Hirndruck
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Heinrich Quincke beschrieb 1893 als Erster den Zusammenhang zwischen erhöhtem Hirndruck und dem Krankheitsgeschehen der idiopathischen intrakraniellen Hypertension. Er bezeichnete die Erkrankung seinerzeit als „Meningitis serosa“ (Willenborg 2017).
Die Möglichkeiten einer Hirndruckmessung wurden erst durch den Franzosen Guillaume und Janny sowie den Schweden Lungberg möglich. Lundberg unterteilte die einzelnen Typen des Hirndrucks in A- Wellen (steiler Anstieg des Hirndrucks auf Werte bis zu 50 mm Hg, der nur kurzfristig anhält), B- Wellen (hier finden sich kurze und geringer ausgeprägte Druckanstiege, die atemabhängig sind) und C- Wellen (sog. Traube- Herringsche Wellen, die durch Schwankungen der arteriellen Füllung der Hirngefäße bedingt sind).
Bereits in den 1950er Jahren wurden erste Geräte zur Druckmessung entwickelt, aber erst in den 1970er Jahren wurde die konstante Druckmessung möglich (Povacz 2000).
Definition
Unter einem Hirndruck (ICP) versteht man den Druck, der innerhalb der Schädelhöhle herrscht (Antwerpes 2024) oder anders ausgedrückt: den der Inhalt des Schädels auf die Durahülle ausübt (Huttner 2023).
Zahlreiche neurologische Erkrankungen können zu einer lebensbedrohlichen Erhöhung des ICP führen, da das Volumen des Schädelinneren konstant ist (Huttner 2023).
Allgemeine Information
Physiologischer Weise liegt der Hirndruck eines gesunden Erwachsenen im Sitzen gemessen bei 5 – 15 mm Hg. Dabei wird das Foramen Monroi zum Nullpunkt deklariert.
Eine etablierte Obergrenze für den Hirndruck gibt es allerdings nicht (Huttner 2023). Ebenso wurde bislang eine kritische Untergrenze des Hirndrucks auch nicht evaluiert (Diener 2008)
Der Hirndruck kann z. B. durch einfache Handlungen wie Niesen, Husten, Pressen etc. beträchtlich ansteigen, da in diesen Fällen der venöse Rückstrom zum Herzen gedrosselt wird. Es können dabei Druckspitzen bis zu 50 mm Hg entstehen, die i. d. R. jedoch gut toleriert werden (Antwerpes 2024).
Andererseits kann der Hirndruck bei Hirnschädigungen wie z. B. nach einem Schädel- Hirn- Trauma, einer Subarachnoidalblutung oder einem hämorrhagischen Apoplex auf lebensbedrohliche Werte ansteigen. Dabei führt ein chronischer Hirndruck von über 20 mm Hg bereits zu bleibenden Schäden und sollte stets entsprechend therapiert werden (Antwerpes 2024).
Die Überwachung des Hirndrucks (ICP) ist bei lebensbedrohlichen Hirnschädigungen wie z. B. nach einem Schädel- Hirn- Trauma, einer Subarachnoidalblutung und einem hämorrhagischen Apoplex von größter Bedeutung. In den meisten Fällen wird der ICP invasiv gemessen, es gibt aber inzwischen auch einige neuere Techniken, die bei geringerem Risiko vielversprechende Ergebnisse zeigen (Hawyluk 2023).
Es sind laut Povacz (2000) drei Arten von Messungen möglich:
- Ventrikulär durch Punktion des jeweiligen Ventrikels: Diese hat den Vorteil, dass man therapeutisch Liquor ablassen kann. Der Nachteil ist in der Infektionsgefahr zu sehen, die bei ca. 10 % liegt.
- Subarachnoidal: Hierbei liegt der Vorteil in der geringeren Infektionsgefahr, der Nachteil sind vermehrt falsche Messdaten.
- Epidural: Die Methode ist technisch einfacher, die Infektionsgefahr gering, aber hiermit zeigen sich vermehrt falsche Messdaten.
Heutzutage kann der Hirndruck gemessen werden mit Hilfe von:
- Sensoren, die den Druck kontinuierlich messen und sich im Ventrikel, Parenchym, Sub- bzw. Epiduralraum, der Cisterna magna oder im lumbalen Subarachnoidalraum befinden
- Druckmikro- Transducern, die aus einer elastischen oder beweglichen Komponente bestehen, sich bei Druckeinwirkung verformen bzw. bewegen und ein Signal erzeugen. Dieses Signal korreliert mit dem Druck (Pelah 2023).
