AR-Gen
Synonym(e)
Definition
Das AR-Gen (AR steht für: Androgen Receptor) ist ein Protein-kodierendes Gen das auf Chromosom Xq12 lokalisiert ist. Alternatives Spleißen führt zu mehreren Transkriptvarianten, die verschiedene Isoformen kodieren.
Allgemeine Information
Das Androgenrezeptorgen ist mehr als 90 kb lang und kodiert für ein Protein mit drei Hauptfunktionsbereichen: dem N-terminalen Bereich, dem DNA-Bindungsbereich und dem Androgen-Bindungsbereich. Das Protein fungiert als ein durch Steroidhormone aktivierter Transkriptionsfaktor. Nach der Bindung des Hormonliganden löst sich der Rezeptor von den akzessorischen Proteinen, wandert in den Zellkern, dimerisiert und stimuliert dann die Transkription von androgenresponsiven Genen.
Das AR-Gen enthält 2 polymorphe Trinukleotid-Wiederholungssegmente, die Polyglutamin- und Polyglycin-Trakte in der N-terminalen Transaktivierungsdomäne seines Proteins kodieren. Die Ausdehnung des Polyglutamin-Trakts von den normalen 9-34 Wiederholungen auf die pathogenen 38-62 Wiederholungen verursacht spinale bulbäre Muskelatrophie (SBMA, auch bekannt als Kennedy-Syndrom).
Klinisches Bild
Mutationen im AR-Gen können je nach ihrer Lokalisation auf allen Ebenen des Androgenrezeptormechnismus Störungen induzieren, z.B. Störungen in der Androgenbindung, der DNA-Bindung oder der Transaktivierung. Mit über 90% aller Mutationen stellen die Punktmutationen die größte Gruppe der Androgenrezeptorgen-Defekte dar. Hierbei kommt es zu einem Aminosäureaustausch im Rezeptorgen; seltener sind Spleißfehler oder Non-sense-Mutationen.
Androgen-Insensitivität: Liegt beispielsweise beim männlichem Genotyp (46, XY) eine Mutation im Androgenrezeptor vor, so kann dies zu einer kompletten (CAIS) oder zu einer partiellen Androgen-Insensitivität (PAIS; OMIM 300068) führen (Mongan NP et al. 2015). Die endokrinologischen Parameter dieser Androgenrezeptordefekte entsprechen z.T. denen des 5a-Reduktase-Mangels. Bedingt durch den unterschiedlichen Phänotyp kann sowohl der Zeitpunkt der klinischen Auffälligkeit als auch die das „Krankheitsbild“ deutlich variieren. Phänotypisch männliche Patienten werden häufig erst aufgrund einer mangelhaften Pubertätsentwicklung oder eines unerfüllten Kinderwunsches bei Infertilität auffällig. Frauen mit kompletter Androgenresistenz fallen häufig erst durch eine primäre Amenorrhö auf. So liefert beispielsweise bei Androgenresistenz der molekularbiologische Nachweis „somatischer Mosaike“ eine schlüssige Erklärung für die zum Teil ausgeprägten Genotyp-Phänotyp-Diskrepanzen (Wang H et al. 2019).
Mutationen im AR-Gen werden weiterhin auch mit der bulbären Muskelatrophie, X-chromosomal-gebundene in Verbdinung gebracht.
Hinweis(e)
Androgenrezeptoren (ARs) (Dihydrotestosteronrezeptoren) sind Kernhormonrezeptoren der NR3C-Klasse, zu der auch Mineralocorticoid-, Progesteron- und Glucocorticoidrezeptoren gehören. ARs werden in Knochenmark, Brustdrüsen- und Prostatagewebe exprimiert. Die spezifischen (natürlichen) Liganden des Androgenrezeptors sind die Sexualhormone Testosteron und Dihydrotestosteron. Beim Menschen wird der Androgenrezeptor durch das AR-Gen kodiert, das auf Xq11-12, d.h. auf dem langen Arm des X-Chromosoms lokalisiert ist. Der AR wird beim Menschen in den meisten Gewebetypen produziert. Die unterschiedlichen Aktivitäten ist auf eine Anzahl von Proteinen zurückzuführen, die als Coaktivatoren oder Corepressoren des Rezeptors wirken.
Steroidhormonrezeptoren sind Ligand-aktivierte Transkriptionsfaktoren, die die eukaryotische Genexpression regulieren und die zelluläre Proliferation und Differenzierung in Zielgeweben beeinflussen. Die Aktivität des Transkriptionsfaktors wird durch gebundene Koaktivator- und Korepressorproteine wie ZBTB7A moduliert, das NCOR1 und NCOR2 an die Androgen-Response-Elemente/ARE auf Zielgenen rekrutiert und so die Androgenrezeptorsignalisierung und die androgeninduzierte Zellproliferation negativ reguliert (Cui J et al. 2011). Die Transkriptionsaktivierung wird auch durch NR0B2 herunterreguliert.
Literatur
- Claessens F et al. (2017) Comparing the rules of engagement of androgen and glucocorticoid receptors. Cell Mol Life Sci 74:2217-2228.
- Cui J et al. (2011) FBI-1 functions as a novel AR co-repressor in prostate cancer cells. Cell Mol Life Sci 68:1091-103.
- Culig Z et al (2014) Androgen receptor signaling in prostate cancer. Cancer Metastasis Rev 33:413-427.
- Kono M et al. (2017) Androgen Receptor Function and Androgen Receptor-Targeted Therapies in Breast Cancer: A Review. JAMA Oncol 3:1266-1273.
- Mongan NP et al. (2015) Androgen insensitivity syndrome. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 29:569-580.
- Narayanan R et al. (2018) Development of selective androgen receptor modulators (SARMs). Mol Cell Endocrinol 465:134-142.
- Smith MR et al. (2018) Apalutamide Treatment and Metastasis-free Survival in Prostate Cancer. New England Journal of Medicine, Onlinevorabveröffentlichung DOI: 10.1056/NEJMoa1715546
- Wang H et al. (2019) Somatic mosaicism of androgen receptor gene in an androgen insensitivity syndrome patient conceived through assisted reproduction technique. Mol Genet Genomic Med: e906.