PleuraergussJ90

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Definition

Zwischen den beiden Pleurablättern, im Pleuraspalt (Cavitas pleuralis) befindet sich physiologischerweise eine seröse Flüssigkeit von ca. 5 – 10 ml. Diese Flüssigkeit ermöglicht einerseits das Gleiten der Pleurablätter bei der In- und Expiration und verbindet gleichzeitig die beiden Pleurablätter durch die Kapillarkraft miteinander.

Die im Pleuraspalt vorhandene physiologische Flüssigkeit fließt aus mehreren Stellen in den Spalt: aus dem Interstitium der Lunge über die viszerale Pleura, aus den pleuralen Kapillaren der parietalen Pleura, aus den in der Thoraxwand gelegenen Lymphbahnen und aus der Peritonealhöhle.

Die Resorption erfolgt über die Lymphgefäße der parietalen Pleura. Auf diesem Weg wird die komplette Flüssigkeit 1x/h vollständig erneuert.

Beim Pleuraerguss findet sich darüber hinausgehend eine pathologische Menge an Flüssigkeit im Pleuraspalt, da entweder die Resorptionsfähigkeit der Pleura gemindert ist und / oder aber die Produktion pleuraler Flüssigkeit gesteigert ist.

Ein Pleuraerguss kann sich auch zu einem Empyem entwickeln. Dabei kommt es bei einem zuvor schon bestehenden Pleuraerguss zu einer Infektion. Die Ergussflüssigkeit wird dadurch makroskopisch eitrig. In der anfänglichen sog. exsudativen Phase findet ein Einstrom von neutrophilen Granulozyten statt. Dann folgt die fibropulente Phase mit progredienter Fibrinbildung. Im sauren, hypoxischen Milieu des Pleuraergusses ist die Abwehr durch die Granulozyten stark eingeschränkt was die Infektion weiter fortschreiten lässt.

s.a. Pleurapunktion

s.a. Pleura

 

 

 

Einteilung

Unterschieden werden  2 verschiedene Formen von Ergüssen: Exsudat und Transsudat, deren Entstehung und Zusammensetzung sich unterscheiden. Die Differenzierung zwischen beiden Formen ist ausschlaggebend für die weitere Diagnostik (s. u. Diagnose).

 

1. Transsudat

Beim Transsudat ist die Pleura selbst nicht erkrankt, es sind hierbei vielmehr systemische Faktoren, die eine Rolle spielen. Es kommt durch eine Erhöhung des Kapillardrucks im großen Kreislauf zu einer gesteigerten Sekretion der parietalen Pleura. Zusätzlich findet sich auch noch eine Erhöhung des Kapillardrucks im kleinen Kreislauf, wodurch die Rückresorption in der viszeralen Pleura vermindert ist. Die Druckerhöhung hat außerdem Einfluss auf den Lymphabfluss, der ebenso vermindert ist.

 

2. Exsudat

Beim Exsudat beeinflussen lokale Faktoren die Entstehung des Ergusses. Durch eine Erkrankung der Pleura kommt es zu einer Steigerung der Kapillarpermeabilität in der parietalen Pleura und damit zu einer Vermehrung des Exsudats.

Der Eiweiß- und Zellgehalt des Exsudates sind deutlich erhöht gegenüber der physiologisch vorkommenden Flüssigkeit im Pleuraspalt. Dadurch kann die ohnehin schon vermehrte Ergussflüssigkeit zusätzlich auch noch schlechter resorbiert werden.

Zur Differenzierung zwischen Transsudat/Exsudat s. u. unter Diagnose

 

Empyem bei parapneumonischem Erguss

Der parapneumonische Erguss ist in Verbindung mit einer bakteriellen Pneumonie wohl der in unseren Breiten häufigste exsudative Erguss. Aus ihm kann sich ein Empyem entwickeln.

Ein Empyem ist aber auch im Rahmen einer Pleuritis, eines Lungenabszesses, bei Bronchiektasen, nach Traumata oder nach thoraxchirurgischen Eingriffen etc. beschrieben.

