Vektor-Impfstoffe

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Vektorimpfstoffe; Vektorisierter Impfstoff; Vektorviren-Impfstoff; Virale Impfvektoren; Viraler Vektor

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Definition

Vektor-Impfstoffe sind Impfstoffe die auf viralen Vektoren basieren. Sie stellen eine vielversprechende und innovative Alternative zu den „klassischen“ Impfstoffen dar. Benötigt werden sie v.a. bei „neuartigen“ Krankheitserregern, gegen die noch keine wirksamen Therapeutika zur Verfügung stehen. Die wiederholte erfolgreiche Erprobung des VSV-ZEBOV-Impfvektors im Ost-Kongo zeigt, dass Vektor-basierte Impfstoffe bereits jetzt imstande sind, einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung von gefährlichen Epidemien zu leisten.

Einteilung

Man unterscheidet: 

  • Replizierende Vektorimpfstoffe produzieren auch neue Viruspartikel in den Zellen, die sie infizieren. Diese infizieren dann neue Zellen, die auch das Impfstoffantigen bilden.
  • Nicht-replizierende Vektorimpfstoffe können keine neuen Viruspartikel herstellen. Sie produzieren nur das Impfstoffantigen.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Bei Vektorviren-Impfstoffe wird das virale Genmaterial eines pathogenen Virus in erwiesen harmlose Trägerviren eingebaut und als Impfstoff injiziert. Das harmlose Vektorvirus vermehrt sich im geimpften Organismus, jedoch ohne „krankmachende“ Folgen. Es bildet dabei exakt jene Proteine, die für die Antigenität des pathogenen Virus (oder eines Tumorparenchyms) bedeutend sind. Das Immunsystem des Organismus produziert daraufhin den gewünschten protektiven Antikörper. Aufgrund der vielfältigen biologischen Eigenschaften der verschiedenen Vektorsysteme ist es im Prinzip möglich, die Art der Impfantigen-spezifischen Immunantwort ganz bewusst in eine bestimmte Richtung zu lenken. Es eröffnen sich somit unterschiedliche Desingnmöglichkeiten für die kodierten Immunogene. Diese können  intrazellulär, membranständig oder auch als sekretierte molekulare Moleküle exprimiert werden. Beispielweise nutzt der rekombinante replikationskompetente Ebola-Impfstoff VSV-ZEBOV als Vektor das „Vesikuläre Stomatitis-Virus“ VSV. Bei VSV wurde das Glykoprotein G von VSV gegen das Ebola-Glykoprotein ausgetauscht.

Virale Vektoren: Virale Impfvektoren können entweder replikationskompetent (z. B. der VSV-ZEBOV-Vektor) oder replikationsinkompetent (z. B. adenovirale Vektoren) sein. Geeignet sind sowohl RNA- (z. B. VSV oder Masernviren) oder auf DNA-Viren (z. B. Pockenviren oder Adenoviren). Vektorviren können behüllt (z. B. VSV oder Pockenviren) oder auch unbehüllt sein (z. B. Adenoviren). Eine wichtige Voraussetzung viraler Vektoren ist ihre Fähigkeit die Zielproteine  korrekt gefaltet und glykosyliert zu exprimieren. Nur so ist eine effiziente antivirale Antikörperantwort zu erwarten. Verschiedene umhüllte Viren sind außerdem befähigt, das fremde Glykoprotein in ihre Hülle einzubauen (Bresk CA et al.2019). Inzwischen wurde eine Vielzahl an unterschiedlichen Viren zur Herstellung von viralen Impfvektoren entwickelt (Afrough B et al. 2019).

Anwendungsgebiet/Verwendung

Beispiele für Erkrankungen für die Vektoviren-Impfstoffe (V) zur Verfügung stehen sind gegen HIV, gegen weiter Filo-Viren (Marburg-Virus), gegen Corona-Viren (SARS/MERS) sowie gegen Flaviviren (z. B. Zika-Virus) entwickelt worden. Seit 2015 wird eine polyvalente Dengue-Virus-Vakzine (Denvaxia®) eingesetzt, die auf einem genetisch modifizierten, attenuierten Gelbfieber-Virus basiert. Neben Ebola sind es vor allem weitere Viren, gegen die Vektor-basierte Impfstoffe entwickelt werden. Hierzu zählen HIV, weitere Filo-Viren (Marburg), Corona-Viren (SARS/MERS) und Flavi-Viren (z. B. Zika-Virus). Seit 2015 wird in Endemiegebieten zudem die polyvalente Dengue-Virus-Impfung eingesetzt, die auf einem genetisch modifizierten, attenuierten Gelbfieber-Virus basiert. Beim Zika-Virus belegen experimentelle Ansätze für einen vektorisierten Impfstoff, dass er in der Lage ist, eine geeignete Antikörperproduktion zu generieren (López-Camacho C et al. 2019). Im onkologischen Bereich ist das onkofetale Antigen 5T4 ein interessantes antigenisches Zieloberflächenglykoprotein, das auf einer Vielzahl von menschlichen Adenokarzinomen, aber selten auf normalem Gewebe exprimiert wird. Als viraler Vektor wurde das Vaccinia-Virus Ankara (MVA) gewählt und so verändert, dass es für humanes 5T4 kodiert womit der vektorisierte Impfstoff 5T4-antigenisch wirksam ist (Kim DW et al. 2010).

