GlukagonomD13.7

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Glucagonoma syndrome; Glukagonomsyndrom

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Definition

Seltener, zu der Familie der neuroendokrinen Tumoren zugehöriger, Glukagon-produzierender maligner, langsam wachsender, pankreatischer Tumor, der zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist bereits metastasiert (Lymphknoten, Leber, seltener finden sich Metastasen im Knochen) ist.

Glukagonome sind Inselzelltumore die sich aus den alpha-Zellen der Langerhans’schen Inseln der Pankreas entwickeln.

Einteilung

Sporadische Glukagonome (>95% der Glukagonompatienten)

Syndromale Glukagonome (Teilsymptom einer multiple endokrine Neoplasie Typ1 (MEN1).

Vorkommen/Epidemiologie

 Sehr selten; Inzidenz nicht bekannt; w:m=4:1.

Manifestation

Das durchschnittliche Alter bei dem Auftreten die ersten Symptome liegt bei 50 Jahren.

Lokalisation

Glukagonome sind meist im Schwanzbereich des Pankreas lokalisiert.

Klinisches Bild

Initial uncharakteristisch mit kontinuierlicher Leistungsabnahme, Gewichtsverlust, nicht erklärlicher normochrome Anämie, Hypoaminoazidämie und Hypolipidämie.

Klinisch typisch ist die Kombination von Hyperglykämie, oft verbunden mit einer rezidivierenden, therapieresistenten, schuppenden, manchmal auch pustulösen, häufig perioral, aber auch inguinal lokalisierten Dermatitis (Erythema necrolyticum migrans). Weiterhin Cheilitis und atrophische Glossitis. Nicht selten sind psychische Veränderungen.

 

Labor

Glucagon-Spiegel > 1000 pg/ml (normal < 200). Wichtig ist die Bestimmung weiterer neuroendokriner Hormone (Insulin, Gastrin), da ein Inselzelltumor mehrere hormonelle Aktivitäten aufweisen kann. 

Bemerkung: mäßige Erhöhungen der Glucagon Spiegel treten bei Niereninsuffizienz, akuter Pankreatitis und beim Fasten auf.  

Blutzuckerbestimmung: Hyperglykämie

Erniedrigung der Aminosäurekonzentration im Blut.

 

Diagnose

Kombination von Hyperglykämie (bei nicht Übergewichtigen) und migratorischer nekrolytischer Dermatitis. Bestimmung des Serumglukagon-Spiegel.

Bildgebenden Verfahren: Mittels Oberbauchsonographie, Endosonographie, CT, MRT oder PET Nachweis von erkennbaren Raumforderung im Pankreas. Der Tumor kann sehr klein, aber auch bereits relativ groß sein. Nicht selten sind zum Zeitpunkt der auffälligen klinischen Symptomatik Lymphknotenvergrößerungen im Oberbauch und ggf. auch bereits Lebermetastasen vorhanden.

Die Ausbreitung des Glukagonoms im Körper wird durch eine Octreotid-Szintigraphie erfasst.

Histologischer Nachweis mittels Feinnadelbiopsie oder Biopsie eines größeren Herdes.

Interne Therapie

Chemotherapie (Erfolge sind unbefriedigend): Nichtresektable, metastatische oder rezidivierende Tumoren werden mit einer Kombination aus Streptozotocin und Doxorubicin behandelt, dies kann die Spiegel des zirkulierenden, immunreaktiven Glukagons reduzieren, die Symptome vermindern und die Ansprechraten erhöhen (50%), aber eine Verbesserung des Gesamtüberlebens ist unwahrscheinlich.

Alternativ: Chemotherapie mit einem auf Temozolomid-basierten Regime

Alternativ: Everolimus oder Sunitinib.

Ergänzend symptomatisch:

  • Octreotid (Somatostatin-Analogon). Octreotidinjektionen unterdrücken zum Teil die Glukagon-Produktion und lindern das Erythem, aber auch die Glukosetoleranz kann abnehmen, da Octreotid auch die Insulinsekretion reduziert (Hinweis: Octreotid ist nur wirksam bei Glukagon-bildende Geschwülsten. Tumore, die kein oder nur wenig Glukagon produzieren profitieren von Octreotid nicht, da es keine antiproliferative Wirkung hat). Octreotid vermindert ebenfalls den katabolen Effekt von überschüssigem Glucagon. Dauerhaft werden die Patienten auf langwirksames Octreotidpräparat umgestellt (20–30 mg i.m. 1x/ Monat). Patienten unter Octreotidmedikation müssen oft ergänzend Pankreasenzyme einnehmen, da Octreotid ebenfalls die Sekretion pankreatischer Enzyme hemmt.
  • Orales oder parenterales Zink kann zu einer Verbesserung der dermatitischen Begleitsymptomatik führen.
  • Amino- oder Fettsäuren: ergänzend führt die Applikation von Amino- oder Fettsäuren zu einer Verbesserung (diese Erfahrungen deuten darauf hin, dass die Dermatitis nicht ausschließlich durch eine Zinkmangel verursacht wird.

Operative Therapie

Therapeutische Richtlinien nach der AWMF-Leitlinie 2018:

Alle NF-pNET >2cm ohne diffuse Fernmetastasierung sollten reseziert werden, wenn nicht eine signifikante Komorbidität gegen eine Operation spricht.

Bei Malignitätsverdacht des Glukagonoms (<10%; große Tumore und/oder V.a. nodulären Befall) ohne Hinweis auf Fernmetastasen soll die vollständige Resektion mit formaler Pankreasresektion und Lymphadenektomie durchgeführt werden.

Bei vorliegendem malignen Glukagonom mit resektablen Fernmetastasen soll die komplette Entfernung des Primärtumors und der Metastasen angestrebt werden. Bei Vorliegen von Lebermetastasen hepatische (Chemo-)Embolisation mit den beherrschten, zur Verfügung stehenden Verfahren. 

Bei malignen Glukagonomen mit chirurgisch nicht kurablen Fernmetastasen sollte die Entfernung des Primärtumors und ein Debulking der Fernmetastasen zur Verbesserung der Hyperglykämiesymptomatik erwogen werden.

Eine blinde Resektion von Pankreasgewebe ohne intraoperativen Tumornachweis soll nicht durchgeführt werden.

Verlauf/Prognose

80% der Glukagonome sind maligne. Die Prognose ist bezüglich Lebensqualität und Langzeitüberleben wegen des langsamen Wachstums und wegen neuerer Therapiemöglichkeiten relativ gut.

Literatur

  1. Perren A et al. (2010): Klassifikation und Pathologie gastroenteropankreatischer neuroendokriner Tumoren. Viszeralmed 26: 234-240
  2. Rinke A et al. (2018) S2k-Leitlinie Neuroendokrine Tumore. Z Gastroenterol 56: 583–681
  3. Ruszniewski P et al. (2006) Well-differentiated gastric tumors/carcinomas.  Neuroendocrinology 84:158–164
  4. Scherübl H et al. (2003) Neuroendokrine gastrointestinale Tumore. Diagnostik und Therapie. Dtsch Med Wochenschr 128: 81–83
  5. Scherübl H et al. (2011) Management of early gastrointestinal neuroendocrine neoplasms. World J Gastrointest Endosc 3: 133–139

 

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