Rheumatoide VaskulitisM06.99
Synonym(e)
Definition
Die rheumatoide (nekrotisierende) Vaskulitis ist eine seltene, häufig schwer und letal verlaufende extraartikuläre Komplikation (Systemvaskulitis) einer meist langzeitig bestehenden (10-15 Jahre) rheumatoiden Arthritis (RA). Die rheumatoide Vaskulitis betrifft meist mittelgroße Arterien, seltener venöse Gefäße in unterschiedlichen Organe so auch der Haut.
Vorkommen/Epidemiologie
m>w (bei rheumatoider Arthritis: w:m=2/3:1)
Ätiopathogenese
Die Ursache der rheumatoiden Vaskulitis ist ebensowenig bekannt wie die die der Grunderkrankung selbst.
Manifestation
Das mittlere Erkrankungsalter lag in einem etwas größeren Kollektiv (n=18) bei etwa 70 Jahren. Die Inzidenz der rheumatoiden Vaskulitis ist in den letzten Jahren offenbar durch eine suffiziente Therapie der Grunderkrankung vermindert werden.
Klinisches Bild
Die rheumatoide Vaskulitis ist eine unter schweren Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Fieber, Gewichtsverlust und Arthritis schubweise auftretende Systemvaskulitis, die als extraartikuläre, komplikative Begleitsymptomatik der rheumatoiden Arthritis auftritt.
Folgende Organmanifestationen können aufreten:
- Nieren (selten): Proteinurie und Mikrohämaturie, oft auch Leukozyturie. Nicht selten entwickelt sich eine arterielle Hypertonie.
- Kardiopulmonal: Pleuritis, Perikarditis, diffuse Alveolitis und COPD, pulmonale Hypertonie.
- Koronararterien: pektanginöse Beschwerden.
- Neurologische Komplikationen (häufig): hierbei handelt es sich um eine Vaskulitis der Vasa nervorum meist der distalen Extremitätennerven mit konsekutiver sensorischer oder gemischt sensorisch-motorischer Neuropathie.
- Digitale Gefäße: Vaskulitische Verschlüsse digitaler Gefäße mit digitalen Nekrosen.
- Haut: das dermatologische Spektrum umfasst vielgestaltige vaskulitische Krankheitsbilder. Beschrieben sind Immunkomplexvaskulitiden unter dem klinischen Bild der akuten (non-IgA-) leukozytoklastischen Small-Vessel-Vasculitis (Purpura). Weiterhin auch chronisch-rezidivierende Vaskulitiden mittelgroßer Hautgefäße mit papulo-nekrotischen Hautveränderungen. Auch ulzerierte Knoten oder Nekrosen. Häufig sind die Nagelfalze mitbetroffen.
- Nägel: bei akuten Schüben evtl. rötliche Halbmonde im Nagelbett infolge subungualer Blutungen.
Histologie
IgG/IgM-und manchmal IgA-positive leukozytoklastische Vaskulitis der postkapillären Venolen. Seltener ist der Befall mittelgroßer Gefäße an der Kroium/Subkutis-Grenze nachweisbar.
Therapie
Bei dieser polyorganischen Systemvaskulitis ist je nach Organbefall und Ausmaß der Gesamtkonstellation zu verfahren.
Bei unkompliziertem dermatologisch akzentuierten Krankheitsbild kann eine immunsuppressive Therapie mit Glukokortikoiden (Prednisolon 30-50mg p.o. /Tag in Kombination mit Methotrexat 15-20mg s.c./Woche) ausreichend sein.
Der Einsatz von Cyclophosphamid, Rituximab or IVIG ist reserviert für schwer verlaufende Krakheitsverläufe.
Hydroxychloroquin und low-dose Aspirin können im Gefolge der Akutsitation eine protektive Rolle spielen.
Verlauf/Prognose
Die rheumatoide Vaskulitis verlauft klinisch schwer. Die 1 Jahres Mortalitätsrate nach Diagnosestellung beträgt nach Angaben des Schrifttums 12%, die 5 Jahres Mortalitätsrate 60%.
Fallbericht(e)
Anamnese: Der 73 Jahre Patient leidet seit 12 Jahren unter einer bekannten rheumatoiden Arthritis (RA) mit typischer morgendlicher Steifigkeit, symmetrischer Beteiligung der kleinen Gelenke.
Befund: Metacarpophalangeal- (MCPs), proximale Interphalangeal-(PIPs) und Zehengrundgelenke (MTPs) mit Bewegungsschmerz und Schwellung. Deutlicher schmerzhafter Händedruck (sog. Gaensslen-Zeichen). Die distalen Interphalangealgelenke waren unbeteiligt. Seit 1 Jahr traten unter erheblichem Krankheitsgefühl mit Fieber, rezidivierender Perikarditis sowie Myokarditis mit infarkähnlichen EKG-Veränderungen und erhöhter arthritischer Aktivität schubweise entzündliche Hautveränderungen an beiden Unterschenkeln und Fußrücken auf.
Dermatologischer Befund: an beiden Waden fanden sich in einem Areal von 20 x 10 cm Größe spontan und druckschmerzhafte, unscharf begrenzte oberflächenglatte Erytheme, Plaques und subkutane Kötchen. Re.im Zentrum der Läsion ein 2,5 x 3,0 cm großes krustig bedecktes Ulkus.
Labor: BSG: 60/90mm/h (<20/<30); Harnsäure 9,2 mg/dl (<7,0) deutlich erhöht, CRP: 10,6 mg/dl (<5), Rheumafaktor IgA: 39 IU/ml (<14) IgG: 12 IU/ml (<7); citrullin AK 290 U/ml (<7). ANA, DNS-AK, SSA, SSB, C-ANCA, p-ANCA neg. Troponin t-hs 10 pg/ml (<14,0) Urinstatus: Erythrozyturie, Proteinurie. Glukose nüchtern: 90mg/dl (<100). Leberwerte o.B.
Histologie: Regelrechte orthokeratotische Epidermis. Im mittleren Korium auffällige mittelgroße, teilweise obliterierte Gefäße mit verdickten fibrinoiden Wänden, fokalen Wandnekrosen sowie intra- und extravaskulärem Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen, eosinophilen und neutrophilen Granulozyten. Stellenweise schaumige Makrophagen sowie Eythrozytenextravasate. Deutliche pannikulitische Begleitreaktion.
Therapie: initial 150 mg Prednisolon i.v./Tag kombiniert mit 20mg Methotrexat s.c./Woche Darunter schlagartige Besserung der Allgemeinsymptome bei rückläufigen Hautveränderungen (Ulkus heilte innerhalb von 3 Wochen komplett ab). Dauerhafte Therapie mit 5 mg Prednisolon/Tag und 20mg Methotrexat/Woche.
Literatur
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