Sentinel Lymph Node Dissection
Synonym(e)
Definition
Kombinierte szintigraphisch/operative Methode zur Detektion und Entfernung des primär drainierenden Lymphknotens im Einflussgebiet eines malignen Tumors. Die Wächterlymphknoten-Biopsie wird derzeit beim malignen Melanom ab einer Tumordicke =/> 1,0 mm (weitere Indkation s. u. Melanom, malignes), beim Merkelzell-Karzinom sowie beim high risk spinozellulären Karzinom der Haut durchgeführt (Bemerkung: Die folgenden Angaben beziehen sich überwiegend auf das maligne Melanom, da bei dieser Tumor die weitaus größten Erfahrungswerte vorliegen).
Allgemeine Information
- Die Präsenz von Metastasen in den RLNs (regionären Lymphknoten) zeigt, dass der Tumor befähigt war, sich auszubreiten. Die SLND ist geeignet, eine subklinische Tumorprogression zu detektieren.
- Der Nachweis der metastasierten Tumorzellen erfolgt histologisch und immunhistologisch durch den Einsatz entsprechender Antikörper.
- Die RLNs sollten nicht als passive mechanische Filter für eine systemische Aussaat des metastasierenden Tumors angesehen werden.
- So lange es keine effektive adjuvante Therapie für einen metastasierenden Tumor gibt, sind engmaschige klinische Kontrollen sowie eine therapeutische/elektive LK-Dissektion akzeptabel.
- Nach den derzeit vorliegenden Studien kann der SLN-Status bei dicken Melanomen (Tumordicke > 4,0 mm s. Breslow-Index) mit ausreichender Sicherheit als prognostischer Faktor gewertet werden (bei pos. LK-Befall signifikant geringere 5-Jahres-Überlebenszeit als bei neg. Status). Weiterhin spielt der SLN-Status beim Merkelzell-Karzinom und beim high-risk-Plattenepithelkarzinom eine wichtige diagnostische Rolle.
- Die SLND sollte der ELND (elektive lymph node dissection) vorgezogen werden, wenn es um prognostische Informationen geht.
- Bei erfolgsversprechenden adjuvanten Therapien kann die SLND als ein wichtiger Prognosefaktor dienen.
- Es gibt keine fundierten wissenschaftlichen Hinweise, dass die SLND mit nachfolgender kompletter Lymphknotendissektion die Überlebensrate von Melanom Patienten (Breslow-Index 1,2-3,5 mm) verbessert.
Durchführung
Der mittels Lymphabflussszintigramm und intraoperativ eingesetzter Gamma-Sonde detektierte, primär drainierende Lymphknoten wird in Lokalanästhesie entnommen und in Schnittserien histologisch, immunhistologisch und molekularbiologisch aufgearbeitet.
In vielen Zentren wird zur zusätzlichen Visualisierung des Wächterlymphknotens präoperativ ein lymphgängiger Farbstoff (z.B. Patentblau V) in das Tumorareal injiziert.
Die SLND erweist sich nach den Ergebnissen klinischer Studien als ein wichtiger prädiktiver Parameter.
Komplikationen nach LK-Dissektion können u.a. umfassen: Hämatome, Lymphödeme, Nervenverletzungen, Phlebothrombosen, Blutungen und anaphylaktische Reaktionen durch den (Indikatorfarbstoff).
Die Aufarbeitung des Wächterlymphknotens soll nach nationalen und internationalen Protokollen (Halbierung des Lymphknotens, pro Hälfte mindetens 4 Gewebeschnitte, HE-Färbung und zusätzlcihe immunhistologische Aufarbeitung ( Melan A, Ki 67, S100) von mindestens 2 erfahrenen Histopathologen beurteilt werden.
Hinweis(e)
- Die prognostische Relevanz eines Tumorzellnachweises ist bisher noch nicht klar definiert. Hinsichtlich der Tumorlast sollten folgende Parameter mit angegeben werden (gillt für das maligne Melanom):
- Länge des größten Melanomzellkonglomerates
- Infiltration der Lymphknotenkapsel
- maximale Eindringtiefe der Melanomzellen in das Parenchym ausgehend von der Lymphknotenkapsel
- Lymphangiosis - Ansammlung von Tumorzellen in Lymphgefässen außerhalb des Lymphknotens.
- Die diagnostische und therapeutische Bedeutung der Lymphdrainage bestimmter in den Lymphabfluss eingeschalteter oder vorgeschalteter Lymphknotenstationen wie z.B. der Fossa poplitea bei akral lokalisiertem malignem Melanom ist nicht abschließend geklärt.
- Über die subfaszial gelegenen, meist sehr kleinen Lymphknoten der Fossa poplitea werden v.a. die Regionen der Ferse, des Außenknöchels und der lateralen Wade drainiert. Im klinischen Alltag spielen popliteale Lymphknotenmetastasen eine zu vernachlässigende Rolle.
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