HOIL-1-Defizienz-Syndrom
Synonym(e)
Erstbeschreiber
2012 beschrieben Boisson et al. (2012) drei Kinder, die sehr früh rezidivierende Fieberepisoden mit starker Akute-Phase-Reaktion, Hepatosplenomegalie und Lymphadenopathie entwickelten. Serositis oder entzündliche Dermatosen, wie sie sonst bei autoinflammatorischen Erkrankungen zu finden sind, fehlten dagegen. Alle Kinder waren abnorm anfällig gegenüber bakteriellen Infektionen, zwei von drei auch gegenüber Virusinfektionen. Die Polysaccharidantwort gegenüber Pneumovax® war gestört. Das Gesamtkrankheitsbild war somit geprägt von Immundefizienz und Autoinflammation. Hinzu kam, dass alle drei Kinder Amylopectin-ähnliche intrazelluläre Ablagerungen in Herz-, glatter und Skelettmuskulatur hatten, was in der Kombination ein neues Krankheitsbild definierte.
Definition
HOIL-1-Defizienz ist eine autosomal rezessiv vererbte Krankheit, die durch Mutationen im HOIL1-Gen verursacht wird, das für HOIL1, eine Komponente des linearen Ubiquitinierungsketten-Assembly-Komplexes (LUBAC), kodiert. Diese Mutationen führen zu einer Destabilisierung des LUBAC-Komplexes mit einer Beeinträchtigung der IL-1β-abhängigen NF-κB-Aktivierung in Fibroblasten. Myeloische Zellen, insbesondere Monozyten, sind jedoch hyperreaktiv gegenüber IL-1β. Daher unterscheiden sich die Folgen des menschlichen HOIL-1- und LUBAC-Mangels für die IL-1β-Reaktionen zwischen den Zelltypen
Ätiopathogenese
Als genetische Ursache Mutationen im RBCK1-Gen nachgewiesen. Das kodiert Enzym HOIL-1 ist Bestandteil von LUBAC (linear ubiquitin chain assembly complex). Der LUBAC-Komplex wiederum ist nötig für die lineare Anlagerung von Ubiquitin-Molekülen an intrazelluläre Proteine wie etwa NEMO. Die Ubiquitinierung wiederum ist Voraussetzung z.B. für den proteasomalen Abbau oder Translokationen von Proteinen, aber auch für Protein-Protein-Interaktionen.
Klinisches Bild
Klinisch ist der HOIL-1-Mangel durch früh einsetzende, wiederkehrende Fieberschübe mit gastrointestinalen Symptomen wie Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall mit Blut und Schleim sowie Lymphadenopathie, Atemnot, Gedeihstörung und muskuläre Amylopektinose (Speicherung von abnormalem Glykogen, die zu intrazellulären Glykogeneinschlüssen führt) gekennzeichnet, die durch Myopathie und Kardiomyopathie kompliziert wird. Es wurde über rezidivierende bakterielle Infektionen berichtet, die mit Immunschwäche einhergehen, einschließlich Hyper-IgA-Syndrom und B-Zell-Gedächtnisdefekten mit mangelnder Antikörperproduktion und eingeschränkter Reaktion auf Impfstoffe. Entzündungssymptome werden von erhöhten Akute-Phase-Reaktanten während der Schübe begleitet (Aksentijevich I et al. 2017).
Dermatologische Manifestationen: Ekzematöse Läsionen, Erythrodermie und exfoliative Dermatitis traten bei verschiedenen Patienten mit HOIL-1-Mangel auf. Es wurden auch durch Impfung hervorgerufene subkutane entzündliche Läsionen beschrieben (Aksentijevich I et al. 2017; Boisson B et al. 2012).
Literatur
- Aksentijevich I et al. (2017) NF-κB pathway in autoinflammatory diseases: dysregulation of protein modifications by ubiquitin defines a new category of autoinflammatory diseases. Front Immunol 8:399.
- Boisson B et al. (2012) Immunodeficiency, autoinflammation and amylopectinosis in humans with inherite HOIL-1 and LUBAC deficiency. Nat Immunol 13):1178-1186
- Elton L et al. (2015) The multifaceted role of the E3 ubiquitin ligase HOIL-1: beyond linear ubiquitination. Immunol Rev 266:208-221.
- Gerlach B et al. (2011) Linear ubiquitination prevents inflammation and regulates immune signalling. Nature 471:591-596.
- Noad J et al. (2017) LUBAC-synthesized linear ubiquitin chains restrict cytosol-invading bacteria by activating autophagy and NF-κB. Nat Microbiol 2:17063.