Der pH- Wert eines frischen Urins liegt normalerweise zwischen 4,6 – 8,0 (Herold 2021). Er ist abhängig von der Nahrung und damit großen Tagesschwankungen unterworfen (Manski 2019).
Gemessen wird der pH- Wert üblicherweise mit einem Streifentest, der über einen pH- empfindlichen Farbstoff im Bereich von pH 5 – pH 9 verfügt (Eichenauer 2013) verfügt. Falls der pH- Wert außerhalb dieses Bereiches liegen sollte, erfolgt die Messung mit dem pH- Meter.
Der pH- Wert des Urins gibt Hinweise auf Störungen des Säure- Basen- Haushaltes.
(Kuhlmann 2015)
1. Alkalische Urin- pH- Werte
Sie können auftreten bei:
- vegetarischer Ernährung
- Alkalose
- langer Lagerung des Urins (durch bakterielle Überwucherung [Keller 2010])
(Herold 2021)
- Medikamentöser Behandlung mit z. B. Kaliumcitrat, welches therapeutisch genutzt wird (Kuhlmann 2015).
-
Harnwegsinfektionen (Hegele 2015) mit Urease- produzierenden Bakterien wie z. B. Proteus, Klebsiellen, Pseudomonas, Staphylokokken etc. (Risler 2008)
- erhöhter Ausscheidung von Na+, K+ und Bikarbonat (bei pH- Werten > 7 enthält der Urin immer hohe Konzentrationen an Bikarbonat)
(Kuhlmann 2015)
2. Saure Urin- pH- Werte
Sie finden sich bei:
- fleischreicher Kost
- Azidose (insbesondere bei diabetischer Ketoazidose [Luppa 2017])
(Herold 2021)
- im Zustand des Fastens (Urin- pH < 5,0)
- Diarrhoe
- hohem Fieber
(Luppa 2017)
- mangelnder Zufuhr von NH3 in das medulläre renale Interstitium im Rahmen einer Störung des Säure- Basen- Haushaltes
(Kuhlmann 2015)
Bei pH- Werten < 6 enthält der Urin kein Bikarbonat mehr (Kuhlmann 2015)
Nephrolithiasis
Klinisch spielt der pH- Wert des Urins eine große Rolle bei der Bildung bestimmter Formen von Nierensteinen (s.Harnsteinarten).
(Kuhlmann 2015)
Bei einem Harnwegsinfekt z. B. kommt es durch gramnegative Bakterien (wie z. B. Proteus, Klebsiellen, Pseudomonas - außer E. coli) zu einer Veränderung des pH- Wertes, durch die der Harnstoff in NH3 und CO2 gespalten wird, was wiederum den pH- Wert des Urins erhöht. Dieses führt zu einer Änderung der Ionenlöslichkeit und damit zur Bildung von Nierensteinen.
Nephrolithiasis und Harnwegsinfekt begünstigen sich gegenseitig.
(Herold 2020)
Nierensteinbildung
Bei Kalziumsteinen spielt der pH- Wert des Urins eine große Rolle: Bei niedrigem pH- Wert bilden sich Kalzium- Oxalatsteine, bei hohem pH Kalzium- Phosphatsteine (Kuhlmann 2015).
Diese entstehen bevorzugt in einem pH- Bereich von > 6,5.
(Seitz 2018)
- Dahllit- / Karbonatapatitsteine
Sie treten bevorzugt bei hohen Urin- pH- Werten von > 6,8 auf .
(Seitz 2018)
Der pH- Wert im Urin ist bei reinen Harnsäuresteinen niedrig, da Harnsäure bei sauren pH- Werten auskristallisiert. Im alkalischen Milieu geht Harnsäure aber wieder in Lösung über. Dieses Prinzip nutzt man therapeutisch durch Anhebung des pH- Wertes. Selbst bereits vorhandene Steine können dadurch wieder aufgelöst werden (Wendt- Nordahl 2014 / Seitz 2018)
Löslichkeiten
Der pH- Wert hat ebenfalls Einfluss auf Löslichkeiten bestimmter Stoffe wie z. B.
Bei einem Urin- pH von 6,5 liegt die überwiegende Anzahl von Harnsäure- Ionen als Natriumurat vor und Harnsäure zeigt eine hohe Löslichkeit von bis zu 1.000 mg / l.
Bei einem pH von 5,35 sind 50 % der Harnsäure dissoziiert.
Ab einem pH ≤ 4,5 findet sich im Urin ausschließlich undissoziierte Harnsäure.
(Kuhlmann 2015)
Ammonium- Urat hingegen kristallisiert erst bei hohen pH- Werten. Dieses wird bei Uratsteinen therapeutisch durch Ansäuerung des Urins genutzt (Seitz 2018).
Kaliumurat ist – ebenso wie Natriumurat - bei einem pH von 5,35 gut löslich.
(Kuhlmann 2015)
Bei pH- Werten von < 6,7 ist Calciumphosphat löslich. Ab einem pH > 6,7 vermindert sich die Löslichkeit (Klinke 2005).
Bei pH- Werten von ≥ 7,5 besteht eine gute Löslichkeit von Cystin, welche auch medikamentös bei Zystinsteinen eingesetzt wird (Kuhlmann 2015).
Fehlmessungen
Der pH- Wert spielt eine Rolle beim Nachweis bestimmter Substanzen im Urin.
So kann z. B. ein pH- Wert von > 7,0 falsch positive Werte für Albumin anzeigen (Kasper 2015).
Therapie
Man nutzt bei bestimmten Harnsteinarten die medikamentöse Möglichkeit, den Urin zu alkalisieren oder anzusäuern, um Rezidive zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten.