisches Bild
- Inkubationszeit 3-7 Tage.
- Biphasischer Fieberverlauf, schwerer Krankheitsverlauf: Schüttelfrost, retroorbitale Kopfschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Übelkeit, Pharyngitis, Konjunktivitis.
- Schwere Verlaufsform:
- Hämorrhagisches Krankheitsbild: petechiale Blutungen, Sklerenikterus, Hepatitis, Hyptonie, Oligurie, schwere gastrointestinale Blutungen.
- Enzephalitis: bis zu 12 Tage nach Fieberabfall Meningismus, motorische Ausfallerscheinungen, Verwirrtheit, Bewußtlosigkeit
- Okuläre Beteiligung: 1-3 Wochen nach der fieberhaften Erkrankung, vorübergehende Blindheit oder verschwommenes Sehen, Gesichtsfeldausfall, Retinavaskulitis, Blutungen, Infiltrate, Ödeme mit Retinaablösung.
Labor
Thrombozytopenie, erhöhte Transaminasen und erhöhtes Kreatinin als Zeichen einer Leber- bzw. Nierenbeteiligung.
Hinweis: Die Virämie ist in den ersten Krankheitstagen am höchsten. Die Viruslast liegt bei letalen Verläufen ca. 1.000-fach höher als bei nichtletalen Verläufen und fällt vor dem Tod nur wenig ab.
Bei günstiger Prognose fällt der Virustiter schnell ab und liegt nach 1–3 Wochen unter der Nachweisgrenze der PCR. Bei milden Verläufen kann die Virämie auch in der akuten Phase zu gering für einen PCR-Nachweis sein.
IgM- und IgG-Antikörper treten sehr früh – oft innerhalb der ersten Woche – auf, und sind daher besonders zur Akutdiagnostik von milden Verläufen geeignet. IgM-Antikörper persistieren nur wenige Monate. Bei letalen Verläufen sind Antikörper nicht immer nachweisbar. In endemischen Regionen besteht eine hohe Prävalenz von IgG-Antikörperträgern.
Diagnose
- Während der Fieberphase: Virusisolierung aus Blut und Rachenspülflüssigkeit (Anzucht)
- Virusnachweis mittels PCR
- Serologie (Immunfluoreszenz-, Hämagglutinationshemmungstests).
Komplikation(en)
Therapie
Verlauf/Prognose
- Genesung um den 10.Tag, langsame Rekonvaleszenz. Passiv übertragene Immunität schützt mehrere Monate. Immunität über viele Jahre.
- Bei hämorrhagischem Fieber: 25% Letalität.
- Bei okulärer Beteiligung: 50% dauerhafte Augenschäden, z.T. völlige Blindheit.
Prophylaxe
- Totimpfstoff nach Formalininaktivierung (bislang nur für Laborpersonal, Militär und für Epidemien): in USA, Südafrika und Ägypten hergestellt, Impfung: 0, Woche 6-8 und Monat 6.
- Schutz vor Aerosolen und direktem Kontakt mit infektiösem Material.
- Mückenbekämpfung.
Hinweis(e)
Der letzte Fall einer in Deutschland diagnostizierten Infektion mit Rifttal-Fieber betraf Anfang 2009 eine 71-jährige.
Fallbericht(e)
Bei einer durch das RKI übermittelten Patientin handelt es sich um eine 50-jährige Frau, die vom 17.03.2010 bis zum 08.04.2010 als Mitglied einer Reisegruppe in der Küstenregion der Republik Südafrika verreist war und am o7.04.2010, einen Tag vor der Rückreise nach Deutschland, erkrankte.
Ausgehend von Port Elizabeth in der Provinz Eastern Cape war die Gruppe in ländlichen Gebieten entlang der Küste Südafrikas (Provinzen Eastern Cape, Western Cape) gereist, mit Besuchen von Wildreservaten und Bergregionen. In dieser Zeit begegneten die Reisenden auch Nutztieren wie Ziegen und Kühen. Die Gruppe übernachtete ausschließlich in Hotels oder Pensionen (Lodges). Gegen Ende der Reise verbrachte die Gruppe auch einige Tage in der Innenstadt von Kapstadt (keine Ausflüge). Nach Auskunft der befragten Frau seien alle Reisenden von Mücken gestochen worden.
Warnungen vor dem sog. Rift-Tal-Fieber waren der Gruppe nicht bekannt. Somit schützten sie sich auch nicht durch langärmelige Kleidung oder lange Hosen, auch nicht mit chemischen Mitteln, um Mückenstichen vorzubeugen. Die Patientin hatte sich vor ihrer Reise auch nicht bei einem Arzt über Präventivmaßnahmen für Südafrikareisen informiert oder beraten lassen.
Die akute Erkrankung der Frau ging einher mit Fieber (bis 39 °C), heftigen Kopfschmerzen, flächigen nicht juckenden Erythemen an Ober- und Unterkörper, einer ausgeprägten Konjunktivitis, bds. inguinaler Lymphadenitis sowie einem papulo-vesikulösem Exanthem im Abdominalbereich.
Labor: Leichte Thrombozytopenie. Komplikationen wie Meningitis oder Netzhautentzündung traten nicht auf. Eine stationäre Behandlung war nicht erforderlich.
Nachweis von Rifttal-Fieber-Virus-spezifischen IgM- und IgG-Antikörper .
Die Erkrankung wurde symptomatisch behandelt und verschwand allmählich innerhalb der nächsten 3 Wochen. Allerdings klagte die Patientin noch mehrere Wochen über Fatigue-Symptome.
Literatur
- Dungu B et al. (2018) Rift Valley fever vaccines: current and future needs. Curr Opin Virol 29:8–15.
- Daubney R, Hudson JR, Garnham PC (1931) Enzootic hepatitis or Rift Valley fever: an undescribed virus disease of sheep cattle and man from East Africa. J Pathol Bacteriol 34: 545-579
- Flick R et al. (2005) Rift Valley fever virus. Curr Mol Med 5: 827–834
- Linthicum KJ et al. (2016) Rift Valley Fever: An Emerging Mosquito-Borne Disease. Annu Rev Entomol. 61:395–415.
- Madani TA et al. (2003) Rift Valley fever epidemic in Saudi Arabia: epidemiological, clinical, and laboratory characteristics. Clin Infect Dis 37: 1084–1092
- Oltmann A et al. 2010) Fatal outcome of hepatitis A virus (HAV) infection in a traveler with incomplete HAV vaccination and evidence of Rift Valley Fever virus infection. J Clin Microbiol 46: 3850–3852
- RKI (2010) Epidemiologisches Bulletin. Nr. 17