Bilder (1)
Reiter, Hans Conrad
Synonym(e)
Biographische Angaben
(¤ 1881, † 1969) Hans Conrad Reiter, ein deutscher Bakteriologe und Hygieniker, wurde am 26. Februar 1881 in Reudnitz geboren. Er besuchte die Thomasschule in Leipzig. Anschließend Medizinstudium in Leipzig, Breslau und Tübingen. 1906 Promotion über das Thema Nephritis und Tuberkulose. Weitere Ausbildung am Hygienischen Institut in Berlin, am Institut Pasteur in Paris und am St. Mary 's Hospital in London. Dort Zusammenarbeit mit Sir Almroth Wright. Anschließend war Hans Conrad Reiter Assistenzarzt in der Lungenklinik der Universität Berlin, bis er 1913 Privatdozent am Institut für Hygiene in Königsberg wurde. Nach seiner Teilnahme als Arzt und Oberarzt im Ersten Weltkrieg wurde er 1918 zum außerplanmäßigen Professor in Berlin ernannt. Von 1919 bis 1922 war Reiter Erster Assistent und Abteilungsleiter am Institut für Hygiene der Universität Rostock. Ernennung zum außerordentlicher Professor für Sozialhygiene.
1926 wurde er zum Leiter des Landsgesundheitsamts Mecklenburg ernannt. 1928 erster Juniorprofessor mit Lehrverpflichtung in der Sozialhygiene und im selben Jahr Honorarprofessor. Hans Conrad Reiter war ein hervorragender Dozent, der sich großer Beliebtheit bei seinen Studenten erfreut. Reiter erhielt eine Reihe von Auszeichnungen im Ausland, war korrespondierendes Mitglied der Royal Society of Medicine in London.
Bereits 1931 trat Hans Conrad Reiter der NSDAP bei, wurde ein aktiver Unterstützer des NS-Regimes. Reiter war Abgeordneter des Landtages des Freistaates Mecklenburg-Schwerin, Präsident des Reichsgesundheitsamts, Mitglied im Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik im Reichsinnenministerium. 1933-1945 Präsident des NS-Reichsgesundheitsamtes, Berlin (Vorläuferinstitut des heutigen R.Koch-Instuts). Mit Johann Breger schrieb er ein Buch über Rassenhygiene mit folgenden rassistisch geprägten Grundaussagen:
- Die Hygiene der Zukunft wird eine erbbiologisch orientierte sein, und jede richtig begriffene Bevölkerungswissenschaft wird eine erbbiologische Hygiene sein müssen.
- Nur der Staat wird seine Existenz sichern können, der durch eine verstandesmäßig gesteuerte Menschenökonomie die größtmögliche Entfaltung seiner Macht gewährleistet.“
- Das deutsche Volk hat »ein Recht, sich gegen die Überfremdung« durch »völlig wesensfremde Kräfte« mit allen Kräften zu wehren“
Als Leiter des Reichsgesundheitsamtes trieb Reiter die Verfolgung „rassischer“ Minderheiten voran. Seine „Rassenhygienische Forschungsstelle“ arbeitete den Vernichtungslagern zu, indem sie Roma- und Sinti-Familien »erfasste«. Im KZ Buchenwald organisierte das »Robert-Koch-Institut« - ein Ableger des Reichsgesundheitsamtes - seit 1943 an Häftlingen Fleckfieberversuche. Die Experimente dienten der Entwicklung eines Impfstoffs. Von den rund 450 Menschen, die mit der lebensgefährlichen Krankheit vorsätzlich infiziert wurden, starb jeder Dritte.
Reiter trat am 21. Juli 1941 in die SA ein und erhielt als Ehrung der Parteigremien den Rang eines Standartenführers. Als Leiter des Reichsgesundheitsamtes trieb Reiter die Verfolgung »rassischer« Minderheiten voran. Seine »Rassenhygienische Forschungsstelle« arbeitete den Vernichtungslagern zu, indem sie Roma- und Sinti-Familien »erfasste«. Im KZ Buchenwald organisierte das »Robert-Koch-Institut« - ein Ableger des Reichsgesundheitsamtes - seit 1943 an Häftlingen Fleckfieberversuche.
Am 18. August 1942 ernnannte ihn Adolf Hitler zum außerordentlichen Mitglied des Wissenschaftlichen Senats des Heeressanitätswesens. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Reiter von 1945 bis 1947 interniert. Anschließend ist er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1952 als Arzt an der Königin-Elena-Klinik in Kassel beschäftigt. Hans Conrad Reiter starb am 25. November 1969 in Kassel. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erfolgte nicht.
Bekannt ist Hans Conrad Reiter durch die Eponyme Reaktive Arthritis (Reiter-Syndrom, Reitersche Krankheit), Reiters Spirochaeta.
Aufgrund seiner unrühmlichen Rolle während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland wird der Begriff des Reiter-Syndroms im angloamerikanischen Sprachraum vermieden. Im »Journal of Clinical Rheumatology« fordern die US-Ärzte Daniel Wallace und Michael Weismann, dem Deutschen die Ehrung abzuerkennen: „Soll ein Kriegsverbrecher mit solch einer Auszeichnung belohnt werden?“ Der Morbus Reiter soll durch den Begriff „Reaktive Arthritis“ ersetzt. Auch die New York Times dachte auf 280 Zeilen über das Problem nach, kam jedoch zu keiner Empfehlung.
Aus dermatologischer Sicht ist die Begrifflichkeit "Reaktive Arthritis" wenig geeignet, die Komplexität des Syndroms wiederzuspiegeln, da die (nicht-bakterielle) Inflammation des Skeletts nur ein Teilsymptom des komplexen Krankheitsbildes ist.
Literatur
-
Michael H. Kater: Ärzte als Hitlers Helfer. Europa VerlagGmbH, Hamburg/Wien; 568 Seiten;
- Schwarz M, Alex O (2000) Eponyme in der Dermatologie. Vivital Verlag Köln, S. 153-154