Eine Enteritis kann entstehen durch:
- I. Infektionen mit Krankheitserregern
- II. Autoimmunbedingte Enteritis
- III. Strahlenenteritis durch Radiatio
- IV. Medikamentös ausgelöste Enteritis
- V. Ischämische Enteritis durch Blockierung der Blutzufuhr, auch als „mesenteriale Ischämie“ bezeichnet (Lock 2021)
- I. Infektiöse Enteritis durch:
- 1. Bakterien und Toxine wie z. B.:
- 1.1. E. coli (z. B. in unzureichend gegarter Speise wie z. B. Schinken- Burger [Kasper 2015]). Die 5 wichtigsten Pathovare von E. coli sind:
- EnteroToxinbildende EC (ETEC): Diese finden sich bei ca. 25 – 35 % der Reisediarrhoen (Herold 2022).
- EnteroPathogene EC (EPEC): Sie stellen die typischen Erreger der Säuglingsdiarrhoe dar (Herold 2022).
- EnteroInvasive EC (EIEC): Sie sind verantwortlich für dysenterieartige Diarrhoen mit Tenesmen und breiigen bzw. blutigen Stuhlabgängen (Herold 2022).
- EnteroHämorrhagische EC (EHEC): Diese bilden sog. Shigatoxine = STEC (Herold 2022) und sind die häufigsten Erreger blutiger Diarrhoen (Vogelmann 2011).
- EnteroAggregative EC (EAEC): Sie können bei Säuglingen und Kleinkindern eine Enteritis hervorrufen (Herold 2022).
- 1. 2. Salmonellen: Sie finden sich in 5 – 10 % als Erreger einer Reisediarrhoe (Herold 2022) und kommen vor in Hühnerfleisch, Mayonnaise, Cremes, Eiern, Meeresfrüchten [Kasper 2015]).
- 1.3. Campylobacter jejuni: Diese sind in 5 – 10 % Erreger einer Reisediarrhoe (Herold 2022) und finden sich z. B. in Hühnerfleisch [Kasper 2015]).
- 1.4. Shigellen: Auch sie findet man z. B. in Hühnerfleisch (Kasper 2015). Sie stellen zwischen 5 – 10 % die Erreger einer Reisediarrhoe dar (Herold 2022). Shigella dysenteriae bildet ebenfalls sog. Shigatoxine = STEC (Kettelhoit 2019).
- 1.5. Yersinia enterocolitica (Herold 2022)
- 1.6. Yersinia pseudotuberculosis (sehr selten [Herold 2022])
- 1.7. Clostridioides difficile: Sie sind die Erreger der Clostridioides- difficile- assoziierten- Diarrhoe (CDAD), den häufigsten Erreger nosokomialer Infektionen (Herold 2022) und treten z. B. nach Antibiotikagabe auf, aber auch eine von Mensch zu Mensch- Übertragung ist möglich (Kasper 2015)
- 1.8. Vibrio cholerae (Herold 2022)
- 1.9. Bacillus cereus (z. B. in aufgewärmten Lebensmitteln bzw. Reis)
- 1.10. Listerien (z. B. in ungekochten Lebensmitteln, Weichkäse [Kasper 2015])
- 1. b.Toxinbildner, die eine Lebensmittelvergiftung auslösen sind:
-
Staphylococcus aureus: z. B. in Mayonnaise, Cremes (Kasper 2015)
-
Bacillus cereus: z. B. in verunreinigtem Wasser oder kontaminierten Lebensmitteln (Schölmerich 2006)
- Clostridioides perfringens: Findet sich in kontaminierten Lebensmitteln (Jung 2021)
(Herold 2022)
- 2. Viren wie z. B.:
- 2.1. Rotaviren: Rotaviren bewirken mehr als 70 % der infektiösen Diarrhoen bei Kindern (Herold 2022). Sie werden z. B. fäkal- oral von Mensch zu Menschübertragen oder durch Lebensmittel, Trinkwasser und auch aerogen (Suttrop 2004). Rotaviren gelten bei Kindern < 5 Jahren weltweit als das schwerwiegendste infektiöse Agens. Sie treten bevorzugt im Frühjahr auf. Die Inkubationszeit beträgt 2 – 3 d (Posovszky 2019).
- 2.2. Noroviren: Diese wurden früher auch als „Norwalk- like- Viren“ bezeichnet. Sie sind bei Erwachsenen in bis zu 50 % für nicht- bakterielle Gastroenteritiden verantwortlich (Herold 2022). Bei Kindern treten diese überwiegend im Winter auf. Die Inkubationszeit liegt zwischen 12 – 48 h (Posovszky 2019).
