Schmerztherapie, medikamentöse

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Definition

I.A. durch Erregung von Schmerzrezeptoren hervorgerufene, häufig unter Beteiligung weiterer Sinne (Druck-Temperatursinn) zustande kommende, komplexe Sinnesempfindung (mit starker seelischer Komponente = Schmerzerlebnis). S.a. Tabelle 1.

Allgemeine Definition

Allgemeine Richtlinien zur Therapie von Schmerzen:
  • Medikamentöse Therapie stufenweise aufbauen (nicht sofort "das Pulver verschießen").
  • Einnahmeintervalle genau beachten.
  • Tumorpatienten ausreichend therapieren (Lebensqualität sollte durch Schmerztherapie deutlich gebessert werden).
  • Vor medikamentöser Therapie kurative oder palliative Therapiemöglichkeiten ausschöpfen.
  • Kombinationspräparate vermeiden.
  • Begleitmedikation berücksichtigen (z.B. Laxantien bei Opioidtherapie).
  • Ggf. erforderliche Kontrolluntersuchungen und Spiegeluntersuchungen (z.B. Carbamazepin) berücksichtigen.
  • Opiate nicht nach Bedarf sondern nach der Uhr anwenden. Kontinuierliche Wirkspiegel sollen das Wiederauftreten des Schmerzes verhindern. Diese schmerzsuppressive Therapie kommt mit geringeren Dosen aus, weil nicht stets gegen den Schmerz anbehandelt wird.

Durchführung

Stufentherapie in Abhängigkeit von der Grunderkrankung, s. Tabelle 2.

Merke! Nicht vor höher dosierter Therapie zurückschrecken, wenn Pat. starke Schmerzen hat. 50-80% der Tumorpatienten werden unzureichend behandelt!

  • Opioide: Btm-Rezept zur Verschreibung von Opioiden erforderlich. Rezepte beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn, beantragen (Approbationsurkunde beifügen). Arzneimittelbezeichnung, Darreichungsform und Gewichtsmenge, Stückzahl und Einnahmeverordnung eintragen. Überschreitung der erlaubten Maximalmenge/Tag oder der Verschreibungszeiträume (> 30 Tage) möglich, jedoch Rezept mit "A" markieren und Meldung an zuständigen Regierungspräsidenten.

    Merke! Bei Gabe von Opioiden immer Laxantien mitverordnen (z.B. Laxoberal Trp.)!

  • Adjuvante Analgetika:
    Primär nicht analgetisch wirkende Substanzen, die jedoch in Kombination mit anderen Analgetika einen adjuvanten analgetischen Effekt haben, insbes.:
    • Antidepressiva, z.B. Amitriptylin (Saroten) 25 mg/Tag p.o.
    • Antikonvulsiva, z.B. Carbamazepin (Tegretal) 400-800 mg/Tag p.o.
    • Neuroleptika, z.B. Haloperidol (Haldol) 1-5 mg/Tag p.o.
  • Besondere Maßnahme: PCA (patient controlled anaesthesia)-Pumpe. Der Patient kann über einen Knopf die Analgetikagabe schmerzabhängig selbst kontrollieren. Vorher genaue Einweisung durch Schmerztherapeuten erforderlich.
Naturheilkundlich bietet sich als Antidepressivum Johanniskraut (Hypericum) an, anerkannt ist insbes. das Präparat "Jarsin". Schmerzen lassen sich mit Weidenrinde (Assalix) angehen. Schmerzen, v.a. Muskel- und Knochenschmerzen, sprechen auf Teufelskralle (Harpagophytum) an.

Tabellen

Hauterkrankungen und Schmerzen

Schmerzform nach Ätiologie

Assoziierte Erkrankungen

Bemerkungen

Zosterschmerz

Nervenschmerzen (z.B. als postzosterischer Schmerz)

Im Erkrankungsareal plötzlich einschießender, "elektrisierender" Schmerz; auch als nahezu unerträglich dumpfer Dauerschmerz auftretend.

Wundschmerz

Schmerz, postoperativer

Heller, manchmal pochender Wundschmerz, auf das Operationsgebiet beschränkt.

Schmerzen bei Ulcus cruris

Klopfender, aber auch brennender oder stechender Dauerschmerz, der auf das Wundareal begrenzt ist.

Z.B. bullöses Pemphigoid, Pemphigus, Erythema exsudativum multiforme, Lyell-Syndrom

Schmerzen bei Wundflächen durch epidermolytische Prozesse.

Ischämische Schmerzen bei AVK

Ulcus cruris arteriosum

Dumpfer Tiefenschmerz infolge Mangeldurchblutung (Ischämie) durch Bewegung und Wärme verstärkt, durch Ruhe und Kälte gemindert.

