Markschwammniere

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Definition

Bei der Markschwammniere handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung der Nieren mit:

  • Malformation der terminalen Sammelrohre in den Markpyramiden und Papillen
  • Bildung medullärer Zellen 

Die Markschwammniere betrifft zu 75 % beide Nieren (Herold 2021)

Einteilung

Durch das Ausmaß der Veränderungen in der Niere kann das Risiko einer symptomatischen Nephrolithiasis abgeschätzt werden:

  • Grad 1: Hierbei findet sich 1 Kelch unilateral. Das Risiko liegt bei 0,09 Episoden / Jahr 
  • Grad 4: Es sind mehr als 1 Kelch beidseits betroffen. Das Risiko liegt dann bei 0,34 Episoden / Jahr (Kuhlmann 2015)

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inzidenz der Markschwammniere liegt bei 1 : 5.000 (Herold 2021), die der asymptomatischen bei 1 : 200 (Hegele 2015).

Ätiopathogenese

Es handelt sich hierbei um eine angeborene Erkrankung. Der Erbgang ist unbekannt (Keller 2010). Laut Hofmann (2005) sind familiär weniger als 5 % betroffen. Man vermutet, dass Veränderungen der Flusseigenschaften in den Tubuli die Steinbildung begünstigen (Kasper 2015).

Manifestation

Beschwerden treten bei einer Markschwammniere meistens erst im 4. oder 5. Lebensjahrzehnt in Form rezidivierender Harnwegsinfekte oder Nephrolithiasis mit Hämaturie, Koliken, Pyurie etc. auf (Risler 2008).

Klinisches Bild

Die Diagnose wird oftmals als Zufallsbefund beim i. v. Urogramm oder CT gestellt.  Symptome können sein:

  • rezidivierende Nephrolithiasis
  • rezidivierende Harnwegsinfekte
  • Symptome der chronischen Niereninsuffizienz (selten) (Hegele 2015)

Diagnostik

Die Diagnose wurde früher durch die i. v. Urographie gestellt. Inzwischen erfolgt diese i. d. R. durch eine CT, wenngleich diese eine geringere Sensitivität zeigt (Kasper 2015).

Bildgebung

Sonographie: 

  • Hyperechogene Papillen darstellbar (Hegele 2015)
  • Nephrolithiasis
  • Nephrokalzinose (Herold 2021)
  • dorsales Schallauslöschphänomen kann - je nach Ausmaß der Verkalkungen – bestehen
  • die Markpyramiden erscheinen gesprenkelt und mit brillanten Echos durchsetzt (auch als sog. „Christbaumphänomen“ bezeichnet) (Hofmann 2005)
  • Kalkablagerungen in den Papillenspitzen (Herold 2021)

CT :

  • eine von den Kelchen ausgehende radiäre Strahlung
  • in betroffenen Kelchen gruppierte röntgendichte Steine
  • verbreiterte Pyramiden
  • im Bereich der Papillen wie Trauben angeordnete Zysten (stellen erweiterte Sammelrohre dar) (Keller 2010)
  •  

i. v. Pyelographie: Die ektatischen Sammelrohre sind mit Kontrastmittel gefüllt und der Abfluss ist verzögert. Im fortgeschrittenen Stadium treten Verkalkungen entlang der Sammelrohre auf (Hegele 2015). Heutzutage wird die i. v. Pyelographie allerdings nur noch selten zur Diagnostik eingesetzt. An ihre Stelle ist die CT getreten (Kasper 2015).

Labor

Hyperkalziurie (Herold 2021)

Histologie

Histologisch finden sich im Bereich der Markpyramiden papillär dilatierte Sammelrohre, von denen Zysten mit einem Durchmesser von ca. 1 mm – 8 mm ausgehen. Diese Zysten sind mit dem ableitenden Harnsystem verbunden und können Blut, Leukozyten, Zelldetritus etc. enthalten. Oftmals lassen sich Verkalkungen bzw. eine Nephrokalzinose nachweisen (Risler 2008)

Differentialdiagnose

  • Medullary cystic disease (MCD) (Hofmann 2005)
  • distal- tubuläre Azidose
  • primärer Hyperparathyreoidismus (Kuhlmann 2015)

Differentialdiagnose der bilateralen Verkalkungen

  • Hyperparathyreoidismus
  • Vit.- D- Intoxikation
  • Sarkoidose
  • Tuberkulose
  • multiples Myelom
  • Milch- Alkali- Syndrom (Hegele 2015)

Komplikation(en)

Niereninsuffizienz bedingt durch die Nephrokalzinose (Herold 2021)

Hinweis(e)

Bei Patienten mit Nephrolithiasis findet sich in 3 % - 5 % eine Markschwammniere, bei denen mit Kalziumsteinen steigt der Anteil sogar auf bis zu 20 % an (Kuhlmann 2015).

Die Markschwammniere tritt auch bei Patienten mit Hemihypertrophie- Syndrom auf, bei denen das Risiko einen Wilms- Tumor zu entwickeln, erhöht ist. Hierbei sind regelmäßige Sonographie- Kontrollen erforderlich (Hofmann 2005).

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