Ulcus cruris hypertonicumL98.4
Synonym(e)
Beinulkus ischämisches; hypertensive-ischemic ulcers; hypertensive ulcer; Infarktulkus; ischämisches Beinulkus; Martorell's syndrome; Martorell Syndrom; Martorell-Ulkus; Matorell hypertensive ischemic leg ulcer; Ulcus hypertonicum; Ulcus hypertonicus; Ulkus Martorell; Whip-like pain syndrome
Erstbeschreiber
Martorell, 1945; Hines u. Farber, 1946
Definition
Meist plötzlich auftretendes, einseitiges oder doppelseitiges (50% der Pat. sind doppelseitig betroffen) rasch progressives, umschriebenes, ischämisches, 2,0-5,0 cm großes, meist an den distalen, latero-dorsalen Unterschenkelpartien lokalisiertes, hochschmerzhaftes Ulcus cruris. Häufig wird ein banales Alltagstrauma als Initialauslöser angegeben. Leitsymptom ist der plötzlich auftretende, nahezu unerträgliche, ischämische Infarktschmerz.
Ätiopathogenese
Die ätiologische Bewertung der Martorell Ulzera ist inzwischen durch mehrere Publikationen dahingehend revidiert als neben der Hypertonie der subkutanen Arteriolosklerose (in gezielten tiefen Biopsien läßt sich in Serienschnitten in einem hohen Prozentsatz eine kalzifizierende Arteriosklerose nachweisen) eine entscheidende Bedeutung zugemessen wird. Häufig (bei etwa 60% der Pat.) kann zusätzlich ein Diabetes mellitus nachgewiesen werden.
Manifestation
Frauen werden bevorzugt befallen (m:w = 4:6); in größeren Studein lag das mittlere Alter bei 72 Jahren.
Lokalisation
Außenseite der Unterschenkel, symmetrisch über den Knöcheln oder der Achillesferse.
Klinisches Bild
Plötzlich auftretendes, umschriebenes, hochschmerzhaftes, polyzyklisches, scharf marginiertes Ulkus mit bläulich-lividen oder schwarz gesäumten Rändern, das sich aus einer schwarz-nekrotischen Vorläufersituation entwickelte. Die meisten Patienten weisen einen markanten, meist therapiebedürftigen, langzeitig bestehenden Hypertonus auf, häufig kombiniert mit einem Typ 2-Diabetes (>50% der Patienten). Bei einem subtilen Arteriosklerosescreening kann bei > 50% der Pateinen eine periphere AVK nachgewiesen werden.
Labor
Unauffällig
Histologie
In ausreichend tief geführter Exzisionsbiopsie aus dem Randbereich des Ulkus und bei subtiler Serienhistologie lassen sich bei 3/4 der Patienten stenotische arteriosklerotische, teils auch kalzifizierte Veränderungen der subkutanen Arteriolen nachweisen.
Therapie allgemein
Die überwiegende Mehrzahl der Patienten hat eine zugrunde liegende periphere arterielle Verschlusskrankheit. Daher sollte, um die Indikation zu einer Gefäßintervention oder Gefäßrekonstruktion zu überprüfen, der Knöchelarmindex mittels Dopplersonographie und Blutdruckmessung bestimmt und ggf. eine arterielle digitale Subtraktionsangiographie durchgeführt werden.
Externe Therapie
S.u. Ulcus cruris venosum.
Interne Therapie
Behandlung des Bluthochdrucks, Schmerztherapie.
Operative Therapie
Chirurgisches Debridement führt meist rasch zu einer Besserung der sehr starken Schmerzen. Dabei ausreichend tief exzidieren, Hautnekrosen werden bis auf die Unterschenkelfaszien exzidiert, anschliessende Vakuumtherapie über 6-10 Tage.
Häufiger Antibiotikabedarf postoperativ (Cave: Laborchemische Entzündungswerte nicht aussagekräftig: CRP meist durch vorliegendes Ulcus schon erhöht, ggf. nach klinischen Kriterien entscheiden ).
+ggf. Spalthautransplantationen
Nicht selten werden mehrere chirurgische Folgeeingriffe notwendig, bis die Wunden komplett abgeheilt sind.
Literatur
- Hafner J et al. (2010) Martorell hypertensive ischemic leg ulcer. Arch Dermatol 146: 961-968
- Hines E, Farber E (1946) Ulcer of the leg due to arteriolosclerosis and ischemia occurring in the presence of hypertensive disease (hypertensive-ischemic ulcers): A preliminary report. Mayo Clin 21: 337-346
- Martorell F (1945) Las ulceras supramaleolares por arteriolitis de las grandes hipertensas. Actas Reuniones Cientificas Cuerpo Facultativo Instituto Policlinico Barcelona 1: 6