Primär kutanes Mantelzell-Lymphom C83.1
Synonym(e)
Definition
Das Mantelzell-Lymphom wird unter den indolenten (zytischen) B-Zell-Lymphomen geführt, zeigt jedoch einen heterogenen, bei einem Teil der Patienten aggressiven Verlauf. Pathognomonisch ist die chromosomale Translokation t(11;14) mit konsekutiver Überexpression von Cyclin D1 (über bcl-1). Die Tumorzellen zeigen eine Coexpression von B-Zell-Markern und CD5, im Gegensatz zur CLL jedoch kein CD23. Die große Mehrzahl der Patienten wird in bereits fortgeschrittenen Stadien diagnostiziert.
Vorkommen/Epidemiologie
5 bis 7% der malignen Lymphome werden in Europa als Mantelzell – Lymphome klassifiziert. Die Inzidenz beträgt 2/100.000/Jahr. Das Mantelzell-Lymphom (MCL) befällt nur selten die Haut. In Übersichtsarbeiten wird das kutane Kollektiv mit 1 % -6,% der MCL-Fälle angebeen (Kim DH et al. 2019; Geropoulos G et al. 2020; Wehkamp U et al. 2015). m:w=4:1
Pathophysiologie
Pathognomonisch für das Mantelzell-Lymphom ist eine chromosomale Translokation zwischen dem Immunglobulin-Schwerketten-Gen auf Chromosom 14 und dem Cyclin-D1-Gen auf Chromosom 11. Die Translokation t(11;14)(q13;q32), die sich in ca. 95% aller Fälle findet, führt zur aberranten Überexpression von Cyclin D1 und zur proliferierenden Aktivierung des Zellzyklus. Zusätzliche genetische Aberrationen beeinflussen das Krankheitsbild, dabei spielen p53-Mutationen und Deletionen eine zentrale Rolle.
Manifestation
Das mittlere Alter zum Zeitpunkt des Hautbefalls betrug 66 Jahre (Spanne 36 bis 85 Jahre). Es unterscheidet sich damit nicht von der klassischen „extrakutanen“ Verlaufsform. (Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei diesem Kollektiv bei 65 Jahren).
Lokalisation
Vorzugsweise sind die Extremitäten betroffen (etwa 60%). Insbesondere bei den blastoiden Formen muss ein diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom vom Beintyp ausgeschlossen werden (Cyclin D1-Färbung).
Klinisches Bild
Rund 80% der Patienten mit kutanem Mantezell-Lymphom befanden sich in einem fortgeschrittenen Stadium (III/IV) der Erkrankung.
Bei rund 30% der Patienten traten die Hautläsionen als Erstmanifestation des MCL auf. Es zeigten sich bei rund 80% der Patienten multiple Hautinfiltrate.
Bei etwa 70 % der Patienten stellten sich die Hauterscheinungen im Rahmen eines Rezidivs oder eines zuvor dokumentierten systemischen MCL oder als Zeichen einer Progression (teilweise unter der Chemotherapie) des MCL. In diesen Fällen entwickelten sich überwiegend (in rund 65% der Fälle) solitäre (nicht disseminierte) Knötchen, Knoten oder Plaques.
Histologie
Mikroskopisch zeigte sich ein dichtes, diffuses, kutanes Befallsmuster. Charakteristisch ist die infiltratfreie Grenzzone. Bei rund 2/3 der Patienten fand sich eine blastoide oder pleomorphe Variante des MCLs, bei rund 25% der Patienten um eine klassische (zytische) Variante. Die Ki-67-Proliferationsrate war bei den aggressiven Varianten deutlich höher als bei der klassischen Variante des MCL (90% vs. 20%).
Bei den Patienten von Kim DH et al., die Hautläsionen als Manifestation eines Rezidivs oder einer Progression aufwiesen, hatten 16 Patienten zunächst eine klassische Variante des MCL. Bei 10 von 16 Patienten entwickelte sich das MCL im Laufe der Zeit (Intervall: 4,1 Jahre) zu einer aggressiven Variante. Das Gesamtüberleben von Patienten mit einer aggressiven Variante von MCH war schlechter als das von Patienten mit einer klassischen Variante von MCL.
Verlauf/Prognose
Die Prognose kann mittels des klinischen MCL International Prognostic Index (MIPI) bzw. etablierter biologischer Faktoren (blastische Variante, Ki-67, p53-Alteration (Mutationen in PCR oder NGS, Überexpression in der Immunhistochemie) abgeschätzt werden. Der MIPI-c führt die klinische Prognoseabschätzung mit dem biologischen Marker Ki67 zusammen, und erlaubt eine differenziertere Risikoabschätzung. Die mediane Überlebenszeit liegt für alle Patienten bei etwa 5 Jahren, mit erheblichen Unterschieden in den verschiedenen Risikogruppen. Bei Hautbefall muss mit einem eher aggressiven Verlauf der Erkrankung gerechnet werden.
Literatur
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