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Akutes hämorrhagisches Ödem der Kindheit D69.0
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Definition
Seltenes, mit kokardenförmigen oder anulären, hämorrhagischen Plaques einhergehendes, Krankheitsbild im frühen Kleinkindesalter. Diskutiert wurden in der Vergangenheit eine hämorrhagische Variante des Erythema exsudativum multiforme oder eine Variante der Purpura Schönlein-Henoch. Zunehmend geht man dazu über, diese Erkrankung nicht als hämorrhagische Variante der Purpura rheumatica, sondern als eigenständige Entität zu verstehen, auch wenn im Alter zwischen 2-4 Jahren Überlappungen zwischen beiden Krankheitsbildern festzustellen sind.
Ätiopathogenese
Häufig ist eine Infektion mit Mykoplasma pneumoniae nachweisbar; daher kann eine Interpretation des Krankheitsbildes als "infektallergische Reaktion" erfolgen.
Seltener werden Rota- bzw. Coxsackie-Viren (Ferrarini A et al. 2018) als auslösende Faktoren nachgewiesen.
Ferreira O et al. (2011) beschreiben das Krankheitsbild nach einer H1N1-Immunisierung.
Manifestation
Bei Säuglingen und Kleinkindern im Alter von 4 bis 24 Monaten.
Lokalisation
Klinisches Bild
Beginn der Symptomatik mit meist nur gering febrilen Temperaturen bei weitgehend ungestörtem Allgemeinzustand. Hautsymptome bestehen aus fazialen oder akralen, die Handrücken erfassenden Ödemen, gefolgt von einem petechialen, manchmal schmerzhaften Exanthem sowie weiteren, 1-3 cm großen, kreisrunden, teils schießscheibenartig konfigurierten (daher Namensgebung als "Kokardenpurpura"), tief- bis blau-roten, urtikariellen Plaques; evtl. flächenhafte Ausbreitung. Seltener Blasenbildung oder läsionale Nekrosen. Bei etwa 8,5% der erkrankten Kinder zeigt sich eine Beteiligung innerer Organe (Niere, GI, Gelenke).
Labor
Laborbefunde sind unspezifisch und diagnostisch nicht relevant, können aber eine leichte Leukozytose, Lymphozytose, Thrombozytose oder erhöhte Entzündungsmarker aufweisen. Gerinnungsuntersuchungen, Leberfunktionstests und Nierenfunktionstests sind normal.
Histologie
Nachweis einer leukozytoklastischen Vaskulitis kleiner Gefäße; Ablagerungen von IgA in den Gefäßwänden wird bei etwa 25% der Patienten nachgewiesen (Shah P et al. 2021).
S.a.u. Leukozytoklastische Vaskulitis.
Direkte Immunfluoreszenz
Bei etwa 25% der Erkrankten finden sich IgA-Ablagerungen in den Gefäßwänden.
Differentialdiagnose
Purpura Schönlein-Henoch: eine systemische Beteiligung ist bei der AHEI selten (<10 % der Kinder mit AHEI), was die AHEI von der Henoch-Schönlein-Purpura (HSP) unterscheidet, die in der Regel mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Nierenbeteiligung einhergeht (Shah P et al. (2021). Die HSP ist eine IgA-vermittelte Erkrankung, Biopsien von HSP-Läsionen zeigen IgA-Ablagerungen, die bei dem Akuten hämorrhagischen Ödem der Kindheit nur in 25% der Fälle zu finden sind (Fiore E et al. (2008). HSP tritt in einem höheren Alter auf, hat systemische Befunde und zeigt im Vergleich zu AHEI überwiegend Purpura am Gesäß und an den unteren Extremitäten (Shah P et al. 2021).
Arzneimittelexantheme
Erythema exsudativum multiforme
Urtikaria, akute.
Therapie
Verlauf/Prognose
Das akute hämorrhagische Ödem im Säuglingsalter ist eine gutartige Erkrankung, die sich nach 1 bis 3 Wochen von selbst zurückbildet. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Symptome bei diesen Patienten erneut auftreten, beträgt nur 5 bis 10 %. Das Krankheitsbild ähnelt anderen systemischen Erkrankungen, wie z. B. Henoch-Schönlein-Purpura (HSP), Meningokokken, Kawasaki-Krankheit, Erythema multiforme und erworbene Koagulopathie, so dass es für Ärzte in der Primärversorgung wichtig ist, diese Diagnose zu stellen.
Fallbericht(e)
11 Monate altes Mädchen ohne Infektneigung in der Vorgeschichte.
Klinik: Plötzlich entstehende, wenig symptomatische, symmetrische, hämorrhagische Plaques an beiden Wangen. An den Unterschenkeln fanden sich 2,0-4,0 cm große tiefrote, teils anuläre, teils flächige Plaques. Die Ohren waren auffällig ödematös geschwollen und gerötet. Es bestand geringes Fieber bis 38 °C sowie eine leichte Diarrhoe. Der AZ des Kindes war nicht wesentlich eingeschränkt.
Diagnostik: Stuhluntersuchung: Nachweis einer Rotavirus-Infektion, Leukozyten 9500/μl, BSG: 30/60; CRP leicht erhöht, Haemoccult pos. Alpha 2-Globulin erhöht, übriges Labor unauffällig.
Verlauf: 2 Wochen nach Beginn der Erkrankung kam es zu einem spontanen Rückgang der Symptome.
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