Venezuelanische Hämorrhagische Fieber
Synonym(e)
Definition
Das Venezuelanische Hämorrhagische Fieber (VHF) wird durch das Guanarito-Virus ausgelöst. Das Guanarito-Virus gehört zu der Familie Arenoviridae (Arenviren) und wurde 1989 als Erreger des VHF identifiziert. Dieses Virus kommt hauptsächlich in der Umgebung von Guanarito, einer Gemeinde des Staates Portugues, und in Teilen des Staates Barinas in Venezuela vor.
Vorkommen/Epidemiologie
Der Hauptwirt für das Guanarito-Virus ist die Zuckerrohrratte (Zygodontomys brevicauda). Wie auch die Baumwollratte (Sigmodon alstoni), welche möglicherweise ebenfalls mit dem GuanaritoVirus infiziert werden kann, lebt die Zuckerrohrratte im venezolanischen Grasland. In den Jahren 1989 bis 1997 wurden 220 Fälle von VHF beschrieben.
Ätiopathogenese
Pathophysiologisch kommt es nach initialer Vermehrung der Viren am Eintrittsort zur generalisierten Multiorganinfektion. Insbesondere Lymphknoten, Lunge und später auch andere Organe sind wichtige Orte der Virusreplikation. Das Virus infiziert bevorzugt Zellen des Immunsystems und scheint so über die Freisetzung von Zytokinen die Gefässdurchlässigkeit zu erhöhen und die Abwehrreaktion zu stören. Durch die erhöhte Gefässdurchlässigkeit, kommt es zum Verlust von Blutproteinen und Flüssigkeit. Ein Schockzustand kann eintreten.
Die neurologischen Symptome sind möglicherweise durch die Ablagerung von Immunkomplexen in den Hirngefässen bedingt.
Manifestation
Hinweis: Die Junin-, Machupo-, Guanarito- und Sabia-Viren gehören zur Familie der Arenaviren der neuen Welt und kommen in Südamerika vor. Diese Arenaviren sind Auslöser verschiedener hämorrhagischer Fiebererkrankungen so:
- das Venezuelanische hämorrhagische Fieber (VHF)
- das Argentinische hämorrhagische Fieber (AHF)
- das Bolivianische hämorrhagische Fieber
- das Brasilianische Hämorrhagische Fieber (BHF)
Die Bezeichnung Arenavirus leitet sich von einer charakteristischen dunklen Granulierung (Lateinisch arenosus = sandartig) der Viren in elektronenmikroskopischen Darstellungen ab. Diese stellen sich als Ribosomen dar, die beim Aussprossen der Viren mit eingeschlossen werden.
Die Arenaviren bestehen aus einer Lipidhülle und sind pleomorph mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 50-300nm. Sie beinhalten 2 RNA-Segmente, das L- du das S-Segment, welche die Information für Strukturproteine (Nucleocapsidprotein und Glycoproteine) und ein Enzym (virale Polymerase) enthalten. Im fertigen Virus lagert sich das Nucleocapsid schützend um die RNA. Die Glycoproteine G1 und G2 sind in der Lipidhülle verankert. Sie dienen zur Absorption und Freisetzung der L und S-Segmente in das Zytoplasma, sind somit für das Erkennen und Eindringen in die Wirtszelle essentiell. Die Vermehrung der Viren in der Zelle erfolgt über eine virale Polymerase.
Klinisches Bild
Beim VHF sind die Symptome ähnlich wie beim Argentinischen hämorrhagischen Fieber (AHF) bzw. beim Bolivianischen hämorrhagischen Fieber. Anfänglich stellen sich neben den allgemeinen Symptomen wie Fieber, Malaise, Kopfschmerzen, Zahnfleischblutungen und Gliederschmerzen typischerweise auch Halsschmerzen ein.
Petechien in Haut oder Schleimhäute sind hingegen weniger häufig als bei AHF und BHF. Die hämorrhagischen Blutungen und neurologischen Manifestationen in der zweiten Phase sind für die hohe Sterblichkeitsrate von 33% verantwortlich.
Therapie
/de/innere-medizin/favipiravir-111928.amp" title="FavipiravirDie Infektionen mit den südamerikanischen hämorrhagischen Fieberviren werden hauptsächlich symptomatisch behandelt. Bei vielen Patienten ist eine leichte Sedierung (Beruhigung) und die Schmerzbehandlung mittels Opiaten sinnvoll. Blutungen sollten durch Transfusionen von Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren therapiert werden.
Kontrolle des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt, gfls. kontrollierter Ausgleich.
Therapeutisch erfolgreich waren in Einzelfällen Infusionen von Immunplasmen (Plasma von rekonvaleszenten Patienten).
Ein kommerzielles Immunglobulin existiert noch nicht.
Das antivirale Medikament Ribavirin scheint zumindest bei Junin- und Machupo-Virus-Infektionen einen positiven Einfluss auf deren Ausgang zu haben.
Tierexperimentell konnten bei Infektionen mit Arenaviren gute Erfolge mit dem Virustatikum Favipiravir erzielt werden (Gowen BB et al. 2017; Furuta Y et al. 2013), sodass anzunehmen ist, dass dieses Medikament auch beim Menschen eingesetzt wird (s. hierzu unter Favipiravir).
Literatur
- Golden JW et al. (2017) An attenuated Machupo virus with a disrupted L-segment intergenic region protects guinea pigs against lethal Guanarito virus infection. Sci Rep 7:4679.
- Gowen BB et al. (2017) Enhanced protection against experimental Junin virus infection through the use of a modified favipiravir loading dose strategy. Antiviral Res 145:131-135.
- Tani H et al. (2018) Arenavirus research and antiviral candidate. Uirusu 68:51-62.
- Furuta Y et al. (2013) Favipiravir (T-705), a novel viral RNA polymerase inhibitor. Antiviral Res 100:446-454.