Die durchschnittliche Abweichung des gemessenen Drucks vom tatsächlichen ICP kann bis zu + / - 6 mmHg betragen (Pelah 2023).
Den historischen Goldstandard stellt die direkte Manometrie der Seitenventrikel dar. Alternativ können laut Leitlinie ähnlich präzise intraparenchymatöse Druckmesssysteme benutzt werden (Huttner 2023).
Pathophysiologie
Der Schädel enthält neben dem Gehirn auch noch ca. 70 ml Liquor cerebrospinalis und ca. 100 ml Blut. Da der Schädelknochen bereits früh (im 2. Lebensjahr) verknöchert, führt eine auch nur geringe Volumenzunahme zu einer Steigerung des Hirndrucks. Von daher müssen die Komponenten Hirn, Liquor, Blut - entsprechend sog. „Monro- Kellie- Doktrin“ - konstant bleiben (Antwerpes 2024).
Das Gehirngewebe benötigt für seine Funktionen eine konstante Durchblutung, deshalb hat es die Fähigkeit, über einen weiten Bereich den systemischen Blutdruck aufrecht zu erhalten. Der zerebrale Perfusionsdruck (CPP) liefert die treibende Kraft für die Zirkulation durch die Kapillaren des Gehirns. Selbst wenn der systemische Blutdruck sinkt, bleibt die zerebrale Durchblutung durch Vasodilatation im Gehirn erhalten. Bei hohen systemischen Druckwerten wiederum kommt es zu einer arteriolen Vasokonstriktion, um die Perfusion konstant zu halten (Kasper 2015).
Dieser Prozess kann jedoch durch z. B. traumatische Hirnverletzungen, schwere fokale Ischämien etc. unvorhersehbar gestört werden (Kasper 2015).
Therapie allgemein
Die Behandlung eines erhöhten Hirndrucks kann konservativ oder chirurgisch erfolgen.
Konservativ durch Hochlagerung des Körpers um ca 30 °, Geradelagerung des Kopfes und eventueller Intubation. Hierbei ist besonders eine Langzeithyperventilation zu vermeiden, da sich darunter die zerebrale Perfusion verschlechtern kann. Empfohlen wird außerdem eine Osmotherapie mit z. B. Mannitol 50 mg i. v. alle 6 h (Herold 2018).
Die neurochirurgische Behandlung umfasst bei Vorliegen eines großen Mediainfarktes oder einer Hirnstammdekompression bei großem Infarkt der hinteren Schädelgrube eine Dekompressionskraniotomie. Falls es sich um einen Kleinhirninfarkt mit Verschlusshydrozephalus handeln sollte, empfiehlt sich eine temporäre Ventrikeldrainage (Herold 2018).
Literatur
- Antwerpes F, Hircin et al. (2024) Intrakranieller Druck. DOI: https://flexikon.doccheck.com/de/Intrakranieller_Druck
- Diener H C, Putzki N, Berlit P, Deutschl G, Elger C, Gold R, Hacke W, Hufschmidt A, Mattle H, Meier U, Oertel W H, Reichmann H, Schmutzhard E, Wallesch C W, Weller M (2008) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme Verlag 868
- Fink B (2020) Hirndruckzeichen. DocCheck, DOI: https://flexikon.doccheck.com/de/Hirndruckzeichen
- Hawyluk G W J, Citero G, Hutchinson P, Kolias A, Meyfroidt G, Robba C, Stiocchetti N, Chesnut R (2023) Intracranial pressure: current perspectives on physiology and monitoring. Intensive Care Med. 48 (10) 1471 - 1481
- Herold G et al. (2018) Innere Medizin. Herold Verlag 815
- Huttner H. et al. (2023) Intrakranieller Druck (ICP), in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1778
- Pelah A I, Zakrzewska A, Calviello L A, Dagi T F, Czoskny Z, Czoskny M (2023) Accuracy of Intracranial Pressure Monitoring-Single Centre Observational Study and Literature Review. Sensors (Basel) 23 (7) 3397 DOI: 10.3390/s23073397
- Povacz E (2000) Geschichte der Unfallchirurgie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 302
- Willenborg K D (2017) Symposium Idiopathische Intrakranielle Hypertension (Pseudotumor cerebri). DOI: https://www.egms.de/static/de/meetings/siih2017/17siih02.shtml