 

 

 

 

Vorkommen/Epidemiologie

Der Pleuraerguss ist eine der am häufigsten zu findenden Erkrankungen in der klinischen Medizin, deren Häufigkeit im Alter noch deutlich zunimmt. Genaue Zahlen für Deutschland sind nicht zugängig. In den USA liegt die Inzidenz bei ca. 500.000 Fällen pro Jahr, Zahlen die in etwa auch auf für mitteleuropäische Länder zutreffen dürften.

Eine Sonderstellung unter den Ergüssen hat das Empyem. Ca. 50 % der Patienten mit bakterieller Pneumonie entwickeln einen parapneumonischen Erguss. Bei 5 % dieser Betroffenen entwickelt sich im Verlauf daraus ein Empyem. Das Empyem hat eine schlechte Prognose, wenn es zu spät erkannt wird oder nicht adäquat behandelt wird. Bei jungen, bislang gesunden Patienten beträgt die Sterblichkeit 8 – 15 %. Bei Älteren oder auch bei Patienten mit schweren Vorerkrankungen steigt die Letalität auf 40 – 70%.

Ätiopathogenese

Die häufigste Ursache eines Pleuraergusses < 40 Jahren ist die Tuberkulose.

Die 3 häufigsten Erkrankungen die in den westlichen Ländern zu einem Transsudat führen sind:

  • dekompensierte Linksherzinsuffizienz
  •  Lungenembolie
  •  Leberzirrhose

Mögliche weitere Ursachen sind:

  •  Atelektase
  •  nephrotisches Syndrom
  •  Sarkoidose
  • Die drei häufigsten Erkrankungen die in den westlichen Ländern zu einem Exsudat führen sind:
  •  Pneumonien
  •  Malignome
  •  Lungenembolie (kann sowohl zum Exsudat als auch zum Transsudat führen)

Mögliche weitere Ursachen sind:

  •  infektiöse Erkrankungen (besonders Tuberkulose)
  •  Kollagenosen / Vaskulitiden
  •  lymphatische Systemerkrankungen
  •  endokrinologische Erkrankungen
  •  iatrogen

Empyem

Beim Empyem findet sich eine Vielzahl an Erregern. Bei vormals Gesunden handelt es sich bei den Erregern meistens um S. pneumoniae, S. pyogenes oder S. aureus. Infektionen durch Anaerobier finden sich hauptsächlich nach Aspirationspneumonien, Lungenabszessen, oropharyngealen oder gastrointestinalen Infektionen. Nach einem thoraxchirurgischen Eingriff treten besonders häufig S. aureus oder gramnegative Erreger auf. Beim Hämatothorax überwiegen die Staphylokokken .

Aber auch Tuberkulose, und Pilze sind als Erreger des Empyems beschrieben.

Klinisches Bild

  •  Dyspnoe, besonders bei Belastung
  •  ggf. Schmerzen bei Pleuritis (atemabhängig) bzw. Tumor
  •  mitunter auch trockener Reizhusten
  •  ansonsten Symptome der Grunderkrankung

Bildgebung

Sonografie:

Für die Ultraschalluntersuchung sollte der Patient möglichst sitzen. Es lässt sich aber auch im Liegen eine etwaige Flüssigkeit im Thoraxraum darstellen. Per Ultraschall kann man schon, besser als beim Röntgen, kleinste Mengen (ab ca. 20 ml) Flüssigkeit im Thoraxraum erkennen. Das Ausmaß des Ergusses, die Verschieblichkeit bei Lageänderung, selbst das Vorhandensein von Fibrinsepten lassen sich hiermit gut beurteilen. Eine etwaige Punktion sollte im Idealfall immer unter sonografischer Kontrolle erfolgen.

Röntgen Thorax in 2 Ebenen:

Im Röntgenbild können Lokalisation und Ausdehnung des Ergusses beurteilt werden. Allerdings sind hier erst Ergüsse ab ca. 100 ml darstellbar (bei Aufnahme im Liegen und lateralem Strahlengang). Bei der p.a.- Aufnahme im Stehen sind erst Ergüsse ab ca. 200 ml darstellbar.

