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Melanosis neurocutaneaQ03.8
Synonym(e)
Erstbeschreiber
Definition
Seltene (kongentiale) nicht hereditäre, neuroektodermale Dysplasie mit multiplen, disseminieren, meist großflächigen melanozytären Naevi der Haut und der Leptomeninx, gfls. auch des Gehinrs und des Rückenmarks. Weitere zerebrale Hamartome können assoziiert sein. Nicht selten entwickelt sich ein Hydrocephalus internus.
Vorkommen/Epidemiologie
Prävalenz: Ca. 1/20.000 Neugeborene. Die neurokutane Melanose betrifft einen kleinen Teil der Patienten mit den häufigen kongenitalen melanozytären Nävi (CMN) und zeichnet sich durch große (Riesen)-CMN in Kombination mit einer oft symptomatischen leptomeningealen Melanose aus.
Ätiopathogenese
Die neurokutane Melanose betrifft einen kleinen Teil der Patienten mit den häufigen kongenitalen melanozytären Nävi (CMN) und zeichnet sich durch große (Riesen)-CMN in Kombination mit einer oft symptomatischen leptomeningealen Melanozytose aus. Sie wird durch eine frühembryonale NRAS-Mutation im Neuroektoderm hervorgerufen. Das Risiko für Melanome ist von der Ausdehnung der CMN abhängig und beläuft sich auf circa 1 % bei CMN allgemein gegenüber 12 % bei Riesen-CMN. Bei der neurokutanen Melanose besteht auch ein erhöhtes Risiko für ZNS-Melanome.
Manifestation
Die melanozytären Naevi bestehen ab Geburt. Neurologische Symptome manifestieren sich meist bis zum 2. Lebensjahr.
Lokalisation
Klinisches Bild
Großflächiger kongenitaler melanozytärer Naevus (> 20 cm bei Erwachsenen, 6-9 cm bei Säuglingen). Die großen kongenitalen melanozytären Naevi (large congenital melanozcytic nevi = LCMN) sind bei > 50% der Patienten am Rumpf, und bei jeweils 15% am Kopf bzw. Oberarm/Oberschenkel lokalisiert.
Meist dichte Aussaat kleinfleckiger, vereinzelt auch großflächiger, unterschiedlich intensiv pigmentierter, kongenitaler melanozytärer Geschwulstformationen, die auch Handflächen und Fußsohlen betreffen können. Die Gefahr sich entwickelnde, häufig aggressiv wachsende Melanome, besteht bereits im Kindesalter.
Ein Teil der Patienten mit neurokutaner Melanose bleibt asymptomatisch.
Symptomatische Formen mit der Entwicklung von neurologischen Symptomen (Hydrozephalus mit Hirndrucksymptomatik, Konvulsionen, Bewusstseinstörungen, Rückenmarkkompression) treten bei 7- 10% der Fälle mit LCMN auf. Weiterhin berichtet wurde über halbseitige Malformationen des Gehirns mit Polymikrogyrie, Pachygyrie und sublobärer Dysplasie (Kumar I et al. 2019).
Offenbar tritt eine leptomenigeale Beteiligung bei Patienten mit LCMN und Satellitose gehäuft auf. Melanozytäre Naevi können an der Leptomeninx durch Proliferation zum Hydrocephalus internus führen mit entsprechender neurologischer Symptomatik.
Gefahr der Entwicklung eines leptomeningealen Melanoms! Beschrieben sind auch proliferierende neurogene Hamartome, sowie zerebeallre Astrozytome (Garrido MC et al. 2019; Wang X et al. 2018)
Therapie
Dermatologisch: Die Hauterscheinungen dienen in erster Linie als Leitsymptomatik. Ansonsten Exzision auffälliger Naevusbereiche, Therapieversuche mittels frühzeitiger Dermabrasio sind erfolgreich, kommen jedoch wegen der Multiplizität der großflächigen Naevi nicht infrage
Neurologisch: Bei Vorliegen von ausgedehnten oder multipen Pigmentnaevi ist die Abklärung einer neurologischen Beteiligung mittels MRT emmpfehlenswert.
Bei akuter Symptomatik (im frühen Kindesalter, z.B. häufig Hydrocephalus internus) neurochirurgische Intervention.
Prävention: Wichtig (jedoch leider ohne Konsequenz) ist die lebenslängliche Überwachung und gezielte Abklärung einer aufgetretenen neurologischen Begleitsymptomatik mittels MRT oder CT.
Verlauf/Prognose
Ungünstig; Ein Teil der betroffenen Patienten verstirbt innerhalb der ersten 3 Jahre nach Beginn der Symptomatik. Die neurologische Beteiligung führt nicht selten zu einem Hydrocephalus internus mit Hirndrucksymptomatik.
Hinweis(e)
Merke! Patienten mit großen kongenitalen melanozytären Naevi (10-20 cm) und melanozytären Riesennaevi (> 20 cm) haben ein signifikant höheres Risiko für eine neurokutane Melanose. Das Risiko hierfür ist noch gesteigert, wenn multiple Satellitennaevi in der Umgebung eines melanozytären Riesennaevus vorkommen, die melanozytären Naevi disseminiert am gesamten Integument verteilt sind und sich in der sog. "posterioren Achsenlokalisation" (Kopf, Nacken, Rücken, Gesäß) befinden.
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