- 2.3. Sapoviren (frühere Bezeichnung „Sapporo- ähnliche Viren“ [Günther 2003])
- 2.4. Astroviren (Herold 2022) mit einer Inkubationszeit von 4 – 5 d (Posovszky 2019)
- 2.5. Hepatitis A (z. B. in Meeresfrüchten [Kasper 2015])
- 2.6. enterische Adenoviren mit einer 3 – 10 tägigen Inkubationszeit (Posovszky 2019)
- 3. Protozoen wie z. B.:
- 3.1. Giardia lamblia Diese Erreger finden sich häufig bei Rückkehrern aus tropischen oder subtropischen Ländern (Herold 2022). Die Übertragung kann fäkal- oral von Mensch zu Mensch oder durch Lebensmittel bzw. Trinkwasser erfolgen (Suttrop 2004).
- 3.2. Entamoeba histolytica (sog. Amöbenruhr) Auch diese Erreger finden sich häufig bei Rückkehrern aus tropischen oder subtropischen Ländern (Herold 2022).
- 3.3. Kryptosporidien: Sie treten häufig bei Immunsupprimierten auf (Herold 2022) und werden z. B. durch Lebensmittel oder Trinkwasser übertragen (Suttrop 2004)
- 3.5. Cyclospora cayetanensis (Kasper 2015)
- 3.6. Isospora belli (Herold 2022)
Erste Symptome können bei Protozoen teilweise erst Wochen nach der Infektion auftreten (Lübbert 2014).
Eine Enteritis, die durch Pilze verursacht wird, kommt primär praktisch nicht vor, sondern ausschließlich im Rahmen einer Immunsuppression (Braun 2018).
Die Übertragung der infektiösen Erreger erfolgt:
- fäkal- oral
- durch Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser (häufigster Übertragungsweg [Kasper 2015])
Meldepflicht:
Es besteht laut § 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gesetzlich eine ärztliche Meldepflicht bei Erkrankungsverdacht, Erkrankung, Tod bei folgenden Erregern:
- Botulismus
- Cholera
- Paratyphus
- Typhus abdominalis
bei Erkrankung und Tod in Bezug auf folgende Krankheiten:
- Clostridioides- difficile- Infektion mit klinisch schwerem Verlauf. Ein klinisch schwerer Verlauf liegt vor, wenn
- der Erkrankte zur Behandlung einer ambulant erworbenen Clostridioides- difficile- Infektion in eine medizinische Einrichtung aufgenommen wird,
- der Erkrankte zur Behandlung der Clostridioides- difficile- Infektion oder ihrer Komplikationen auf eine Intensivstation verlegt wird,
- ein chirurgischer Eingriff, zum Beispiel Kolektomie, auf Grund eines Megakolons, einer Perforation oder einer refraktären Kolitis erfolgt oder
- der Erkrankte innerhalb von 30 Tagen nach der Feststellung der Clostridioides- difficile- Infektion verstirbt und die Infektion als direkte Todesursache oder als zum Tode beitragende Erkrankung gewertet wurde (Bundesministerium der Justiz)
Eine namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht und Erkrankung einer akuten infektiösen Gastroenteritis und mikrobakteriell bedingter Lebensmittelvergiftung für folgenden Personenkreis:
- wenn die betroffene Person in der Lebensmittelbranche tätig ist
- wenn die Erkrankung bei zwei oder mehr Personen auftritt, bei denen ein endemischer Zusammenhang vermutet wird bzw. wahrscheinlich ist (Herold 2022).
Eine Labormeldepflicht nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) umfasst zusätzlich die viralen Erreger einer infektiösen Diarrhoe (s. d.):
https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__7.html
https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__6.html
- II. Autoimmunbedingte Enteritis
Zu dieser Form der Enteritis zählen z. B. Zöliakie, M. Crohn, Lupus- Enteritis.
Die Zöliakie stellt ein sog. Chamäleon der Enterologie dar. Es handelt sich dabei um eine lebenslang bestehende chronische Entzündung des Ileums (Zeitz 2021).
Beim M. Crohn finden sich, ebenso wie bei der Colitis ulcerosa, gehäuft bestimmte HLA- Allele wie z. B. HLA- B 15, HLA- B 27, HLA- B 5 (Adler 2013).
Auf eine Bestrahlung reagiert das Ileum empfindlicher als das Kolon. Im Frühstadium finden sich Verdickungen der Schleimhaut, Motilitätsstörungen, eventuell auch Ulzerationen. Im Spätstadium können sich nach Jahren Stenosen, Schlingenabknickungen, Schleimhautatrophien und (selten) Fisteln bilden (Bücheler 2006).
- IV. Medikamentös ausgelöste Enteritis
Zahlreiche Medikamente können eine Enteritis bzw. Enterokolitis auslösen wie z. B. NSAR, Antibiotika, klassische Chemotherapeutika, EGF-, VEGF / R- und Tyrosinkinase- Inhibitoren, Amphetamine, Vasopressin, Ergotamin etc. (Stange 2016).
- V. Ischämische Enteritis / mesenteriale Ischämie
Hierbei handelt es sich um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, das innerhalb weniger Stunden zu einer irreversiblen Durchblutungsstörung des Darms führt. Bei einer ischämischen Enteritis ist das Stromgebiet der A. mesenterica superior betroffen. Die Letalität liegt zwischen 50 – 80 % (Siewert 2012).