MSDM, IFNGR2-DefektD84.8
Synonym(e)
Definition
Die Suszeptibilität für Mykobakteriosen (MSMD) durch kompletten Defekt des Interferon-gamma-Rezeptors 2 (IFNGR2) ist ein sehr seltenes, autosomal-rezessiv vererbtes Immundefizienz-Syndrom, eine genetische Variante der genetisch heterogenen Immundefizienzfamilie: Mendelian susceptibility to mycobacterial diseases, kurz MSMD (siehe dort). Die Folge des vollständigen IFN-gammaR2-Mangels mit einer nicht messbarer IFN-gamma-Antwort sind schwere und oft tödliche Infektionen mit Bazillus Calmette-Guérin (BCG) und anderen Mykobakterien aus der Umwelt (EM).
Vorkommen/Epidemiologie
Die Prävalenz unbekannt. <20 Kinder sind beschrieben.
Ätiopathogenese
Ursächlich sind Mutationen im IFNGR2-Gen (21q22.1-22.2). Dieses Gen kodiert die signalgebende Kette des IFN-gamma-Rezeptors kodiert.
Manifestation
Beginn in der frühen Kindheit (<Alter von 3 Jahren).
Klinisches Bild
Schwere und oft letale Infektionen mit BCG-und anderen Mykobakterien (EM). Zu den häufigsten Pathogenen zählen Mycobacterium fortuitum, Mycobacterium bovis, BCG, Mycobacterium abscessus und Mycobacterium avium. Disseminierte Infektionen mit Befall der Weichteile, des Knochenmarks, der Lungen, der Haut, der Knochen und Lymphknoten. Klinische Symptome: Fieber, Gewichtsverlust, Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathie.
Diagnostik
Nachweis der Mutationen im IFNGR2-Gen.
Therapie allgemein
Als einzige kurative Therapie bei komplettem IFN-gammaR2-Defekt gilt die Stammzelltransplantation (HSCT). Wegen des Fehlens spezifischer Rezeptoren ist eine IFN-gamma-Behandlung nicht indiziert. Eine BCG-Impfung muss vermieden werden.
Fallbericht(e)
Hoyos-Bachiloglu et al. (2017) berichteten über einen Jungen, der von konsanguinen saudischen Eltern geboren wurde und sich im Alter von zwei Monaten mit einer fiebrigen Erkrankung aufgrund einer Streptococcus-viridans-Bakteriämie und einer schweren Cytomegalovirus (CMV)-Virämie vorstellte. Er entwickelte rasch eine Anämie, Thrombozytopenie, Splenomegalie und Lymphadenopathie. Die Laboruntersuchungen wiesen auf eine hämophagozytäre Lymphohistiozytose (HLH) hin. Das Knochenmark war positiv für CMV und Mycobacterium abscessus. Die Laboruntersuchungen ergaben eine Leukozytose, CD4+ T-Zellen leicht vermindert, CD8+ T-Zellen erhöht.
Eine abgeschwächte MMR-Impfung verlief normal. Bei der Ganz-Exom-Sequenzierung dieses Patienten wurde eine homozygote Loss-of-Function-Mutation im IFNGR2-Gen (147569.0007) identifiziert, die die mykobakterielle Erkrankung erklärte und IMD28 bestätigte, sowie eine homozygote Variante im IFNAR1-Gen (107450.0004), die den ungewöhnlichen Phänotyp der CMV-Infektion erklären könnte.
Lab: In-vitro-Studien zur funktionellen Expression unter Verwendung von Fibroblasten des Patienten zeigten eine beeinträchtigte Reaktion auf die Stimulation mit gamma-IFN und einen Defekt im IFN-Typ-II-Signalweg, der vermutlich durch das IFNGR2-Gen verursacht wird, sowie eine beeinträchtigte Downstream-Signalisierung nach Stimulation mit alpha-IFN, was auf einen Defekt im IFN-Typ-I-Signalweg hindeutet, der vermutlich durch die IFNAR1-Variante verursacht wird.
Literatur
- Al-Muhsen S et al. (2008) The genetic heterogeneity of mendelian susceptibility to mycobacterial diseases. J. Allergy Clin Immun 122: 1043-1051.
- Bustamante J (2020) Mendelian susceptibility to mycobacterial disease: recent discoveries. Hum Genet 139: 993-1000.
- Fieschi C et al. (2001) High levels of interferon gamma in the plasma of children with complete interferon gamma receptor deficiency. Pediatrics 107: E48.
- Hoyos-Bachiloglu R et al. (2017) A digenic human immunodeficiency characterized by IFNAR1 and IFNGR2 mutations. J Clin Invest 127: 4415-4420.
- Rosain J et al. (2019) Mendelian susceptibility to mycobacterial disease: 2014-2018 update. Immunol Cell Biol 97:360-367.