Infektionsschmerz

Z.B. Erysipel, Furunkel, phlegmonöse Prozesse

Unterschiedlich intensiver, auf das Entzündungsareal begrenzter, selten fortgeleiteter, meist heller Berührungs- oder pulsierender Dauerschmerz.

Verbrennungsschmerz

Z.B. Dermatitis solaris

Unterschiedlich intensiver, auf das Entzündungsareal begrenzter, meist heller brennender Dauerschmerz, durch Berührung verstärkt.

Tumorschmerz

Bei metastasierenden Tumoren (z.B. malignes Melanom)

Knochenschmerz: Umschriebener Schmerz; oft unerträglich und lanzinierend. Zunächst bewegungsabhängig, später auch in Ruhe.

Viszeraler Schmerz: Diffuser, nicht genau lokalisierbarer Schmerz, drückend, ggf. krampfartig, oft unerträglich. Oft Hyperalgesie von Hautbezirken.

Weichteilschmerz: Dumpfer, bewegungsabhängiger Dauerschmerz, oft unerträglich.

Bei gutartigen Hauttumoren (z.B. Amputationsneurome, Leiomyome, Glomustumor)

Umschriebener, meist nur bei gezielter Druckausübung auftretender, heller, stechender Schmerz.

Schmerzen bei aktinischen Keratosen

Keratosis actinica

Heller, stechender, auf das läsionale Areal scharf begrenzter Berührungsschmerz.

Schmerzen bei Dermatitis herpetiformis

Dermatitis herpetiformis

Brennender oder stechender, sehr heller, auf die Effloreszenz begrenzter Intervallschmerz.

Schmerzen bei Kollagenosen

SLE, PSS

Rheumatische Gelenkschmerzen: Bewegungsabhängig, später auch in Ruhe (Anlaufschmerz). Weichteilschmerz: Dumpfer, bewegungsabhängiger Dauerschmerz, oft unerträglich.

CDLE

Heller, stechender, auf das läsionale Areal scharf begrenzter Berührungschmerz.

Schmerzen bei granulomatösen Entzündungen

z.B. Erythema nodosum

Heller, auch stechender, auf das läsionale Areal begrenzter Druck- und Berührungsschmerz.

Schmerzen bei Vaskulitiden, auch bei vaskulitischen Ulzera

Vaskulitis, leukozytoklastische (non-IgA-assoziierte); Polyarteriitis nodosa

Heller, aber auch stechender, läsionaler Dauer- oder Berührungssschmerz.

 

 

Stufenschema der WHO bei schweren Schmerzen

 

Wirkstoff

Handelsnamen

Tagesdosierung

[mg]

Wirkdauer

[Std.]

Wichtige unerwünschte Wirkungen

Stufe I

Paracetamol

Benuron

4-6mal 500-1000

4-6

pseudoallergische Reaktionen

Acetylsalicylsäure

Aspirin

4-6mal 500-1000

4-6

pseudoallergische Reaktionen, Magen-Darm-Ulzera

Ibuprofen retard

Exneural 800 retard

2mal 800

12

s. Acetylsalicylsäure

Naproxen

Proxen

2mal 500

12

s. Acetylsalicylsäure

Diclofenac retard

Voltaren retard

2mal 50-150

12

s. Acetylsalicylsäure

Metamizol

Novalgin (Tbl., Lsg., Trp., Injektions-Lsg.)

4-6mal 500-1000

4-6

RR-Abfall, Leukopenie, Agranulozytose, anaphylatischer Schock

Stufe II

Codein

Codipront (Kps., Trp., Saft)

6mal 50-100

4

Obstipation, Übelkeit, Sedierung, Atemdepression

Dihydrocodein retard

Paracodin N (Sirup, Trp., Kps.)

2-3mal 60-180

8-12

s. Codein

Tramadol retard

Tramal (Trp., Kps., Tbl., Injektions-Lsg.)

2–3mal 100–300

8-12

Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schweißausbruch

Stufe III

Morphin

MST (Tbl.)

6mal 5-500

4

Obstipation, Harnverhalt, Übelkeit, Erbrechen, Sedierung, Atemdepression

Levomethadon

L-Polamidon

0,1-0,2 mg/kg KG

initial: 4; nach 2-3 Dosen: 6-12

s. Morphin

Buprenorphin

Temgesic (Tbl., Injektions-Lsg.)

3-4mal 0,2-1,2

6-8

s. Morphin

Fentanyl

Fentanyl TTS transdermales Pflaster

0,6-12 (transdermal)

48-72

s. Morphin

 

 

 

 

 

Analgetisch

Antiphlogistisch

Antipyretisch

Acetylsalicylsäure

+++

+

+++

Diclofenac

++

+++

+

Ibuprofen

++

+++

+

Paracetamol

+

-

+++

Metamizol

+++

+

+++

Celecoxib

++

+++

+

Flupirtin

++

-

-

 

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