Aplasia cutis congenita (Übersicht)Q84.81

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

ACC; Aplasia cutis; Aplasia cutis circumscripta; Aplasia cutis localisata congenita; Aplasia cutis totalis; congenital abscence of Skin; congenital scars; (engl.) Cutis aplasia

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Erstbeschreiber

Cordon, 1767

Definition

Sehr seltener, meist sporadisch auftretender, kongenitaler Hautdefekt (Epidermis und Dermis, evtl. auch tiefere Schichten nicht angelegt). Beschrieben wurde eine autosomal dominant auftretende Aplasia cutis in 3 Generationen.

 

Einteilung

9 Formen werden unterschieden (Klassifikation nach Frieden):

Gruppe Hauptkriterium Assoziationen
1 Kopfhaut: ACC ohne oder nur mit isolierten Anomalien LKGS, CMTC, PDA, tracheoösophageale Fisteln
2 Kopfhaut: ACC mit Extremitätenreduktionsdefekt Adams-Oliver-Syndrom
3 Kopfhaut: ACC mit assoziierten epidermalen Naevi Naevus sebaceus; Naevus verrucosus
4 ACC mit darunterliegenden embryonalen Fehlbildungen Enzephalozele, Meningozele, Spina bifida, Omphalozele
5 ACC mit assoziiertem Fetus papyraceus  
6 ACC mit Epidermolysis bullosa Barth-Syndrom)

Pylorusatresie, Ureterstenose, Nierenanomalien, rudimentäre Ohrentwicklung, abgeflachte Nase

7 ACC im Bereich der Extremitäten Assoziation mit EB simplex, junctionalis oder dystrophica
8 ACC in Verbindung mit spezifischen Teratogenen Methimazol, intrauterine HSV- oder VZV-Infektion
9 ACC in Verbindung mit Malformationssyndromen Trisomie D (Chromosomen 13-15), Opitz-Syndrom, Goltz-Gorlin-Syndrom, okulozerebrokutanes Syndrom = Delleman-Oorthuys-Syndrom
ACC = Aplasia cutis congenita; CMTC = Cutis mamorata teleangiectatica; EB = Epidermolysis bullosa; LKGS = Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte; PDA = persistierender Ductus arteriosus

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 20/100.000 Neugeborene.

Ätiopathogenese

Ursache unbekannt.

In einigen wenigen Fällen Assoziation mit schwerwiegenden embryonalen Malformationen (Omphalozele, Gastroschisis, Spina bifida).

Insofern wird ein Defekt des Neuralrohres diskutiert bzw. ein inkompletter Verschluss embryonaler Fusionslinien.

In einzelnen Fällen wurden auch exogene Ursachen identifiziert wie embryotoxische (Thiamazol, Methimazol) sowie geburtstraumatische bzw. mechanische Ursachen (Adhäsion von Amnionmembranen).

Manifestation

In größeren Studien überwiegt das weibliche Geschlecht ( w:m = etwa 7:3). Das mittlere Alter bei Diagnosestellung lag bei 5,7 Jahren.

Lokalisation

Bevorzugt behaarter Kopf (70%), hier im okzipitalen Vertexbereich.

Seltener Wangenbereich, Rumpf (25%) oder den proximalen Extremitäten/Gesäß (5%).

Klinisches Bild

Bei Geburt besteht eine solitäre (sehr selten sind multiple Herde), rundlich umschriebene (lineare Aplasia-cutis-congenita-Fälle sind beschrieben), 0,5-7,0 cm große (selten auch größere), unbehaarte, samtartig gerötete, epithelfreie "Wunde", die von einer dünnen, pergamentartigen Membran bedeckt ist.

Die Läsion fällt nicht immer bereits bei der Geburt auf, da sie von einem dichten Haarkranz umgeben sein kann. Der Ausprägungsgrad der "Aplasie" ist unterschiedlich. Er reicht vom kompletten Fehlen von Epidermis, Dermis, Subkutis, Periost, Schädelknochen und Dura bis zu einer bloßen Minderanlage von Epidermis und Dermis. Skelettdeformitäten treten bei etwa 10% der Fälle auf.

Gefahr der Infektion aufgrund leichter Verletzbarkeit des Areals.

In späteren Lebensjahren imponiert eine atrophische, fahle, haarlose "Narbe" mit pergamentartiger Oberfläche, die abgesehen von dem kosmetisch störenden Aspekt keine Beschwerden verursacht.

Die Aplasia cutis congenita kann als Teilmanifestation eines Adams-Oliver-Syndroms auftreten, einem komlexen hereditären (autosomal dominant) Mißbildungssyndroms mit Ektodaktylie sowie vaskulären Malformationen unterschiedlicher Expressivität.  

Histologie

Bei der Übersicht ist das völlige Fehlen der Follikelstrukturen (weder epitheliale noch mesenchymale Anteile der Follikel sind nachweisbar) sofort auffällig. Streckenweise parallel ausgerichtete Kollagenbündel. Das Oberflächenepithel ist meist normal strukturiert.

Diagnose

Der klinische Aspekt ist diagnostisch! Bei Lokalisation in der Mittellinie des Schädels ist eine sonographische Abklärung zum Ausschluss einer (anterioren oder posterioren) Enzephalozele notwendig.

Differentialdiagnose

Alopecia areata: histologische Abklärung; Follikelstruktur erhalten. 

Naevus psiloliparus der sich klinisch meist als kongenitale einseitige Alopezie in der frontalen oder frontal-parietalen Region, mit gut definierten, manchmal unregelmäßigen Rändern, hautähnlich oder leicht gelblich gefärbt, präsentiert.

Komplikation(en)

Sekundärinfektion.

Therapie

Bei kleinen Aplasien steriler Wundverband, Epithelisierung abwarten, i.d.R. problemlose Abheilung. Bei großflächigen Defekten ist ggf. plastische Deckung notwendig, ansonsten Therapie entsprechend Verbrennungen. Im späteren Lebensalter ggf. Exzision kosmetisch störender Defekte.

Hinweis(e)

Es bestehen Assoziationen mit anderen Fehlbildungen wie Naevus sebaceus, Naevus flammeus und epidermalen Naevi. Cave! Vor einer Exzision ist die sonographische Abklärung bzw. bei älteren Kindern eine Röntgenaufnahme des Schädels zu veranlassen!

Literatur

  1. Ahcan U et al. (2002) Management of aplasia cutis congenita in a non-scalp location. Br J Plast Surg 55: 530-532
  2. Alfayez Y et al. (2017) A Case of Aplasia Cutis Congenita Type VI: Bart Syndrome Case Rep Dermatol 9:112–118
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  4. Colon-Fontanez F et al. (2003) Bullous aplasia cutis congenita. J Am Acad Dermatol 48: S95-98
  5. Cordon M (1767) Extrait d´une lettre an sujet de trois enfants de la meme mère nés avec partie des extrémités dénuée de peau. J Med Chir Pharmacie 26: 556-557
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  7. Meester JA et al. (2015) Heterozygous Loss-of-Function Mutations in DLL4 Cause Adams-Oliver Syndrome. Am J Hum Genet 97:475-482
  8. Mesrati H et al. (2015) Aplasia cutis congenita: report of 22 cases. Int J Dermatol  doi: 10.1111/ijd.12707
  9. Ribuffo D et al. (2003) Aplasia cutis congenita of the scalp, the skull, and the dura. Scand J Plast Reconstr Surg Hand Surg 37: 176-180

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