Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom G73.-
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Edward Lambert und Lee Eaton Neurologen an der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, die das myasthenische Syndrom in den 1950er und 60er Jahren erstmals beschrieben.
Definition
Das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS) ist eine Autoimmunerkrankung - eine Krankheit, bei der das Immunsystem die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln (der neuromuskulären Verbindungsstelle) und beeinträchtigt die Fähigkeit der Nervenzellen, Signale an die Muskelzellen zu senden.
Einteilung
Das Lambert-Eaton-Syndrom ist gegenüber der Myasthenia gravis eine sehr viel seltenere neuromuskuläre Erkrankung, die durch eine präsynaptische Störung der neuromuskulären Signalübertragung gekennzeichnet ist. Dem Syndrom liegt ein Autoimmunprozess mit Bildung von Antikörpern zugrunde, der sich gegen spannungsabhängige Kalziumkanäle vom P/Q-Typ richtet. Als Folge kommt es zu einer verminderten Transmitterfreisetzung an den cholinergen Synapsen sowohl des motorischen als auch autonomen Nervensystems.
Man unterscheidet zwei Varianten:
- Paraneoplastisch: Bei ca. 40-60 % der Fälle kann dem LEMS ein Tumor (meist ein kleinzelliges Bronchialkarzinom) bis max. fünf Jahre vorausgehen. Die LEMS-Symptomatik bietet die Chance auf eine frühzeitige Tumordiagnostik!
- Idiopathisch: Sollte sich 2-3 Jahren nach Beginn des LEMS kein Tumor manifestiert haben, spricht dies für eine rein autoimmunologisch induzierte Variante des LEMS.
Ätiopathogenese
In etwa 50 bis 60 Prozent der Fälle ist LEMS mit einer Grunderkrankung verbunden, insbesondere mit kleinzelligem Lungenkrebs. In 40 – 50% der Fälle ist die Ursache unbekannt. Konkret greift das Immunsystem die Kalziumkanäle an den Nervenenden an, die erforderlich sind, um die Freisetzung von Acetylcholin auszulösen. Wenn weniger Kalziumkanäle vorhanden sind, setzt die Nervenendigung weniger Acetylcholin frei. Acetylcholin ist ein Botenstoff, der die Muskelkontraktion auslöst. Bei Menschen mit LEMS reichen die verminderten Acetylcholinwerte nicht aus, um normale Muskelkontraktionen auszulösen, was zu Muskelschwäche führt.
Klinisches Bild
Zu Beginn verursacht LEMS motorische Störungen in den Oberschenkeln und Hüften, was zu Schwierigkeiten beim Gehen führt, sowie Schwäche in den Oberarmen und Schultern, was die Selbstversorgung erschweren kann. Im einzelnen ist das Krankheitsbild durch folgende Symptome gekennzeichnet:
Motorische Störungen (die motorische Symptomatik ist unter Belastung zunächst stark ausgeprägt, kann sich bei Fortsetzung der Belastung kurzzeitig verbessern - warming up-. Entgegen der Myasthenie erholt sich ein Lambert-Eaton-Betroffener aber nicht nach einer Ruhephase!
Becken- und Oberschenkelmuskulatur (bei 100% der Patienten):
- Schwäche und sehr rasche Ermüdbarkeit beim Gehen, Aufstehen aus der Sitzposition und Treppensteigen
- Reduzierte Gehstrecke (z.T. unter 100 m)
- „Bleischuhe“ und Watschelgang
- Stolperneigung
- Abgeschwächte Muskeleigenreflexe
- Myalgien (Muskelschmerzen) möglich
Oberarmmuskulatur/ Schulterapparat
- bei 80 % der Patienten
Augenmuskulatur
- Weniger stark ausgeprägt; Augensymptomatik kann im Laufe der Erkrankung zunehmen
Beteiligung der Gesichts- und Schluckmuskulatur
- seltener
Hirnnervensymptomatik (bei ca. 60 % der Patienten):
- Ptose (Herabhängen eines o. beider Augenlider)
- Doppelbilder
Autonome Störungen:
- Mundtrockenheit
- Obstipation/ Blasenstörung
- Orthostatische Hypotonie
- Verminderte Schweißsekretion
Diagnostik
EnG nach Willkürinnovation (Die Elektroneurografie ist eine neurologische Untersuchungsmethode mit der die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen wird. Die Elektroneurografie ist sowohl anwendbar bei Nerven, die Muskeln versorgen (motorische Nerven), als auch bei Nerven, die für Sinnesempfindungen (wie Temperatur- oder Berührungsreize) zuständig sind (sensible Nerven).
Serienstimulation:
- 3 Hz: pathologisches Dekrement
- 20-50 Hz: pathologisches Inkrement
Labor: Antikörpernachweis
Eine Kombination von LEMS und Myathenia gravis ist selten, aber möglich:
Okulobulbäre Symptomatik
Positiver Tensilontest
AK gegen den Azetylcholinrezeptor und AK gegen Kalziumkanäle vom P/Q-Typ
Elektrophysiologische: LEMS-Trias
Labor
- AK gegen Kalziumkanäle vom P/Q-Typ (VGCC) bei 10% der Patienten nicht nachweisbar
- AK gegen SOX1-Tumorantigen
- AK gegen den Azetylcholinrezeptor