Choriomeningitis lymphozytäreA98.5

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

LCM-Virus-Infektion; Lymphozytäre Choriomeningitis

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Definition

Die virale Infektion mit dem LCM-Virus verursacht meist eine influenzaartige Krankheit oder eine aseptische Meningitis, manchmal mit Exanthem, Arthritis, Orchitis, Parotitis oder Enzephalitis.

Vorkommen/Epidemiologie

Das Virus der lymphozytären Choriomeningitis, ein Arenavirus (LCM-Virus), ist weltweit verbreitetet (nicht in Australien). LCMV dienen Mäuse als Hauptwirt. Die Nager erkranken dabei selbst nicht scheiden jedoch den Erreger lebenslang über Kot, Urin und Nasensekrete aus. Damit sind sie als Infektionsquellen für den Menschen relevant. Der Prozentsatz infizierter Hausmäuse in einer Population kann je nach geografischem Standort variieren. Es wird geschätzt, dass 5% der Hausmäuse in den USA LCMV tragen.Auch andere Nager wie Spielhamster (syrischer Goldhamster) können Infektionsquelle sein.

Eine humane Infektion kommt durch eine Exposition mit Staub oder Lebensmitteln vor, die durch die graue Hausmaus oder Hamster kontaminiert wurden. Bei einer Übertragung durch Mäuse kommt die Krankheit v.a. bei Erwachsenen im Herbst und Winter vor.

Klinisches Bild

Beim Menschen verläuft die Infektion mit LCMV (v.a. im Herbst und Winter) meist mild und influenzaartig und wird damit auch unterdiagnostiziert (Bonthius DJ 2012, Kinori M et al. 2018)

Allgemeine Symptome sind: Fieber (38,5–40° C) evtl. mit Rigor, Krankheits- und Schwächegefühl, Myalgien (insbesondere lumbal), retroorbitalen Kopfschmerzen, Photophobie, Anorexie, Übelkeit und Benommenheit einher. Seltener kommt es zu Halsschmerzen und Dysästhesien.

Nach 5 Tagen bis zu 3 Wochen kann sich der klinische Zustand der Patienten für 1–2 Tage verbessern. Es kommt häufig zu Rückfällen mit rezidivierendem Fieber, Kopfschmerzen, Exanthemen, Schwellungen der metakarpophalangealen und proximalen interphalangealen Gelenke, Meningitiszeichen, schmerzhafter Orchitis, Parotitis oder Alopezie der Kopfhaut.

Neurologische Symptome (Bonthius DJ 2012): Bei einem kleinen Teil der Patienten kommt es zu einer aseptischen Meningitis. Selten kann es zu einer Enzephalitis, einer aufsteigenden Lähmung, einer bulbären Lähmung, einer transversalen Myelitis oder anderen neurologischen Symptomen kommen. Neurologische Folgekrankheiten kommen bei Patienten mit Meningitis selten vor, können aber bei Enzephalitis bei bis zu 33% der Patienten auftreten. 

Diagnose

In der Frühphase der Krankheit kann der Erreger aus Blut und Liquor in der Babymaus gezüchtet werden.  

Die Diagnose der LCMV-Infektion gelingt durch die Isolierung des Erregers, den Nachweis seiner Nukleinsäuren mittels PCR oder den Nachweis spezifischer Antikörper mit Hilfe des frühzeitig positiven IFTA oder des indirekten Immunfluoreszenztests, ELISA oder Neutralisationstest.

Komplikation(en)

Während des ersten Schwangerschaftstrimesters kann die Infektion mit LCMV einen Abort auslösen. Im zweiten und dritten Trimester führt die Infektion des Fetus zum Tode intrauterin oder bald nach der Geburt, bei lebend geborenen Kindern zu Hydrozephalus, Mikrozephalie Chorioretinitis und geistiger Behinderung (Delaine M et al.2017).

Therapie

Symptomatisch. Die Maßnahmen hängen von der Schwere der Krankheit ab. Wenn sich eine aseptische Meningitis, Enzephalitis oder Meningoenzephalitis entwickelt, sollten die Patienten stationär aufgenommen werden. Eine Behandlung mit Ribavirin kann in Betracht gezogen werden, erwies sich jedoch in vielen Fällen als ineffektiv. Alternativ bietet sich Favipiravir als „first-line-Therapie“ an (Hickerson BT et al. 2018).

Prophylaxe

Schwangere sollten jeden Kontakt zu Mäusen, Goldhamstern und anderen Nagetieren meiden. Der nicht ungefährliche Erreger wird wegen seiner relativen Seltenheit meist nicht in Betracht gezogen (Kinori M et al. 2018).

Fallbericht(e)

Fallbespiele (zitiert und referiert n. Enders G et al. 1999):

Die Autoren beschreiben 6 virologisch gesicherte kongenitale LCMV-Infektionen, die in den Jahren 1991 bis 1997 in verschiedenen Teilen Westdeutschlands aufgetreten waren. Beobachtet wurden ein Hydrozephalus und der intrauterine Tod in der 22. Schwangerschaftswoche, ein Hydrozephalus internus (im zweiten Trimester festgestellt), nach der Geburt zeigten sich Chorioretinitis, Stummheit, Krämpfe, Unfähigkeit zu sitzen und zu schlucken.

Ferner zeigten durch Kaiserschnitt entbundene Zwillinge Dystrophie, Hydrozephalus, Mikrozephalus, Chorioretinitis, Krämpfe, verzögerte psychomotorische Entwicklung und Blindheit.

Ein Säugling erkrankte 3 Monate nach der Geburt vorübergehend mit Meningitis und Konjunktivitis ohne Hydrozephalus oder Chorioretinitis und in einem Fall wurde ein Hydrozephalus, Mikrozephalus, intrakranielle Verkalkungen und Chorioretinitis festgestellt. Das Kind war nahezu blind. Fünf Monate nach der Geburt wurde eine kongenitale Infektion anderer Ätiologie vermutet und im Alter von neun Monaten als LCMV-Infektion bestätigt.

In 2 Fällen konnte eine Exposition gegenüber syrischen Goldhamster, in einem Fall gegenüber Hausmäusen während der Schwangerschaft ermittelt werden. 3 Fälle konnten prospektiv verfolgt werden. Die Ätiologie der übrigen wurde nach der Geburt erkannt. Ein Hydrozephalus beim Fetus und beim Neugeborenen zusätzlich eine Chorioretinitis sollten dazu veranlassen, neben anderen kongenitalen Infektionen auch nach einer LCMV-Ätiologie zu suchen.

Literatur

  1. Bonthius DJ (2012) Lymphocytic choriomeningitis virus: an underrecognized cause of neurologic disease in the fetus, child, and adult. Semin Pediatr Neurol 19(:89-95.
  2. Delaine M et al. (2017) Microcephaly Caused by Lymphocytic Choriomeningitis Virus. Emerg Infect Dis 23:1548-1550.
  3. Enders G et al. (1999) Congenital lymphocytic choriomeningitis virus infection: an underdiagnosed disease. Pediatr Infect Dis J 18: 652-655.
  4. Hickerson BT et al. (2018) Effective Treatment of Experimental Lymphocytic Choriomeningitis Virus Infection: Consideration of Favipiravir for Use With Infected Organ Transplant Recipients. J Infect Dis 218:522-527.
  5. Kinori M et al. (2018) Congenital lymphocytic choriomeningitis virus-an underdiagnosed fetal teratogen. J AAPOS 22:79-81.
  6. Souders HT et al.2015) Protracted symptoms in lymphocytic choriomeningitis: a case report. J Child Neurol 30:644-647.

Autoren

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