Prionen

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Erstbeschreiber

Stanley Prusiner 1982

Definition

Prionen (von engl. proteinaceous infectious particles) sind, beim Menschen aus 253 Aminosäuren bestehende Glykoproteine (Molekulargewicht von 33-35 kDa), die durch das Prion-Protein-Gen (PRNP) kodiert werden. Prione kommen physiologischerweise sowohl beim Menschen als auch bei Tieren vor. 

Prione können aber bei Fehlfaltungen zu einer pathologischen, wasserunlöslichen, hitzbeständigen, Proteinase-stabilen beta-Faltblattstruktur umstrukturiert werden. Diese pathologisch gefalteten krankheitserregenden Prione können  versch. Erkrankungen des Zentralnervervensystems bei Mensch und Tier auslösen.

Es handelt sich bei Prionen nicht um lebende Strukturen , sondern im eigentlichen Sinne nur um organische Proteinformationen mit virusähnlichen (vermehrungsfähigen und infektiösen) Eigenschaften. Pathogene Prionen sind grundsätzlich von anderen Krankheitserregern wie Viren, Bakterien oder Pilzen zu unterscheiden, da sie keine DNA oder RNA enthalten. Sie besitzen jedoch die Fähigkeit  ihre pathologene Konformation auf physiologische Prione zu übertragen. 


 

Vorkommen/Epidemiologie

Körpereigene  Prionen kommen akzentuiert im Hirngewebe vor, so dass pathologische Veränderungen sich in erster Linie dort auswirken. Die pathogenen Prione gelangen  durch kontaminierte Nahrung in den Körper (z. B. bei BSE).  Andere Infektionswege sind eher unwahrscheinlich. Pathogene Prionen können aber auch durch Mutationen entstehen (z. B. familiäre Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und die familiäre Schlaflosigkeit).

Ätiologie

Prione  kommen physiologisch v.a. an der Zelloberfläche (Zellsynapsen) vor und schützen  die Zellen vor zweiwertigen Kupfer-Ionen, H2O2 und freien Radikalen. Weiterhin  ist anzunehmen, dass Prione als Sensoren bei  der zellulären Abwehr von reaktivem Sauerstoff und freien Radikalen fungieren und auch den enzymatischen Abbau von freien Radikalen beeinflussen. Geraten physiologische Prione (PrP= Prion Protein) in Kontakt mit einem pathogenen Prion – PrPSc- (PrPSc = Prion Protein Scrapie:  pathogene Form des Prion-Proteins, das zuerst bei erkrankten Tieren die an Scrapie erkrankt waren gefunden wurde), so strukturieren die physiologischen Prione um und nehmen die beta-Faltblattstruktur der pathogenen Prione ( PrPSc)  an.  Der exakte Vorgang dieser „Umfaltung“ von PrPc in PrPSc ist noch unbekannt;  jedoch erfolgt die Umfaltung so, dass sich nunmehr weitere Prion-Proteine passgenau anlagern können, so wie zwei aufeinanderliegenden Wellblechplatten. Die pathologischen Prion-Proteine kumulieren. Nach und nach bilden sich so unlösliche Ablagerungen in den Zellen, sogenannte Amyloidstrukturen, die letztlich zum Absterben der befallenen Zellen führen.
Bemerkenswerterweise entwickelt sich diese kontinuierliche Kettenreaktion, bei der immer weitere PrPC in PrPSc umgewandelt werden (dies rückt diesen pathogenen Vorgang in die Nähe einer Infektionskrankheit, aber auch in die Nähe anderer Ablagerungserkrankungen wie der Amyloidose).