Die Wahl des Impfvektors, der Kombinationspartner und der Antigene kann auch die Art der Immunantwort bestimmen. Für erste HIV-Impfstoffstudien wurden z. B. rekombinante Hüllproteine verwendet mit dem Ziel, breit neutralisierende Antikörper zu induzieren (Vax003- und Vax004-Studien). Später wurden HIV-Gene ausgewählt, die wenig variable, immundominante T-Zell­Epitope enthalten (gag, pol, nef), jedoch nicht das hochvariable HIV-Hüllprotein Env. Diese T-Zell-basierte Impfstrategie war leider nicht erfolgreich (Gray G et al. 2010).

Unerwünschte Wirkungen

Das Problem mit Vektor-spezifischen Immunantworten: Ein wichtiger Faktor, der die Effizienz vieler viraler Impfvektoren einschränken kann, ist eine durch Antikörper und/oder T-Zellen vermittelte Vektor-spezifische Immunität. Diese würde unter Umständen auch deren Sicherheitsprofil beeinflussen. Generell ist es beim Menschen jedoch wenig erforscht, wie lange und wie stark sich Vektor-spezifische Immunität auf Folgeimpfungen auswirkt (Joachim A et al 2017).

Hinweis(e)

Virale Impfvektoren sind in der Regel so konstruiert, dass sie nicht ins Genom der Zielzelle integrieren. Damit wird das Risiko von einer  „Insertionsmutagenese“ minimiert. Weiterhin exprimieren die meisten viralen Impfvektoren die Impfantigene im Patienten nur transient. Diese zeitliche Spanne genügt jedoch in der Regel, um effiziente Immunreaktionen zu induzieren.

Literatur

  1. Agnandji S T et al. (2016)  Phase 1 Trials of rVSV Ebola Vaccine in Africa and Europe. The New England journal of medicine 374: 1647-1660.
  2. Afrough B et al. (2019) Emerging viruses and current strategies for vaccine intervention. Clin Exp Immunol 196: 157-166.
  3. Barouch DH et al. Evaluation of a mosaic HIV-1 vaccine in a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 1/2a clinical trial (APPROACH) and in rhesus monkeys (NHP 13-19). Lancet 392: 232-243.
  4. Bresk CA et al.(2019) Induction of Tier 1 HIV Neutralizing Antibodies by Envelope Trimers Incorporated into a Replication Competent Vesicular Stomatitis Virus Vector. Viruses 11: 2
  5. Gränicher G et al. (2020) Production of Modified Vaccinia Ankara Virus by Intensified Cell Cultures: A Comparison of Platform Technologies for Viral Vector Production. Biotechnol J 6:e2000024.
  6. Gray G et al. (2010) Overview of STEP and Phambili trial results: two phase IIb test-of-concept studies investigating the efficacy of MRK adenovirus type 5 gag/pol/nef subtype B HIV vaccine. Current opinion in HIV and AIDS  5: 357-361.
  7. Henao-Restrepo AM et al.(2017)  Efficacy and effectiveness of an rVSV-vectored vaccine in preventing Ebola virus disease: final results from the Guinea ring vaccination, open-label, cluster-randomised trial (Ebola Ca Suffit!). Lancet 389: 505-518.
  8. Joachim A et al (2017) Three-Year Durability of Immune Responses Induced by HIV-DNA and HIV-Modified Vaccinia Virus Ankara and Effect of a Late HIV-Modified Vaccinia Virus Ankara Boost in Tanzanian Volunteers. AIDS research and human retroviruses 33: 880-888.
  9. Kim DW et al. (2010) TroVax, a recombinant modified vaccinia Ankara virus encoding 5T4: lessons learned and future development. Hum Vaccin 6:784-791.
  10. López-Camacho C et al. (2019) Assessment of Immunogenicity and Efficacy of a Zika Vaccine Using Modified Vaccinia Ankara Virus as Carriers. Pathogens 8: 216.
  11. Ondondo B et al.( 2016) Novel Conserved-region T-cell Mosaic Vaccine With High Global HIV-1 Coverage Is Recognized by Protective Responses in Untreated Infection. Mol Ther 24: 832-842.

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