Helicobacter pylori

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Erstbeschreiber

Die australischen Wissenschaftler Barry Marshal und Robin Warren wiesen 1982 in Perth/ Australien, zum ersten Mal aus einer Magen-Gewebsprobe einer Patientin mit Magenschleimhautentzündung das Bakterium nach. Letztlich nur deswegen, weil die Anzuchtplatten wegen der Osterfeiertage länger im Brutschrank standen als üblich und somit die langsam wachsenden Bakterien Gelegenheit hatten, sich ausreichend zu vermehren. Sie erhielten für die Entdeckung des Bakterium 2005 den Nobelpreis für Medizin. H. pylori wurde von der WHO als erstes karzinogenes Bakterium deklariert.

Definition

Helicobacter pylori ist ein anspruchsvolles, spiralförmiges, Gram-negatives, mikroaerophiles Stäbchenbakterium, das nur auf speziellen Nährböden bei 5% Sauerstoff-Atmosphäre wächst. Biochemisch ist die hohe Aktivität des Enzyms Urease auffällig.

Einteilung

Wichtige humanpathogene Helicobacter-Spezies:

  • Helicobacter pylori
  • Helicobacter cinaedi
  • Helicobacter fennelliae
  • Weitere Arten sind bei Tieren bekannt.

Pathophysiologie

Pathogenitätsfaktoren von Helicobacter pylori: H. pylori hat die Fähigkeit, im Magen zu überleben und eine chronische Infektion der Magenschleimhaut hervorzurufen. Dafür stehen ihm eine Vielzahl an Pathogenitätsfaktoren zur Verfügung:

  • Urease: Eine der charakteristischsten Eigenschaften von H. pylori ist die Bildung und Freisetzung von Urease. Urease setzt den im Magen vorkommenden Harnstoff in Kohlendioxid und Ammoniak um. Ammoniak neutralisiert die Magensäure; die Viskosität des Schleims wird vermindert (Übergang von Gel zu Sol). Dadurch kann H.pylori mit seinen 4-5 unipolaren Geißeln die Epithelzellen erreichen.
  • Flagellen: H. pylori besitzt sogenannte Flagellen, die dem Keim eine hohe Beweglichkeit verleihen. Dadurch kann er sich auch im Magenschleim fortbewegen, die oberflächlichen Magenzellen erreichen und sich dort festsetzen.

  • Adhärenz: Um sich an die Magenzellen anzuheften, bildet H. pylori sog. Adhäsine (Bab A) aus. Dabei handelt es sich um spezielle Strukturen, mit denen sich der Erreger an den Zellen wie mit einem Anker festhalten kann.

  • Vakuolisierendes Zytotoxin (VaCA): Die durch VaCa geschädigten Enterozyten bilden bläschenartige Strukturen aus. Das VacA wird nach Kontakt zur Magensäure aktiv und entfaltet dann seine schädigende Wirkung auf die Magenzellen. Neben der Zellzerstörung beeinträchtigt VacA auch die Heilung und Regeneration der Magenschleimhaut.
  • Lipopolysaccharid (LPS): Auf seiner Oberfläche trägt H. pylori Moleküle, die aus Fettsäuren und aus Zuckern bestehen. Diese Moleküle werden als Lipopolysaccharid der äußeren Membran (LPS) bezeichnet. Das LPS von H. pylori enthält Zuckerbausteine, welche dem Blutgruppensystem des Menschen ähneln. Dabei könnte es sich um eine Strategie des Keimes handeln, das menschliche Immunsystem zu täuschen und somit ein Langzeitüberleben im Magen zu ermöglichen
  • Cag-Pathogenitätsinsel: Der wichtigste genetische Unterschied in Bezug auf die Gefährlichkeit der verschiedenen H. pylori-Stämme ist das Vorhandensein von CagPAI. Hierbei handelt es sich um  Gene, die für eine Art Pumpsystem codieren. Mit Hilfe dieser Pumpe, die nach Art einer Injektionsnadel arbeiten, wird CagA in die Zellen eingeschleust.
  • CagA: das Gen CagA kodiert für ein gleichnamiges Protein. Nachdem es in die Magenzelle geschleust wurde wird es von einem Enzym abgeändert, indem Phosphor an CagA gebunden wird. Im Anschluss kommt es zu einer Veränderung der Zellform: Es entstehen u.a. Ausstülpungen der Zellmembran der Wirtszelle. Diese Veränderungen können zu ausgeprägten Schäden führen und möglicherweise zu einem erhöhten Risiko für die Ausbildung von Magenkarzinom beitragen
  • Antikörperproduktion: Auch das Immunsystem wird angeregt. Es entstehen Antikörper der Klasse A und G ohne dass eine Ausheilung der Gastritis erreicht wird.
  • Immunevasion: Durch Immunevasion (hochgradige Antigenvariabilität, molekulare Mimikry zu menschlichen Blutgruppen, Suppression der T-Zell-vermittelten Immunreaktion) gelingt es dem Bakterium über lange Zeit (u.U. lebenslang) zu persistieren.

