Behcet-artiges familiäres autoinflammatorisches Syndrom M35.2

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

This article in english

Synonym(e)

A20 Haploinsufficiency; Aisbl; Behcet-Like Disease Due to Ha20; Behcet-Like Disease Due to Haploinsufficiency of A20; Familial Behcet-Like Autoinflammatory Syndrome; Hereditary Pediatric Behcet-Like Disease; OMIM: 616744

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Definition

Das Behcet-artige familiäre autoinflammatorische Syndrom ist ein seltenes autosomal-dominantes monogenes autinflammatorisches Syndrom das durch eine heterozygote Mutation im TNFAIP3-Gen (191163) auf Chromosom 6q23 verursacht wird.

Ätiopathogenese

Die Erkrankung resultiert aus einer Defizienz der TNFAIP3-Mutante , die physiologischerweise eine Aktivierung von Entzündungszytokinen im NFKB-Signalweg unterdrückt.

Klinisches Bild

Klinisch imponieren v.a. schmerzhafte und wiederkehrende Schleimhautulzerationen an der Mundschleimhaut, im Magen-Darm-Trakt und im Genitalbereich. Die Symptome treten in der Regel in der ersten Dekade auf, es wurde jedoch auch von einem späteren Auftreten berichtet.

Zu den weiteren variablen Merkmalen gehören rezidivierende Exantheme, Uveitis und Polyarthritis. Bei vielen Patienten finden sich Hinweise auf eine Autoimmunerkrankung. Seltener weisen Patienten gleichzeitig auch Merkmale einer Immunschwäche, einschließlich wiederkehrender Infektionen mit einer geringen Anzahl bestimmter weißer Blutkörperchen oder einer gestörten Funktion der Immunzellen.

Therapie

Eine Behandlung mit Tumornekrosefaktor (TNFA; 191160)-Inhibitoren ist hilfreich.

Hinweis(e)

Obwohl einige der klinischen Merkmale des Behcet-artigen familiären autoinflammatorischen Syndroms denen des Morbus Behcet (109650) ähneln, geht man davon aus, dass die häufigere Form des Morbus Behcet polygen ist, typischerweise später im frühen Erwachsenenalter beginnt und die Symptome in der Regel auf die Schleimhäute beschränkt sind (Zhou et al. 2016; Aeschlimann et al. 2018, Kadowaki et al. 2018).

Fallbericht(e)

Zhou et al. (2016) berichteten über 14 Patienten, 12 Frauen und 2 Männer, aus 6 nicht verwandten Familien mit einer autosomal-dominanten autoinflammatorischen Störung. Das Alter bei Krankheitsbeginn: 2 bis 29 Jahre. Die Patienten wiesen orale und genitale Ulzerationen auf, die an die Behcet-Krankheit (siehe 109650) erinnern. Bei einigen Patienten traten zusätzlich Polyarthritis, Hautausschlag, Uveitis (3x) und Entzündungen oder Ulzerationen im Magen-Darm-Trakt (4x) auf. Zwei Patienten hatten periodisches Fieber, 1 Patient hatte eine hämolytische Anämie und 1 Patient eine idiopathische Thrombozytopenie. Lab: Drei Patienten aus einer Familie wiesen einen Lupus-Antikoagulanz sowie andere Autoantikörper auf, und 3 weitere, nicht verwandte Patienten hatten antinukleäre Autoantikörper. Einige Patienten sprachen auf eine Behandlung mit TNF-Hemmern oder Colchicin an.

Aeschlimann et al. (2018) überprüften 15 Patienten aus sechs nicht verwandten Familien mit Behcet-artiges familiäres autoinflammatorisches Syndrom , die zuvor von Zhou et al. (2016) berichtet worden waren, und berichteten über einen zusätzlichen Patienten (P16), der im Alter von einer Woche Schleimhaut- und Magen-Darm-Ulzerationen entwickelte und im Alter von acht Jahren starb. Seine klinischen Merkmale stimmten sowohl mit Morbus Crohn als auch mit Morbus Behçet überein. Er litt unter Durchfall und Darmperforationen, Vaskulitis der kleinen Gefäße des Zentralnervensystems, Hyperglykämie, Katarakt und Bluthochdruck. Alle Patienten entwickelten wiederkehrende schmerzhafte orale, genitale und/oder gastrointestinale Ulzera. Weitere häufige Merkmale, die zu verschiedenen Zeitpunkten der Erkrankung auftraten, waren gastrointestinale Beschwerden (56 %), Polyarthritis und/oder Arthralgie (56 %), Hautbeteiligung (50 %) und wiederkehrendes Fieber (50 %). Augen- und Herz-Kreislauf-Beschwerden wurden ebenfalls weniger häufig beobachtet (jeweils 19 % der Patienten). Einige Patienten hatten schwere multisystemische Entzündungen, darunter 2 mit ZNS-Vaskulitis. Laboruntersuchungen ergaben in der Regel eine Erhöhung der Akute-Phase-Reaktanten während der Schübe sowie schwankende Werte verschiedener Autoantikörper. Sieben Patienten (44 %) hatten rezidivierende Infektionen der oberen und unteren Atemwege, sowohl bakterielle als auch virale, und zwei Geschwister waren immundefizient mit niedrigem IgG, schlechter Impfreaktion, Lymphopenie und rezidivierenden Infektionen.

