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Glitazone
Synonym(e)
Definition
Glitazone zählen zur Gruppe der oralen Antidiabetika. In den USA wurde als 1. Vertreter dieser Stoffgruppe 1997 Pioglitazon zugelassen (Schwabe 2013).
Im Jahr 2000 kamen zwei weitere Medikamente auf den Markt (Erdmann 2004):
- Troglitazon und
- Rosiglitazon.
Da unter der Therapie mit Troglitazon mehrere Fälle fulminanten Leberversagens auftraten, wurde die Substanz im März 2005 in den USA wieder vom Markt genommen (Matthaei 2001). Ein Jahr nach der Einführung zählte Rosiglitazon bereits zu den 2.500 am häufigsten verordneten Lebensmitteln. Die Therapiekosten sind allerdings sehr hoch (Schwabe 2013).
Pharmakodynamik (Wirkung)
Verringerung der Insulinresistenz durch Bindung an den nuklearen Rezeptor PPAR- Gamma, der in Adipozyten am stärksten vertreten ist
Förderung der Umverteilung des Fettes (viszerales Fett an periphere Stellen)
Senkung des Insulinspiegels
Pioglitazon:
- erhöht das HDL stärker als das LDL
- senkt die Triglyceride (Kasper 2015)
sowohl der Nüchtern- BZ- Wert als auch der HbA1c sinken
die BZ- Aufnahme im Muskel wird deutlich gesteigert
Patienten mit Mikroalbuminurie zeigten in zwei Studien eine signifikante Abnahme der Albuminausscheidung
die Progression der diabetischen Nephropathie verringert sich (Huismans 2015)
im Tierexperiment beobachtete man eine Zunahme der Fläche, Zahl und des Insulingehalts der Betazellen (Erdmann 2004)
die Glukoseproduktion in der Leber wird vermindert (Kleinhans 2005)
ein Hypoglykämierisiko besteht nicht (Liebl 2005)
Indikation
Als Monotherapie bei adipösen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und Kontraindikationen gegen Metformin, bei denen eine entsprechende Diät und Bewegung nicht zur gewünschten BZ- Senkung geführt hat (Liebl 2005).
In Deutschland spielen Glitazone auf Grund der teilweise nicht unerheblichen Nebenwirkungen praktisch keine Rolle mehr (Herold 2020).
Dosierung und Art der Anwendung
Pioglitazon: z. B. Handelsname Actos 15 mg bzw. 30 mg Tabletten.
Die Tagesdosis liegt zwischen 15 – 45 mg (Huismans 2015). Pioglitazon sollte 1 x / d verabreicht werden. Im Alter und bei bestehenden leichten bis mittelschweren Nierenfunktionsstörungen ist eine Dosisanpassung nicht erforderlich (Liebl 2005).
Das Medikament kann sowohl zur Monotherapie als auch zur Kombinationstherapie zusammen mit anderen oralen Antidiabetika verwendet werden (Huismans 2015).
Die Kombination mit Insulin ist in Deutschland nicht zugelassen, da diese vermehrt zu einer kongestiven Herzinsuffizienz und zu einem Lungenödem geführt hatte (Erdmann 2004).
Unerwünschte Wirkungen
Gewichtszunahme von ca. 2 – 3 kg
das Plasmavolumen steigt leicht an
Anämie (Diederich 2020) durch Abnahme von Hämoglobin und Hämatokrit (Erdmann 2004)
Zunahme von:
- peripheren Ödemen
- Herzinsuffizienz
Verschlechterung des diabetischen Makulaödems möglich
erhöhte Gefahr von Frakturen bei Frauen
kann bei prämenopausalen Frauen ein polyzystisches Ovarialsyndrom auslösen
rezidivierende Blasenentzündungen und Vaginalinfektionen durch den erhöhten Glukosegehalt im Urin (Kasper 2015)
Kontraindikation
anamnestisch bekannte Lebererkrankungen
Herzinsuffizienz NYHA III oder IV
Schwangerschaft (Kasper 2015)
Stillzeit (Liebl 2005)
Knochenfrakturen postmenopausaler Frauen (Diederich 2020)
Typ 1 DM
Ketoazidose
Dialysepatienten
Kinder und Jugendliche < 18 Jahren
schwere Niereninsuffizienz (Liebl 2005)
Präparate
In Deutschland ist derzeit nur noch Pioglitazon zugelassen (Diederich 2020), da Rosiglitazon im November 2010 wegen der Erhöhung kardiovaskulärer Zwischenfälle ebenfalls vom Markt genommen wurde (Biermann 2010 / Kleinhans 2005).
Hinweis(e)
Vor Therapiebeginn sollten laut Hersteller die Leberwerte kontrolliert werden (Kasper 2015).
Unter der Therapie empfehlen sich regelmäßige Kontrollen der Leberenzymwerte (Huismans 2015).
Literatur
- Biermann D (2010) Rosiglitazon – Marktrücknahme zum 1. November. Pharmazeutische Zeitung 39
- Diederich S et al. (2020) Referenz Endokrinologie und Diabetologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart 491
- Erdmann E et al. (2004) Glitazone – eine antidiabetische Substanzklasse aus kardiologischer Sicht: Neue Aspekte für eine gefäßorientierte Behandlung bei Diabetes mellitus Typ 2. Dtsch Arztebl 101 (44): A- 2954 / B- 2499 / C- 2383
- Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 733
- Huismans H (2005) Lexikon der klinischen Diabetologie: Praxisorientierte interdisziplinierte Darstellung. Deutscher Ärzteverlag Köln 36
- Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 2414 – 2417
- Kleinhans R (2005) Bedeutung von Peroxisome Proliferator-Activated Rezeptor γ für die Expression atherogener Scavengerrezeptoren auf Makrophagen und Interaktionen mit Insulin. Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München.
- Liebl A et al. (2005) Diabetes mellitus Typ 2. Govi- Verlag Eschborn 65 - 72
- Matthaei S et al. (2001) Thiazolidindione (Insulinsensitizer): Neue Aspekte in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Dtsch Arztebl 2001; 98 (14): A- 912 / B- 764 / C- 713
- Schwabe U et al. (2013) Arzneiverordnungs-Report 2001: Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Springer Verlag 52