Das PrPSc mit seiner beta-Faltblattstruktur ist schlechter wasserlöslich (die hydrophoben Ketten zeigen, anders als bei der (physiologischen) alpha-Helix, nicht zur Innenseite der Protein-Tertiärstruktur sondern sie sind nach außen gerichtet); das PrPSc ist weiterhin hitzestabil und für Proteasen schwer abbaubar.
Große Mengen an abgelagerten PrPSc wirken auf das Gehirn zerstörerisch. Dieser Vorgang der Prionen-Speicherung führt zum Zelltod.  Morphologisch entstehen „Löcher im Gehirn“, schwammartige Strukturen (spongiforme Enzephalopathie). 

Manifestation

Infektionsweg:  Tiere und Menschen infizieren sich mit Prionen normalerweise oral über die Nahrung. Das Zielorgan der Prionen an dem sich ihre pathogenen Funktionen auswirken ist v.a. das Zentralnervensystem. Da die Erkrankung eine lange Inkubationszeit hat, geht man davon aus, dass sich der Erreger zunächst in bestimmten „Reservoirs“ im lymphoretikulären System (Milz, Lymphknoten) anreichert, hier v.a. in den follikulären dendritischen Zellen.
Nach oraler Aufnahme durch die Nahrung lassen sich Prione daher auch in den Peyerschen Plaques, dem lymphoretikulären System (LRS) des Gastrointestinaltraktes, nachweisen. Bemerkenswerterweise ist für die Anreicherung und Vermehrung der Prionen ein intaktes Immunsystem Voraussetzung. Immundefiziente Mäuse, bei denen die Funktion der dendritischen Zellen gestört ist, bleiben nach intraperitonealer Gabe von infektiösen Prionen von der Erkrankung verschont. Die Neuroinvasion ist von einer Neuroimmun-Schnittstelle abhängig . Möglicherweise erfolgt der Zell-Zell-Transport der Prionen über Exosomen, kleinen Zellbläschen mit einer durchschnittlichen Größe von 50 bis 90 nm. Von vielen Zellarten ist bekannt, daß sie Exosomen abgeben. Dazu zählen die Zellen des Immunsystems, auch auch Monozyten und Dendritische Zellen. Von letzteren kennt man ihre wichtige Rolle bei der Ausbreitung von Prionen im Organismus. 
 

Klinisches Bild

Bisher bekannte Prionenerkrankungen:
Crapie, Transmissible mink encephalopathy (TME),  Chronic wasting disease (CWD) , Feline spongiform Enzephalopathie (FSE), Bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE),  Exotic ungulate encephalopathy (EUE), Kuru, Creutzfeldt-Jakob Erkrankung (CJD), (Neue) Variant Creutzfeldt-Jakob Erkrankung (vCJD, nvCJD),  Gerstmann-Sträussler-Scheinker Syndrom (GSS),  Fatal familial insomnia (FFI)

Hinweis(e)

Prionen sind extrem widerstandsfähig gegen übliche Desinfektions- bzw. Sterilisationsverfahren, aber auch UV- und Röntgenstrahlen (bis zu 25 KGy) sowie DNAsen und RNAsen. Dies war ein Grund für die BSE-Krise. Heute gibt es auf Grund des Wissens über die erschwerte Inaktivierung von Prionen strenge Vorschriften für die Sterilisierung von Material, das möglicherweise mit prionhaltigem Gewebe in Kontakt gekommen ist.
 

Literatur

  1. Brundin P et al. (2016) How strong is the evidence that Parkinson's disease is a prion disorder? Curr Opin Neurol 29:459-466.
  2. Chen C et al. (2016) Epidemiological characteristics of human prion diseases. Infect Dis Poverty 5:47.
  3. Nizhnikov AA et al. (2016) Prions, amyloids, and RNA: Pieces of a puzzle. Prion 10:182-206.
  4. Saigal G et al. (2016) Infection. Handb Clin Neurol 135:365-397.
  5. Walker LC et al. (2016) The Prion-Like Properties of Amyloid-β Assemblies: Implications for Alzheimer's Disease. Cold Spring Harb Perspect Med doi: 10.1101/cshperspect.a024398.

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