Blutgase: 

Die Blutgase sind i. d. R. nicht verändert, da ein Erguss nicht zur Ventilations-/ Perfusionsinhomogenität führt. Anders ist es jedoch beim Auftreten eines Reexpansionsödems (mögliche Komplikation bei einer Pleuradrainage). Hier bildet sich eine deutliche Hypoxie aus. Von daher ist beim plötzlichen Auftreten einer Hypoxämie immer ein Reexpansionsödem ausschließen.

Lungenfunktion:

Üblicherweise finden wir - durch den Erguss bedingt - eine restriktive Störung. Hierbei entspricht das Ausmaß der Restriktion, insbesondere die Reduktion der Vitalkapazität, ca. einem Drittel bis zu einem Fünftel der Menge des Pleuraergusses. Umgekehrt führt somit eine Ergussdrainage von einem Liter zu einer Verbesserung der Vitalkapazität von ca. 200 – 300 ml. Die Effizienz der Therapie lässt sich somit gut durch den Verlauf der Vitalkapazität beurteilen.

Thorakoskopie:

Sollte nur in Fällen mit bis dahin unklarer Diagnose durchgeführt werden. Die Ergussflüssigkeit kann so unter Sicht sofort abgesaugt werden. Therapeutische Eingriffe wie z. B. Talkumpoudrage bei malignem Erguss sind außerdem möglich.

Labor

Blutige Ergüsse sollten umgehend zentrifugiert werden. Sofern der Hämatokrit mehr als die Hälfte des Bluthämatokrits erreicht, sprechen wir von einem Hämatothorax. Ein blutiger Erguss ist immer - bis zum Beweis des Gegenteils - malignomverdächtig.

Diagnose

Differenzierung Exsudat/Transsudat:

Beim Exsudat muss mindestens 1 der folgenden Kriterien zutreffen:

  • Gehalt der Pleuraflüssigkeit/Serumeiweiß > 0,5
  • LDH in der Pleuraflüssigkeit/Serum-LDH > 0,6
  • LDH in der Pleuraflüssigkeit beträgt mehr als zwei Drittel der oberen Normgrenze des Serum-LDH.

Anhand dieser Kriterien werden allerdings bis zu 25 % der Transsudate irrtümlich als Exsudate identifiziert. Falls die klinische Situation eher für ein Exsudat sprechen sollte, empfiehlt es sich, eine simultane Bestimmung der Proteinkonzentration im Serum und in der Pleuraflüssigkeit durchzuführen. Sollte der Gradient mehr als 31g/l (3,1g/dl) betragen, spricht das eindeutig gegen ein Exsudat. Falls es sich tatsächlich um ein Exsudat handeln sollte, sind zusätzlich folgende diagnostische Maßnahmen indiziert:

Makroskopische Beschreibung des Punktats (Trübungen, Farbe, etwaige Blutbeimengungen etc.)

Glukosegehalt:

  • Glukose/Serum < 0,5 spricht für Malignom, rheumatoide Arthritis, Empyem, Lupus erythematodes, Tuberkulom, Ösophagusruptur)
  • sehr niedrig bzw. nicht messbar spricht für parapneumonischen Erguss, Empyem oder rheumatoide Arthritis

Amylaseaktivität:

  • Pleura-Amylase > Serum-Amylase spricht für eine akute oder chronische Pankreatitis, Ösophagusruptur oder Malignom

Triglyceride:

  • >100 mg/dl Chylothorax oder Pseudochylothorax

Tumormarker:

  • können je nach Tumor oftmals spezifisch sein, sind aber wenig sensitiv

 LDH:

  • > 1000IU/l Empyem, Parasitosen, rheumatoide Arthritis, gelegentlich auch Malignome

Adenosin-Desaminase oder auch ADA:

  • Tuberkulose

Protein:

  • >4 g/dl tuberkulöser Prozess
  • > 7 g/dl Multiples Myelom

Bestimmung des pH-Wertes:

  • pH zwischen 7,0 und < 7,2 Malignom, rheumatoide Arthritis, pneumonischer Erguss
  • pH <7,0 plus Leukozytose spricht für eine Verursachung durch Laktat und damit für ein Empyem
  • pH Erhöhung spricht für den Abbau von Glukose und damit vermutlich für Bakterien.

