1. Herzton
Der 1. Herzton (S1) entsteht nach traditionellen Lehrmeinung durch den Verschluss der Mitral- und Trikuspidalklappe sowie durch die Ventrikelanspannung. Einer zweiten Hypothese nach entsteht er beim Klappenschluss durch das plötzliche Abbremsen des Blutes. Dieses bewirkt Vibrationen der Ventrikel, der Chordae tendinae und des Blutes (Dennis 2019).
S1 entsteht ca. 0,02 – 0,04 Sek. nach Beginn des QRS- Komplexes (Herold 2022). Auskultieren lässt sich die Mitralklappe im 5. ICR medioklavikulär, die Trikuspidalklappe im Bereich der 4. Rippe rechts parasternal (Balletshofer 2006).
Die Intensität des Tones ist abhängig von der:
- Strecke, die der vordere Klappenflügel benötigt, um in die Ringebene zurückzukehren
- Kontraktilität des linken Ventrikels
- Beweglichkeit des Klappenflügels
- dem PR- Intervall (Kasper 2015)
Die Lautstärke des 1. Herztones ist hoch bei:
- bei Patienten mit hyperkinetischem Kreislauf
- in der frühen Phase der rheumatischen Mitralstenose (MS)
- bei kurzem PR- Intervall (Kasper 2015)
- Ventrikelseptumdefekt
- hohes Herzminutenvolumen
- Vorhofmyxom (Dennis 2019)
Die Lautstärke nimmt ab bei:
- einer Therapie mit Beta- adrenergen Rezeptorenblockern
- in späteren Stadien einer Mitralstenose auf Grund der Verkalkung und Starre der Klappe
- bei linksventrikulärer Störung der Kontraktion
- langen PR- Intervallen (Kasper 2015)
- schwerer Mitralklappeninsuffizienz (durch diese wird der vollständige Schluss der Klappensegel durch das zurückströmende Blut verhindert [Dennis 2019])
- durch großen Abstand zwischen Stethoskop und Herz durch z. B.:
2. Herzton
Der 2. Herzton (S2) kommt durch den Verschluss der Aorten- und Pulmonalklappen zustande. Er ist heller und kürzer als S1. Er entsteht am Ende der T- Welle.
Auskultieren lässt er sich am besten im 2. ICR parasternal rechts (Aortenklappe) und links (Pulmonalklappe). Bei einer Drucksteigerung im großen Kreislauf ist der Ton über der Aorta lauter, bei Drucksteigerung im Lungenkreislauf über der Pulmonalis (Herold 2022).
Physiologischerweise vergrößert sich das A2- P2- Intervall (Aortenklappenverschluss = A2, P2 = Pulmonalklappenverschluss) bei der Inspiration und verengt sich bei der Expiration (Kasper 2015).
- Verstärkter 2. Herzton bei:
- pulmonaler Hypertonie (Hierbei ist die pulmonale Komponente von S2 lauter als normalerweise [Dennis 2019])
- Physiologische Spaltung des 2. Herztons:
Diese entsteht durch einen zeitlich versetzten Schluss der Aorten- bzw. Pulmonalklappe. Man spricht von einer physiologischen Spaltung, wenn bei tiefer Inspiration der Abstand bis zu 0,08 Sek. beträgt. Hörbar wird die Spaltung durch den negativen Druck im Thorax und der während der Inspiration vorübergehenden vermehrten diastolischen Füllung des rechten Ventrikels (Herold 2022).
Diese physiologische Spaltung bei der Inspiration fehlt bei Patienten > 50 Jahre üblicherweise (Mewis 2006).
- Breite Spaltung des 2. Herztons:
Diese entsteht durch eine verspätete Schließung der Pulmonalklappe oder durch eine verfrühte Schließung der Aortenklappe (Dennis 2019).
Hierbei sind während der Expiration der Schlusston der Aorten- bzw. Pulmonalklappe gespalten. Der Abstand zwischen dem Schließen der beiden Klappen ist bei der Inspiration länger als normalerweise. (Dennis 2019).
Man findet eine breite Spaltung des 2. Herztons z. B. bei:
- Breite fixierte Spaltung des 2. Herztons:
Hierbei findet sich eine konstante Verlängerung der Schlusstöne von Aorten- und Pulmonalklappe sowohl während der In- als auch während der Expiration. Auftreten kann diese Form der Spaltung bei:
Bei der fixierten Spaltung liegen die Sensitivität bei 92 % und die Spezifität bei 65 % (Dennis 2019).
- Paradoxe Spaltung des 2. Herztons:
Sie stellt das Gegenteil der physiologischen Spaltung dar. Bei dieser Form verschwindet die Spaltung während der Inspiration und ist stattdessen exspiratorisch auskultierbar. Sie entsteht durch eine Verzögerung des Aortenklappenverschlusstons. Man findet die paradoxe Spaltung bei:
Bei der paradoxen Spaltung liegen die Sensitivität bei 50 % und die Spezifität bei 79 % (Dennis 2018).