Manifestation

Die Übertragung von H. pylori erfolgt am häufigsten im Kleinkindesalter und zwar von Mensch zu Mensch. Wie andere infektiöse Kinderkrankheiten wird die Ansteckung durch ungünstige hygienische Bedingungen, sowie durch häufige Durchfallkrankheiten und Fehlernährung außerordentlich gefördert. Lebensmittel als Infektionsquelle sind bis heute nicht identifiziert worden. Eine schlechte Trinkwasserqualität wirkt sich eher durch eine Zunahme der Durchfallattacken begünstigend auf die Mensch-zu-Mensch Übertragung aus, da Bakterien aus dem Magen bei Durchfall schneller den Darmtrakt durchwandern und infektionsfähig mit dem Stuhl ausgeschieden werden.

Die Infektionshäufigkeit ist in Entwicklungsländer extrem hoch, in Industrieländern ist sie seit Jahren eher rückläufig. Allerdings ist die Erkrankung immer noch so häufig, dass sie nach wie vor ein gesundheitspolitisches Problem darstellt. Pro Altersjahrgang nimmt die Prävalenz um 1% zu, sodass etwa die Hälfte der 50-Jährigen diese Bakterien im Magen hat, ohne manifest erkrankt zu sein.

Klinisches Bild

Infektionen können lange Zeit asymptomatisch verlaufen oder bleiben symptomlos.

Folgende Symptome können auf eine Helicobacter-pylori-Infektion hindeuten:

  • Völlegefühl
  • Übelkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Mundgeruch
  • Aufstoßen
  • Schmerzen im Oberbauch

Bei Begünstigungen durch Minderblutungen der Schleimhäute Ausbildung einer chronischen Gastritis und ggfls. Ulerationen der Magen- und Darmschleimhaut (Nüchternschmerz).     

Eine v. a. das Antrum befallende Infektion führt zur gesteigerten Gastrinproduktion, wahrscheinlich über eine lokale Verminderung der Somatostatinfreisetzung. Die resultierende Hypersekretion von Säure prädisponiert zur Bildung von präpylorischen und duodenalen Ulzera.

Infektionen, vorwiegend im Corpus des Magens, führen zur Magenschleimhautatrophie und verminderten Säureproduktion, möglicherweise über eine lokal gesteigerte Produktion von Interleukin-1β. Diese Patienten sind prädisponiert zur Entstehung von Magenulzera und Adenokarzinom des Magens.

Diagnostik

Nicht - invasive Diagnostik

Atemtest (Urea-Breath-Test): Der Patient nimmt 13C- markiertem Harnstoff in einem zitronensäurehaltigen Getränk zu sich. H. pylori verfügt über ein Enzym, die sog. Urease, welche Harnstoff zu Ammoniak und Kohlendioxid umsetzt. Das Kohlendioxid enthält die 13C-markierten Kohlenstoffatome des eingenommenen Harnstoffs. Die 13C -Konzentration der Ausatmungsluft kann in einem Massenspektrometer gemessen werden. Dies erlaubt wiederum Rückschlüsse auf die Menge des umgesetzten Harnstoffs und somit auf die Hp-bedingte Ureaseaktivität im Magen. Die gleichzeitige Einnahme von säurehemmenden Medikamenten (Protonenpumpeninhibitoren) kann falsch negative Ergebnisse begünstigen. Vor der Durchführung des Tests sollte aus den gleichen Gründen auch auf den Konsum von Kaffee verzichtet werden.

Stuhluntersuchung:  Der Patient gibt eine Stuhlprobe ab, in der mit einem speziellen Verfahren H. pylori-Bestandteile (Hp-Antigene) nachgewiesen werden können. Der Test kann neben der Diagnostik einer H. pylori-Infektion auch für die Überprüfung der Wirksamkeit einer antibiotischen Therapie (Eradikationstherapie) herangezogen werden.

Serologie: Die Serologie ist eine sehr oft verwendete Technik zum Nachweis einer Infektion mit H. pylori (ELISA und Immunblot) auf Antikörper gegen H. pylori. Die Untersuchung der Antikörperantwort auf H.pylori ist indiziert bei ausgeprägter Atrophie der Magenschleimhaut sowie bei Magenblutung und unter Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren. Sind Antikörper nachweisbar, deutet dies auf einen Kontakt mit dem Erreger hin. Je nach der Konstellation des Befunds können Rückschlüsse auf eine aktuell bestehende oder eine durchgemachte Infektion gezogen werden. Da die Antikörper nach einer erfolgreichen antimikrobiellen Behandlung noch über Monate nachweisbar sind, eignet sich die serologische Untersuchung nicht zur unmittelbaren Kontrolle des Therapieerfolgs.