 Mikrobiologische Untersuchung:

  • obligat bei V. a. entzündlichen Erguss oder Empyem; Hinweis: Ist nicht selten negativ, obwohl sich später eine bakterielle Genese sicher bestätigt (die Hemmstoffe im Erguss sind so stark, dass sie ein Wachstum der Bakterien im Labor verhindern)

Zytologie:

  • Bei unklaren Ergüssen empfiehlt es sich, sofort einen Ausstrich (Gramfärbung) anzufertigen, da so relativ einfach die Information über die Anzahl der Granulozyten und Lymphozyten gewonnen werden kann und außerdem die Information, ob maligne Zellen vorhanden sind.

Neutrophile Granulozyten:

  • < 5000/µl chronische Exsudate (Malignome, Tuberkulose)
  • 10.000 – 50.000 /µl (akute Pankreatitis, Lupus erythematodes, unkomplizierte parapneumonische Ergüsse)
  • >50.000 /µl  (komplizierte parapneumonische Ergüsse

Lymphozyten:

  •  50 – 70 %  (bei ca. der Hälfte der Fälle Malignome)
  •  > 85 % (rheumatoide Arthritis, Tuberkulose, Lymphom, Empyem, Yellow-Nail-Syndrom)

Eosinophile Granulozyten:

  • > 10 % (relativ unspezifisch, spricht eher gegen eine Tuberkulose)

Mesothelzellen: 

  • < 5 %: unspezifisch
  •  > 5 %: wahrscheinlich tuberkulös bedingt

Hinweis: 

Durch Anbehandlung mit Diuretika und damit durch Eindickung des Blutes, kann ein Transsudat zum (Schein)-Exsudat werden. Allerdings finden wir in dem Fall ein ebenfalls erhöhtes Serumeiweiß. Umgekehrt kann bei einer Entzündung oder einer Überwässerung irrtümlicher Weise ein Exsudat für ein Transsudat gehalten werden.

 

 

Komplikation(en)

 

  •  Pleuraempyem mit:
  •  Pleuraschwarten oder Pleuraschwielen
  •  restriktiver Lungenerkrankung

Therapie

Die Therapie richtet sich nach der Grunderkrankung. Das Empyem spricht meistens ebenfalls gut auf die Therapie einer Pneumonie an.

Falls sich der Erguss jedoch nicht rasch zurückbilden sollte oder eine Schichtdicke von mehr als 10mm aufweist, empfiehlt sich frühzeitig eine therapeutische Punktion des Empyems.

Mitunter kommt es auch zu Rezidiven nach der Punktion. In diesem Fall sollte eine Drainage angelegt werden und eventuell eine Pleuraspülung mit einem Fibrinolytikum (z. B. 250.000 IE Streptokinase oder 100.000 IE Urokinase) durchgeführt werden. Alternativ wäre auch eine Thorakoskopie mit Adhäsiolyse möglich.

Falls all diese Maßnahmen wirkungslos bleiben, sollte als Ultima ratio eine Dekortikation in Erwägung gezogen werden.

Verlauf/Prognose

Die Prognose ist abhängig von der kausalen Erkrankung.

Das Empyem hat eine schlechte Prognose, wenn es zu spät erkannt wird oder nicht adäquat behandelt wird. Bei jungen, bislang gesunden Patienten beträgt die Sterblichkeit 8 – 15 %. Bei Älteren oder auch bei Patienten mit schweren Vorerkrankungen steigt die Letalität auf 40 – 70%.

 

 

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