Kadowaki et al. (2018) berichteten über 30 Patienten aus 9 nicht verwandten japanischen Familien. Bei 22 Patienten konnten TNFAIP3-Mutation nachgewiesen werden. Bei den Patienten, die zwischen 11 Monaten und 71 Jahren alt waren, traten die Krankheitssymptome meist im ersten Lebensjahrzehnt auf. Klinisch imponierten wiederkehrende Entzündungsschübe mit Fieber und Schleimhautulzerationen (Behcet-ähnlich). Weiterhin rezidivierende aphthöse Stomatitis, Genitalgeschwüre, Darmentzündungen und -ulzera. Vereinzelt auch Polyarthritiden. Bei einigen wenigen Patienten trat die Polyarthritis bereits vor dem Auftreten von Schleimhautulzera auf.

Zu den variableren Merkmalen gehörten Exantheme, Arthralgien und Pathergie-Phänomene. Die Häufigkeit von Autoimmunerkrankungen war in diesem Kollektiv hoch: systemischer Lupus erythematodes (SLE), Psoriasis-Arthritis, juvenile idiopathische Arthritis, Autoimmunhepatitis, nephritisches Syndrom und Hashimoto-Thyreoiditis. Bei mehreren Patienten wurden Autoantikörper festgestellt. Laboruntersuchungen ergaben eine übermäßige Produktion von proinflammatorischen Zytokinen, darunter TNFA (191160), TNFR1 (191190), IL6 (147620), IL18 (600953) und IP10 (CXCL10; 147310), was auf eine Aktivierung des Inflammasoms hindeutet. Die Behandlung mit Anti-TNF-Wirkstoffen führte bei einigen Patienten erfolgreich zu einer Remission.

Dong et al. (2019) berichteten über einen 13-jährigen chinesischen Jungen mit intermittierendem Fieber, rezidivierenden Exanthemen, rezidivierenden Tonsillitiden, diffuser Lymphadenopathie, Arthritis und wiederkehrenden gastrointestinalen Geschwüren vorstellte. Außerdem erhöhte ESR; Zeichen einer persistierenden EBV-Infektion. Lab: erhöhter Anteil an zytotoxischen T-Zellen, verringerte Anzahl von T-Helferzellen und zytotoxischen CD8+-T-Zellen. IgG war normal, IgE und IgA waren erhöht. Die Behandlung mit Acyclovir und Steroiden führte zu einer vorübergehenden klinischen Besserung.

Gans et al. (2020) berichteten über einen 27-jährigen Mann aschkenasischer jüdischer Abstammung, der wegen rezidivierendem Fieber, Infektionen, Mund- und Genitalgeschwüren und chronischem Durchfall seit der späten Kindheit überwiesen wurde. Er hatte eine Vorgeschichte mit wiederkehrenden sinopulmonalen Infektionen, Bindehautentzündung, viraler Bronchitis, Hautinfektionen, Zahnkaries, H. pylori-Gastritis und EBV-Virämie. Außerdem hatte er eine Anämie, eine Hepatosplenomegalie. Laboruntersuchungen ergaben eine Hypogammaglobulinämie, ein schlechtes Ansprechen auf Impfstoffe, eine niedrige Zahl von B- und CD4+-T-Zellen, eine verringerte Zahl regulatorischer T-Zellen, eine schlechte proliferative T-Zell-Antwort und eine verringerte Zahl von NK-Zellen, die nicht funktionsfähig waren. Diese Befunde standen im Einklang mit einer kombinierten Immunschwäche zusätzlich zu einem komplexen Immunphänotyp mit Autoimmunität und Autoinflammation. Sein Zytokinprofil wies erhöhte Entzündungsmarker auf, und die Patientenzellen zeigten eine Aktivierung des NFKB-Signalwegs mit erhöhter Expression von Interferon-Response-Genen. Er sprach gut auf die Behandlung mit Anakinra und den Ersatz von Immunglobulinen an.

Literatur

  1. Aeschlimann FA et al. (2018) A20 haploinsufficiency (HA20): clinical phenotypes and disease course of patients with a newly recognised NF-kB-mediated autoinflammatory disease. Ann Rheum Dis 77: 728-735.
  2. Dong X et al. (2019) Novel heterogeneous mutation of TNFAIP3 in a Chinese patient with Behcet-like phenotype and persistent EBV viremia. J Clin Immun 39: 188-194.
  3. Gans MD et al. (2020). A20 haploinsufficiency presenting with a combined immunodeficiency. J. Clin. Immun 40: 1041-1044.
  4. Kadowaki T et al. (2018) Haploinsufficiency of A20 causes autoinflammatory and autoimmune disorders. J Allergy Clin Immun 141: 1485-1488.
  5. Zhou Q et al. (2016) Loss-of-function mutations in TNFAIP3 leading to A20 haploinsufficiency cause an early-onset autoinflammatory disease. Nature Genet 48: 67-73.

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024