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Mycobacterium smegmatis
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Mycobacterium smegmatis wurde erstmals im November 1884 von Lustgarten beschrieben, der bei syphilitischen Schankerscheinungen einen Bazillus mit dem Färbebild von Tuberkelbazillen fand. Im Anschluss daran fanden Alvarez und Tavel ähnliche Organismen wie die von Lustgarten beschriebenen und auch in normalen Genitalsekreten (Smegma). Dieser Organismus wurde später als M. smegmatis (Trevisan) bezeichnet.
Definition
Mycobacterium smegmatis gehört zu den schnell-wachsenden (RGM) säurefesten Nichttuberkulösen Mykobakterien (NTM). Die Bezeichnung „smegmatis“ bezieht sich auf seinen Nachweis im Smegma. Bis 1986 galt dieser Keim als für den Menschen nicht pathogen. Bis heute sind Infektionen durch M. segmatis selten. < als 100 Fälle wurden bisher in der Literatur beschrieben. Meist bestand ein Zusammenhang mit verschiedenen chirurgischen Eingriffen.
Klinisches Bild
Fallpräsentationen (s. Literatur):
1) Eine 56-jährige asiatische Patientin, die sich in den letzten 2 Jahren mehreren kosmetischen Eingriffen im Gesicht unterzogen hatte, wurde mit einer Schwellung, lokalen Schmerzen und einem Erythem an der rechten Wange in unsere Einrichtung eingeliefert. Das aus einer Eiterkultur isolierte Mycobacteirum fortuitum complex wurde durch rpoB-Sequenzierung als M. wolinskyi identifiziert. In der Röntgenaufnahme wurden metallische Fremdkörper und ein Abszess festgestellt. Der Eiter wurde inzidiert und abgelassen. Die Behandlung bestand aus Clarithromycin (500 mg alle 12 Stunden), Amikacin (200 mg alle 8 Stunden) und Ciprofloxacin (400 mg alle 6 Stunden).
2) 32-jährige gesunde Frau, die 2 Wochen nach der Injektion von „Fillermaterial“ eine Schwellung und ein Erythem mit einem schmerzhaften Gefühl an der Injektionsstelle entwickelte. Der behandelnde Arzt verschrieb intravenöses Cephalosporin für 3 Tage, um die Infektion zu behandeln, ohne dass es zu einer Verbesserung kam. Die Symptome des Patienten verschlimmerten sich jedoch, als sich Knötchen und Abszesse bildeten. Daraufhin wurde ein chirurgisches Débridement durchgeführt und das Behandlungsschema um Amoxicillin ergänzt. Die Gewebeprobe aus dem Débridement wurde zur Untersuchung auf gängige Bakterien und Pilze eingesandt, doch die Ergebnisse waren negativ. Nach einer erfolglosen zweimonatigen Behandlung mit Breitbandantibiotika und einem chirurgischen Débridement fand sich folgender klinischer Befund; verstreute erythematöse Plaques mit subkutanen Knötchen und Abszessen auf beiden Seiten der Wangen, von denen einige konfluierend waren. Es wurden keine systemischen Symptome oder Lymphadenopathien festgestellt. Die routinelaborwerte waren im Normbereich. Die entnommenen Biopsien zeigten eine granulomatöse Entzündung in der Dermis mit epitheloiden Histiozyten und vielkernigen Riesenzellen, die mit reichlich Lymphozyten, Plasmazellen und neutrophilen Granulozyten vermischt waren. Mikroskopisch kein Nachweis von Mikroorganismen. Mittels Multiplex-Echtzeit-PCR-Assays, die auf das HSP65-Gen und das 16S rRNA-Gen von NTM abzielten, sowie mittels panfungaler Multiplex-Echtzeit-PCR, die auf das 28S rRNA-Gen abzielte, konnte M. smegmatis als der verursachende Erreger identifiziert.
Die Behandlung erfolgte mit 300 mg Rifampin pro Tag, 150 mg Isoniazid pro Tag und 100 mg Minocyclin pro Tag für sechs Monate. Darunter Abheilung der Infektion.
Hinweis(e)
Die Entdeckung von Plasmiden, Phagen und mobilen genetischen Elementen hat die Konstruktion von speziellen Geninaktivierungs- und Genreportersystemen ermöglicht. Der Stamm M. smegmatis mc2155 ist hypertransformierbar und gilt heute als das Arbeitspferd der Mykobakteriengenetik. Darüber hinaus lässt er sich in den meisten synthetischen oder komplexen Labormedien leicht kultivieren, wo er innerhalb von 3-5 Tagen sichtbare Kolonien bilden kann. Diese Eigenschaften machen ihn zu einem sehr attraktiven Modellorganismus für M. tuberculosis und andere mykobakterielle Krankheitserreger. M. smegmatis mc2155 wird auch für die Kultivierung von Mykobakteriophagen verwendet. Das vollständige Genom von M. smegmatis wurde sequenziert.
Transformation ist ein Prozess, bei dem eine Bakterienzelle DNA aufnimmt, die von einer anderen Zelle in das umgebende Medium abgegeben wurde, und diese DNA dann durch homologe Rekombination in ihr eigenes Genom einbaut. Stämme von M. smegmatis, die über eine besonders effiziente DNA-Reparaturmaschinerie verfügen, wie ihre größere Resistenz gegen die DNA-schädigenden Wirkungen von Agenzien wie UV und Mitomycin C zeigt, erwiesen sich als am ehesten in der Lage, eine Transformation zu durchlaufen. Dies deutet darauf hin, dass die Transformation bei M. smegmatis ein DNA-Reparaturprozess ist, vermutlich ein rekombinanter Reparaturprozess, wie bei anderen Bakterienarten.
Literatur
- Fida M et al. (2021) Misidentification of Mycobacterium smegmatis as Mycobacterium fortuitum by DNA line probe assay. J Clin Tuberc Other Mycobact Dis 25:100268.
- Kumar KJ et al. (1995) Fatal pulmonary infection caused by Mycobacterium smegmetis in an infant. Indian J Pediatr 62:619–621.
- Wang CJ et al. (2022) Mycobacterium smegmatis Skin Infection Following Cosmetic Procedures: Report of Two Cases. Clin Cosmet Investig Dermatol 15:535-540
- Yoo SJ et al. (2013) Facial skin and soft tissue infection caused by Mycobacterium wolinskyi associated with cosmetic procedures. BMC Infect Dis 13:479. doi: 10.1186/1471-2334-13-479.