Invasive Diagnostik

Die zweifellos zuverlässigste Methode zum Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektion ist die Gastroskopie mit Biopsie. Mittels Schnelltest (Helicobacter Urease Test=HUT) kann H. pylori direkt in der Biopsie nachgewiesen werden.

Labor: H. pylori wird aus dem Bioptat angezüchtet und seine Empfindlichkeit gegen die in der Behandlung gebräuchlichen Antibiotika bestimmt. Dies ermöglicht eine gezielte Therapie gegen den Erreger unter Einsatz sicher wirksamer Antibiotika. Der bakteriologisch-kulturelle Nachweis des Erregers gilt als „Goldstandard“, d. h. als die zuverlässigste, wenn auch nicht empfindlichste diagnostische Methode. Die Kolonien sind klein (0,5-1,0mm) glatt begrenzt, durchsichtig und zeigen eine diskrete Betahämolyse.

PCR: Ein Nachweis spezifischer DNA-Sequenzen bringt in kürzester Zeit ein zuverlässiges Ergebnis. Auch Resistenz gegen Clarithromycin kann so identifiziert werden.   

Therapie

Indikationen für eine Eradikation (gemäß Maastricht-Konsensus und S3-Leitlinie):

Absolute Indikation:

  • Ulkuskrankheit (ulcus ventriculi bzw. Ulcus duodeni)
  • MALT-Lymphom des Magens, Stadium I/II)

Relative Indikation:

  • Symptomatische H.-pylori-assoziierte Gastritis
  • Riesenfaltengastritis (Ménétrier-Syndrom – seltenes Krankheitsbild)
  • Lymphozytäre Gastritis
  • Magenkarzinomprophylaxe (positive Familienanamnese für Magenkarzinom)
  • Zustand nach Magenteilresektion
  • Nach Resektion eines Magenfrühkarzinoms
  • ASS- oder NSAR-Dauertherapie
  • Extragastrale Erkrankung (z.B. unklare Eisenmangelanämie)
  • Funktionelle Dyspepsie nach Ausschluss anderer Erkrankungen

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Nach dem Nachweis von H. pylori wird eine antibiotische Therapie eingeleitet. Ziel dieser Therapie ist die vollständige Beseitigung (Eradikation) des H.-pylori-Keimes: 

Französisches Tripleschema. Sieben bis 14 Tage

  • 2 x 20 mg Omeprazol (alternativ 2x 30 mg Lansoprazol oder 2 x 40 mg Pantoprazol)
  • 2 x 1000 mg Amoxicillin
  • 2 x 500 mg Clarithromycin

Italienisches Tripleschema. Sieben bis 14 Tage

  • 2 x 20 mg Omeprazol (alternativ 2x 30 mg Lansoprazol oder 2 x 40 mg Pantoprazol)
  • 2 x 400 bis 500 mg Metronidazol
  • 2 x 250 bis 500 mg Clarithromycin

Bei Resistenzen vierfach:  Bestehen gegen eines der Antibiotika Resistenzen, sollte auf eine Quadrupeltherapie zurückgegriffen werden, z.B. bestehend aus einem Protonenpumpenhemmer kombiniert mit Tetracyclin, Metronidazol und einem Bismutsalz.

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Frühestens vier Wochen nach der letzten Antibiotikaeinnahme sollte der Therapieerfolg mittels Kontrolle des H.-pylori-Status überprüft werden. Hat der Keim überlebt, sollte eine neuerliche antibiotische Therapie zur vollständigen Eradikation beim behandelnden Arzt erfolgen. Zur Anwendung kommen Therapieschemata mit anderen Antibiotika (z.B. PPI+Amoxicillin+Levofloxacin) bzw. Kombinationen u.a. mit Wismut und Tetracyclin.

Spätestens nach dem zweiten erfolglosen Eradikationsversuch sollte eine Kultur des Keimes angelegt werden, um dann gezielt Antibiotika einsetzen zu können.

 

 

Literatur

  1. Burucoa C et al. (2017) Epidemiology of Helicobacter pylori infection. Helicobacter 22 Suppl 1. doi: 10.1111/hel.12403. 
  2. Camilo V et al. (2017) Pathogenesis of Helicobacter pylori infection. Helicobacter 22 Suppl 1. doi: 10.1111/hel.12405. 
  3. Hof H et al. (2019) Helicobacter.  In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S 451-454
  4. Kamboj AK et al. (2017) Helicobacter pylori: The Past, Present, and Future in Management. Mayo Clin Proc 92:599-604.
  5. Ménard A et al. (2019) Review: Other Helicobacter species. Helicobacter 24 Suppl 1:e12645.

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