Münchhausen-SyndromF68.12

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Dermatitis autogenetica; Dermatitis autogenica; Münchhausen-Neurose; Pathomimicry

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Erstbeschreiber

Miege, 1893; Menninger, 1934; Asher, 1951

Definition

  • Vortäuschung eines Krankheitsbildes mit demonstrativer, oft dramatischer Beschwerdeschilderung und falschen Angaben zur Anamnese auf dem Boden einer Persönlichkeitsstörung. Abzugrenzen ist das Syndrom von der Simulation (bewusste Absicht, einen erkennbaren Vorteil zu erlangen) und von der Hypochondrie (leiden an einer eingebildeten Krankheit ohne Selbstverletzung). Es wird davon ausgegangen, dass mangelnde Impulskontrolle, verminderte Angsttoleranz, Externalisierung von Konflikten und Fehlen differenzierter Abwehrmechanismen zur Bewältigung von Problemen bei der Erkrankung eine Rolle spielen können. Da die Erkrankung als Kompensation für Konflikte dient, wird die Abheilung vom Patienten selbst nicht unbedingt angestrebt.
  • Die Haut als Grenzorgan zwischen Mensch und Umwelt ist vielfach das Zielorgan der Selbstverletzung, so dass der Dermatologe relativ häufig mit der Erkrankung konfrontiert wird. Es ist davon auszugehen, dass 0,05-0,5% des gesamten Krankengutes auf ein Münchhausen-Syndrom zurückzuführen sind. Die Art der Selbstschädigung kann erfolgen durch Anwendung von Chemikalien, mechanische Schädigung wie Reiben und Kratzen, thermische Methoden, Einnehmen von Pharmaka wie Schilddrüsenhomonen oder Laxantien, Einführen oder Injektion kontaminierter Substanzen (z.B. in die Blase), Anwendung von Allergenen etc. Es zeigen sich i.d.R. unregelmäßige Hautveränderungen mit Ausläufern und regelmäßigem Grund, Fehlen typischer Primäreffloreszenzen, Narben am Rand oder anderen Stellen.

Ätiopathogenese

Die Ursachen sind nicht eindeutig geklärt. Diskutiert werden psychodynamische, psychosoziale, hirnorganische Einflussfaktoren. Nicht selten bestehen Suchtproblematik, dissoziative Zustände, Borderline- und antisoziale Persönlichkeitsstörungen. Pathogenetisch bedeutsam sind frühkindliche Entwicklungen mit Hinweisen auf zahlreiche traumatisierende Realerfahrungen, Trennungs- und Verlusterlebnisse, sexuelle und seelische Misshandlungen. Häufig sind chronische Erkrankungen familienanamnestisch nachweisbar. Auch für Pseudologia phantastica prädisponierende zerebrale Dysfunktionen können vorhanden sein.

Therapie

  • Die Aufgabe des Dermatologen ist es, die artifizielle Komponente der Hautveränderung zu erkennen. Dies ist der erste Schritt, der den Kreislauf aus fortlaufender Diagnostik und Anwendung unterschiedlichster Therapieversuche beenden kann.
  • Das Ansprechen des Patienten auf die Selbstschädigung ist häufig schwierig, aber i.d.R. unumgänglich, um den Patienten einer professionellen psychotherapeutischen Hilfe zuzuführen. Dieser Schritt kann zu einem Vertrauensbruch zwischen Patient und Arzt führen, da der Patient sich mit seinem körperlichen Leiden vom Arzt nicht mehr ernst genommen und verstanden fühlt. S.a.u. Dermatitis artefacta, s.a.u. Artefakte.

Literatur

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  3. Eckhardt A (1992) Artifizielle Krankheiten (selbstmanipulierte Krankheiten) - Eine Übersicht. Nervenarzt 63: 409–415
  4. Gushurst CA (2003) Child abuse: behavioral aspects and other associated problems. Pediatr Clin North Am 50: 919-938
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  9. Plassmann (1993) Psychoanalyse artifizieller Krankheiten. Shaker, Aachen.
  10. Rabinerson D et al. (2002) Munchausen syndrome in obstetrics and gynecology. J Psychosom Obstet Gynaecol 23: 215-218
  11. Rothenhausler HB et al. (2002) Munchhausen patients in general hospitals--Clinical features and treatment approaches in C-L psychiatry settings. Psychiatr Prax 29: 381-387
  12. Taylor S, Hyler SE (1993) Update on factitious disorders. Int J Psych Med 23: 81–94
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