- Eng gespaltener 2. Herzton bis hin zum singulären S2 bei:
- pulmonaler arterieller Hypertonie
- Abnehmende Intensität von A2 und P2 bei:
- Verbreiterung des A2- P2- Intervalls und fehlende inspiratorische Veränderung bei:
- Verlängerung des A2- P2- Intervalls möglich durch:
- Rechtsschenkelblock (bewirkt einen verzögerten Verschluss der Pulmonalklappe)
- schwerer Mitralklappenregurgitation (durch vorzeitigen Verschluss der Aortenklappe) (Kasper 2015)
3. Herzton
Der 3. Herzton ist ein dumpfer, niederfrequenter leiser Ton im Bereich der Mitralklappe, der in der frühen Diastole auftritt (Dennis 2019). Er wird ca. 0,15 Sek nach dem 2. Herzton auskultierbar und ist Ausdruck eines sog. „diastolic overloading“ (Herold 2022).
Er kann auftreten im Zusammenhang:
4. Herzton
Der 4. Herzton ist niederfrequent und leise. Er fällt mit der späten Diastole zusammen und lässt sich vor dem 1. Herzton auskultieren (Herold 2022). Er tritt bei Erkrankungen auf, die mit einer Versteifung des linken Ventrikels einhergehen (Dennis 2019).
Man findet ihn häufig bei:
Selten kann er auftreten im Rahmen einer:
Unterschiedliche Arten von Herztönen
-
Klappenöffnungstöne: Diese werden durch einen plötzlichen Stopp bei der Öffnungsbewegung der verklebten AV- Klappen hervorgerufen und treten auf bei:
-
Mitralstenose als Mitralöffnungston
- Mitralklappenprothese als Prothesenöffnungston
-
Trikuspidalstenose (sehr selten auftretend) als Trikuspidalöffnungston (Herold 2022)
-
Dehnungstöne (ejection clicks):
- Aortaler ejection click: Dieser ist i. d. R. 40 – 60 msec nach M1 zu hören. Am besten lässt er sich an der Herzspitze auskultieren. Der Ton ist um so lauter, je mobiler die Aortenklappe noch ist und verschwindet schließlich bei einer hochgradig stenosierten, kalzifizierten Klappe. Er tritt auf bei einer bikuspiden Aortenklappe, valvulärer Aortenstenose, nicht aber bei einer infra- oder supravalvulären Aortenstenose (Mewis 2006).
- Pulmonaler ejection click: Dieser lässt sich am besten im Bereich des linken Sternalrandes auskultieren. Er entsteht durch Öffnen der Pulmonalklappe. Während der Inspiration verschwindet er. Der pulmonale ejection click kommt bei einer valvulären Pulmonalstenose vor (Mewis 2006).
Dieser findet sich z. B. bei einem Mitralklappenprolaps (Herold 2022). S. a. Systolisches Geräusch
Sie umfasst das Intervall zwischen 1. Herzton (S1) und dem 2. Herzton (S2).
(Kasper 2015).
Herzgeräusche
Herzgeräusche entstehen durch eine Wirbelbildung. Geht die Wirbelbildung nach hinten, kommt es zu einer Stenose, geht sie nach vorne, zu einer Insuffizienz (Herold 2022).
Charakterisiert werden Herzgeräusche durch
- die Lautstärke, gemessen in Grade nach Samuel A. Levine 1933 (Attenhofer Jost 2004 / Hofbeck 2007) :
- 1 / 6: Sehr leises Geräusch, welches nur mit Mühe auskultierbar ist
- 2 / 6: Leise, aber deutlich hörbar
- 3 / 6: Lautes Herzgeräusch ohne Schwirren
- 4 / 6: Lautes Herzgeräusch mit Schwirren
- 5 / 6: Sehr lautes Herzgeräusch, welches unmittelbar nach Aufsetzen des Stethoskops hörbar ist
- 6 / 6: Lautes Geräusch, welches auch ohne Stethoskop zu hören ist
- Frequenz
- Punctum maximum
- Fortleitung
- Lage in Bezug auf die Herztöne
- Palpation des Karotispulses
- Art des Geräusches:
- Decrescendo- (abnehmende Lautstärke)
- Spindel- (erst lauter, dann leiser)
- Band- (kontinuierlich)
- Crescendoform (zunehmend lauter)
(Herold 2022 / Hofbeck 2007)
- Dauer:
- holosystolisch (während der gesamten Systole anhaltend)
- früh- bzw. protosystolisch
- spät- bzw. telesystolisch
- mitt- bzw. mesosystolisch
- früh- bzw. protodiastolisch
- spät- bzw. teldiastolisch
- mitt- bzw. mesodiastolisch (Haas 2017 / Hofbeck 2007)
Zu den Herzgeräuschen zählen folgende Geräusche:
- Funktionelle systolische Herzgeräusche
- Akzidentelle systolische Herzgeräusche (bei Kleinkindern auch als Still´sches Geräusch bezeichnet)
- Nonnensausen
- Organische Herzgeräusche
- Kontinuierliche systolisch- diastolische Geräusche (sog. Maschinengeräusche)
- Diastolische Herzgeräusche
- Systolische Herzgeräusche
Näheres s. „Ätiologie“