Sessile serratierte Läsion
Synonym(e)
Erstbeschreiber
In der 5. Auflage der WHO-Klassifikation der Tumoren des Verdauungssystems (2019) wurde der Begriff „sessile serratierte Läsion“ (SSL) eingeführt, um den Begriff „sessile serratierte Adenome/Polypen“ (SSA/P) zu ersetzen. SSLs sind frühe Vorläuferläsionen im serratierten Neoplasiepfad, die zu kolorektalen Karzinomen mit BRAF-Mutationen, Methylierung für DNA-Reparaturgene, einem CpG-Insel-Methylator-Phänotyp und einem hohen Grad an Mikrosatelliteninstabilität führen. Einige dieser Läsionen können schnell zu dysplastischen oder invasiven Karzinomen werden, die ein hohes Potenzial für eine lymphatische Invasion und Lymphknotenmetastasen aufweisen (Murakami T et al. 2022).
Definition
„Sessile serratierte Läsion“ (von lat. sessilis - festsitzend und serra – Säge) ist ein pathologisch-anatomischer Begriff in der Gastroenterologie für einen adenomatösen, flach-breitbasigen Kolonpolyp mit histologisch bis zur Basis aufgeweiteten und sägezahnartigen Krypten. Diese Läsion gilt als Präkanzerose.
Allgemeine Information
Serratierte Läsionen (SSL) im Kolorektum stellen eine Problemzone für Kliniker und Pathologen dar; dies liegt v.a. an dem noch nicht abschließend geklärten Progressionsrisiko der verschiedenen serratierten Polypen. Molekularbiologische Forschungen der vergangenen Jahre haben klar gezeigt, dass neben der klassischen „Adenom-Karzinom-Sequenz“ auch ein sogenannter „serrated pathway“ der Karzinogenese existiert, über welchen aus sessilen serratierten Adenomen Kolonkarzinome entstehen können.
Bei den serratierten Adenokarzinomen lassen sich ein Niedrigrisiko-Subtyp (Häufigkeit <20%, mit meist proximaler Lokalisation, dem sessilen serratierten Adenom als Vorläuferläsion, BRAF-Mutation, hoher Mikrosatelliteninstabilität, CpG-Methylierung/hMLH1-Ausfall und einer 5-Jahres-Überlebensrate von >70%) sowie ein Hochrisiko-Subtyp (Häufigkeit >80%, mit meist distaler Lokalisation, dem traditionellen serratierten Adenom als Vorläuferläsion, KRAS-Mutation, niedriger Mikrosatelliteninstabilität/mikrosatellitenstabil, CpG-Methylierung/ p53-Akkumulation und einer 5-Jahres-Überlebens-Rate von <30%) unterscheiden. Eine molekular pathologische Bestimmung des Mikrosatellitenstatus und einer BRAF-oder KRAS-Mutation in Verbindung mit einer hMLH1-und p53-Immunhistochemie lässt eine bessere Unterscheidung dieser beiden Typen zu und wird klinisch zunehmend relevant.
Vorkommen
SSLs finden sich typischerweise im rechtsseitigen Kolon. Meist weisen sie eine Größe von > 5 mm auf und zeigen eine morphologische Ähnlichkeit zu hyperplastischen Polypen. Molekularbiologisch wird eine sessile serratierte Läsion mit einer Mutation des Protoonkogens BRAF assoziiert. In der WHO-Klassifikation von 2019 wurde festgestellt, dass eine Dysplasie, die in einer SSL auftritt, höchstwahrscheinlich ein fortgeschrittener Polyp ist, unabhängig vom morphologischen Grad der Dysplasie. Die Erkennung von SSLs mit oder ohne Dysplasie ist von entscheidender Bedeutung; die Erkennung von SSLs ist jedoch schwierig, und ihre Identifizierung uneinheitlich
Literatur
- Murakami T et al. (2022) Sessile serrated lesions: Clinicopathological characteristics, endoscopic diagnosis, and management. Dig Endosc 34:1096-1109.