Antibiotic Stewardship
Synonym(e)
Definition
Antibiotic Stewardship (ABS) beschreibt ein breit angelegtes (internationales) Konzept zum verantwortungsvollen, zielgerichteten Einsatz von Antibiotika bei Infektionskrankheiten. Naturgemäß ist ABS aufgrund der unterschiedlichen Gesundheitssysteme und Gesundheitsstandards von nationalen oder regionalen Gegebenheiten abhängig (Dyar OJ et al. 2017: we suggest viewing antimicrobial stewardship as a strategy, a coherent set of actions which promote using antimicrobials responsibly. We stress the continuous need for 'responsible use' to be defined and translated into context-specific and time-specific actions).
Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) beschreibt ABS als „ein programmatisches, nachhaltiges Bemühen einer medizinischen Institution um Verbesserung und Sicherstellung einer rationalen Antiinfektivaverordnungspraxis mit Strategien bzw. Maßnahmen, die die Qualität der Antiinfektivabehandlung bezüglich Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer sichern, um das beste klinische Behandlungsergebnis unter Beachtung einer minimalen Toxizität für den Patienten zu erreichen.“
Allgemeine Information
Unter den verschiedenen Medikamentengruppen können Antibiotika einerseits – zum Teil nicht unerhebliche – Nebenwirkungen verursachen und andererseits zur Resistenzbildung beitragen. Daher ist ihr Einsatz besonders gut abzuwägen. Eine nach Antibiotikaeinsatz aufgetretene Resistenzbildung betrifft zunächst den individuellen Patienten, bei dem die resistent(er) gewordenen Bakterien später krankheitsauslösend sein können und dann schlechter durch Antibiotika therapierbar sind (Septimus EJ 2018).
Weiter jedoch können diese Erreger aber – direkt oder über die Umwelt – auch auf andere Individuen übertragen werden und dann bei diesen krankheitsauslösend und schlechter therapierbar sein. Damit wird die Resistenzbildung zu einem, auch auf Grund der hohen Mobilität der Bevölkerung, allgemeinen, weltweiten gesundheitlichen Problem (Public Health-Problem).
Eine gravierende Sonderrolle spielt der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierzucht; hierbei werden Antibiotika nicht nur zur unmittelbaren Infektionsbehandlung eingesetzt, sondern auch zur Prophylaxe und zur Tiermast (Lloyd D et al. 2018: The antimicrobial stewardship program for veterinary use integrates infection prevention and control together with approaches emphasizing avoidance of antimicrobial agents). Hinweis: 2017 wurden 733 Tonnen Antibiotika an Hühner, Schweine, Kühe und andere landwirtschaftliche Nutztiere verfüttert). Auch der zunehmende Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierzucht verschärft die allgemeine und zunehmende Resistenzproblematik.
Mit ABS ist ein programmatisches, nachhaltiges Bemühen einer medizinischen Institution um Verbesserung und Sicherstellung einer rationalen Antiinfektivaverordnungspraxis gemeint. Darunter werden Strategien bzw. Maßnahmen verstanden, die die Qualität der Antiinfektivabehandlung bezüglich Auswahl, Dosierung, Applikation und Anwendungsdauer sichern, um das beste klinische Behandlungsergebnis unter Beachtung einer minimalen Toxizität für den Patienten zu erreichen (Septimus EJ 2018). ABS-Programme, die mehrere ABS-Maßnahmen bündeln, haben einen günstigen Einfluss auf Resistenz-, Kosten- und Verbrauchsentwicklung. Somit hat ABS ein klares Ziel und zwar die Verhinderung bzw. Verringerung von durch resistente Bakterien ausgelösten Infektionskrankheiten oder Todesfällen (Jedes Jahr sterben in Europa 33.000 Menschen durch Infektionen mit multiresistenten Keimen). Diese programmatische Zielsetzung beinhaltet gezielte Maßnahmen zur Verringerung resistenter Bakterien bei einem betroffenen Individuum aber auch in seiner Umwelt. Dies kann nur durch die Reduktion von Antibiotikagaben einerseits aber auch durch ihren zielgerichteten Einsatz andererseits erreicht werden (Rice LB 2018).
Gesundheitspolitischer Rahmen: ABS kann überall dort zur Anwendung kommen, wo Antibiotika verordnet werden, so in der stationären und der ambulanten Medizin (rund 80 % der beim Menschen eingesetzten Antibiotika werden im ambulanten Sektor verordnet) sowie in der Veterinärmedizin. Inzwischen besteht weltweit auf allen Ebenen der Gesundheitspolitik das Bewusstsein der Notwendigkeit von ABS. Programmatisch einbezogen ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), die jeweiligen nationalen Gesundheitsbehörden (in Deutschland das Robert Koch-Institut –RKI), aber auch verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Hierbei gilt es Standards zu formulieren, die sowohl in den Industrieländern als auch in den Nicht-Industrieländern anwendbar sind (s.a. Antibiotika, Hinweise zur Therapie). Die Maßnahmen umfassen naturgemäß ein breites Spektrum an Interdisziplinarität. Neben den einzelnen Fachdisziplinen der Humanmedizin sowie der Veterinärmedizin und ihren Vertretern ist stets die Mikrobiologie miteingebunden, da sie beim individuellen Patienten Informationen zu Erregern und deren ggf. vorhandenen Resistenzen liefert.
Hinweis(e)
Nach Vorhersgen des englischen ÖkonomenJim O´Neil (2014 und 2016) müssen wir im Jahre 2050 mit 10 Millionen Todesfälle durch multiresistente Keime rechnen,mehr als durch Krebserkrankungen (8,2 Millionen). Dies betrifft dann v.a. Länder mit instabiulen GEsundheitssystemen (Asien: 4,7Millionen; Afrika 4,1Millionen).
Literatur
- DGI (Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e.V.): Definition Antibiotic Stewardship: https://www.dgi-net.de/fort-und-weiterbildung/antibiotic-stewardship-abs/
- Dyar OJ et al.(2017) What is antimicrobial stewardship? Clin Microbiol Infect 23: 793-798
- Lloyd D et al. (2018) Antimicrobial Stewardship in Veterinary Medicine. Microbiology spectrum 6: 10.1128/microbiolspec.ARBA-0023-2017.
- Rice LB (2018). Antimicrobial Stewardship and Antimicrobial Resistance. The Medical clinics of North America 102: 805–818.
- Septimus EJ (2018) Antimicrobial Resistance: An Antimicrobial/Diagnostic Stewardship and Infection Prevention Approach. The Medical clinics of North America 102:819–829.
- Stalder S et al. (2018). Deskriptive Studie zur antibiotikafreien Milchproduktion beim Rind Schweizer Archiv für Tierheilkunde 160: 727–736