Epidermolysis bullosa acquisita, klassische L12.-
Synonym(e)
Definition
Die klassiche Variante der Epidermolysis bullosa acquisita ist eine seltene, erworbene, traumatisch induzierte, blasenbildende Autoimmunerkrankung mit IgG-Antikörpern gegen Typ VII Kollagen (NC1-Domäne), der Hauptkomponente der "Anchoring Fibrils" in der dermoepidermalen Junktionszone.
Einteilung
Anhand ihres klinischen Erscheinungsbildes lassen sich bei den Epidemolysios-acquisita-Erkrankungen zwei Hauptuntergruppen unterscheiden:
- klassischer oder mechanobullösen (nicht-entzündliche)Typ und
- nicht-klassischer entzündlicher oder nicht-mechanobullöser Typ der wie folgt unterteilt wird:
- BP-ähnliche EBA (45%) – straffe Blasen auf erythematöser oder urtikarieller Haut, v.a. Körperstamm und Extremitäten.
- MM (Muköse-Membran)-EBA (7%)- Läsionen und Vernarbungen an den Schleimhäuten von Mund. Ösophagus, Trachea, Konjunktiven
- EBA Typ Brusnting-Perry (7%) – Variante unter dem Bild eines lokalisierten vernarbenden Pemphigoids; chronisch rezidivierende bullöse Dermatose an Kopf und Hals, z.T.mit Haarverlust, meist keine Schleimhautbeteiligung
- IgA-EBA(3%) – Variante unter dem Bild einer Linearen IgA-Dermatose des Kindesalters. Lineare IgA-Ablagerungen in der Basalmembranzone
Ätiopathogenese
Über die Pathogenese der klassischen mechano-bullösen, nicht-entzündlichen EBA liegen nur wenige Daten vor. Es wurden verschiedene Mechanismen diskutiert, wie z. B. dass an COLVII gebundene Autoantikörper dieses beeinflussen, indem sie die Interaktionen mit extrazellulären Matrixproteinen in der BMZ, wie z. B. Typ-IV-Kollagen und Fibronektin, stören. Eine andere Möglichkeit ist, dass Autoantikörper direkt die Bildung des antiparallelen Dimers von COLVII stören und die Verankerungsfibrillen destabilisieren.
Klinik
Mechanobulöse/klassische/nicht-entzündliche EBA: Bei der mechanobullösen Form der EBA treten Hautbrüchigkeit und vesikulobullöse Läsionen in Bereichen auf, die stärkerem Druck und Trauma ausgesetzt sind, vor allem an den Streckseiten der Akren (Hände, Füße, Ellbogen, Knie, Schienbeinbereich). Die Läsionen treten v.a. auf normaler Haut auf, ohne Ödeme oder Erytheme. Sie wenige Stunden nach der Traumatisierung der Haut auf, wobei diese auch minimal sein kann. Schleimhautläsionen sind häufig. Ein weiteres klinisches Merkmal dieser Form ist, dass sich im Verlauf der Krankheit Milien, atrophische Narben, Hyper- oder Hypopigmentierung, Nageldystrophie und -verlust, narbige Alopezie, digitale Kontrakturen und Ösophagusstenose entwickeln können (Prost-Squarcioni C et al. 2018).
Histologie
Die histopathologischen Befunde bei EBA variieren je nach Art und Dauer der Läsion. Bei der klassischen oder mechanobullösen EBA ist eine subepidermale Spaltung mit papillärem Ödem und spärlicher entzündlicher Infiltration zu beobachten.
Direkte Immunfluoreszenz
Lineare IgG- und C3-Ablagerung in der Basalmembranzone. Muster korrespondierend zur Lokalisation von Kollagen VII in der Sublamina-densa-Zone der Haut.
Bei hoher Vergrößerung kann ein typisches Muster der IgG-Ablagerungen festgestellt werden, welches typisch für die EBA ist: das sogenannte "U-serrated pattern" (Br J Dermatol 2004). Dies ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium, da sich in nur ca. 50-60% der EBA Patienten zirkulierende Autoantikörper nachweisen lassen. Mit der Feststellung des "U-serrated pattern" in der direkten IF ist die Diagnose der EBA eindeutig gestellt.
In der Immunelektronenmikroskopie IgG-Ablagerungen unterhalb der Lamina densa, z.T. auch an den Anchoring Fibrils. Allerdings wird diese Methode nur von sehr wenigen Zentren angewendet, und ist Spezialfällen vorbehalten.
Indirekte Immunfluoreszenz
In ca. 50-60% der Patienten lassen sich IgG- und/oder IgA-Autoantikörper gegen Typ VII Kollagen serologisch nachweisen. Der Nachweis erfolgt zunächst mittels indirekter IF mit salt-split skin als Substrat. Bei EBA binden die Autoantikörper am Boden der künstlichen Blase. Dies ist jedoch nicht beweisend für die EBA, da auch das p200 Antigen und Laminin-332 am Blasenboden exprimiert wird.
Mittels ELISA (NC1/NC2) oder Immunochip (mit COL7 exprimierenden Zellen) kann der Nachweis Kollagen 7-spezifischer Antikörper erfolgen. Ebenfalls möglich ist der Nachweis mittels Western Blot auf dermalem Extrakt mit dem Nachweis einer Bande bei 290 kD.
Differentialdiagnose
Porphyria cutanea tarda: Mechanisch-bullöse EBA kann klinisch nicht von Porphyria cutanea tarda (PCT) unterschieden werden, da beide Erkrankungen eine Hautfragilität mit Blasenbildung und Narbenbildung in traumatischen Bereichen aufweisen. Hypertrichose, Leberfunktionsstörungen und erhöhte Ferritin- und Porphyrinwerte können bei PCT auftreten und zur Diagnose beitragen.
Abgrenzung zu der hereditären Epidermolysis bullosa
Bullöse Arzneimittelexantheme: Anamnese; Blasenbildung an Rumpf evtl. Schleimhäute, nicht an mech. alterierten Stellen wie Hände, Ellbogen, Füße, Knie
Dermatitis herpetiformis: kleine brennende Bläschen. Nicht traumatisch ausgelöst. IF: granuläre IgA-Ablagerungen in den Papillenspitzen.
Pemphigus vulgaris: Schlaffe Blasenbildungen, nicht trauamatisch ausgelöst, Nachweis der spezifischen Antikörper
Pemphigoid, bullöses: Nachweis der spezifischen Antikörper, keine traumatische Auslösung
Literatur
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