Mastzellaktivierungssyndrome

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Mast cell activation disease; Mast cell activation syndrome; Mastzellaktivierungserkrankungen; MCAD; MCAS; MZA

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Definition

Mastzellaktivierungskrankheit (MCAD)  bezeichnet eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, von der primär systemischen Mastzellerkrankung, der systemischen Mastozytose (SM) mit mehreren Subtypen, das primäres Mastzell-Aktivierungssyndrom  und die Mastzell-Leukämie. Pathogenetisch bezeichnet MCAD eine Gruppe polygener Mastzell--Erkrankungen, die durch eine aberrante Freisetzung variabler Untergruppen von Mastzell-Mediatoren und Anhäufung von morphologisch veränderten oder immunhistochemisch identifizierbaren mutierten Mastzellen.

Mehrere variable klinische Symptome aufgrund der Wirkung der verschiedenen Mastzellmediatoren, im akuten Fall allerdings bis zum Organversagen.

 

Aktuelle vorläufige Kriterien zur Definition des Mastzellaktivierungssyndroms (MCAS)

Hauptkriterien:   Konstellation klinischer Beschwerden, die auf eine krankhaft erhöhte Mastzellaktivität zurückzuführen sind.

Minorkriterien:

1. Fokale oder disseminierte erhöhte Anzahl von Mastzellen im Knochenmark und/oder extrakutanen Organ(en) (z. B. Magen-Darm-Biopsien; CD117-, Tryptase- und CD25-gefärbt)

2. Abnorme spindelförmige Morphologie bei >25 % der Mastzellen im Knochenmark oder anderen extrakutanen Organ(en)

3. Abnorme Mastzellexpression von CD2 und/oder CD25 (d. h. Koexpression von CD117/CD25 oder CD117/CD2)

4. Nachweis genetischer Veränderungen an Mastzellen aus Blut, Knochenmark oder extrakutanen Organen, für die eine Beeinflussung des Aktivitätszustandes betroffener Mastzellen im Sinne einer erhöhten Aktivität nachgewiesen ist

5. Nachweis (typischerweise aus Körperflüssigkeiten wie Vollblut, Serum, Plasma oder Urin) von übernormalen Spiegeln von Mastzellmediatoren, einschließlich:  Tryptase im Blut,   Histamin oder seine Metaboliten (z. B. N-Methylhistamin) im Urin,  Heparin im Blut, Chromogranin A im Blut (potenzielle Confounder von Herz- oder Nierenversagen, neuroendokrinen Tumoren oder kürzlicher Anwendung von Protonenpumpenhemmern wurden ausgeschlossen), weiter relativ mastzellspezifische Mediatoren (z. B. Eicosanoide einschließlich Prostaglandin PGD2, sein Metabolit 11-β-PGF2α oder Leukotrien E4)

6. Symptomatische Reaktion auf Inhibitoren der Mastzellaktivierung oder Mastzellmediatorproduktion oder -wirkung (z. B. Histamin-H1- und/oder H2-Rezeptorantagonisten, Cromoglycin)

 

Zur Diagnosestellung Mastzellaktivierungssyndrom muss mind das Hauptkriterium plus eines der Nebenkriterien oder drei Nebenkriterien vorliegen

Einteilung

Primäre Mastzellaktivierungssyndrome:

Bei einem primären Mastzellaktivierungssyndrom sind definitionsgemäß monoklonale Mastzellen nachweisbar.

Sekundäre Mastzellaktivierungssyndrome:

Unter dem Begriff „sekundäres Mastzellaktivierungssyndrom“ werden Krankheitsbilder mit den Symptomen der Mastzellaktivierung zusammengefasst bei denen eine klonale Mastzellproliferation nicht nachweisbar ist. Zugrunde liegen IgE-vermittelte allergische Erkrankungen, chronisch entzündliche autoimmunologische oder neoplastische Erkrankungen, physikalische Formen der Urtikaria, Überempfindlichkeitsreaktionen z.B. auf Arzneimittel.

Idiopathische Mastzellaktivierungssyndrome:

Ein „Idiopathisches Mastzellaktivierungssyndrom“ ist eine Ausschlußdiagnose bei der weder Allergien noch monoklonale Mastzellenproliferationen vorliegen. Unter diesen Begriff fallen Erkrankungen wie die idiopathische Urtikaria/Angioödem, idiopathische Anaphylaxie u.a.  

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz von MCAS in Deutschland bis zu 17 %, jene der  systemischen Mastozytosen in Europa:  0,3 und 13 pro 100.000 Einwohner

 

Klinisches Bild

Die klinische Symptomatik ist nicht einheitlich. Eindeutige objektive Parameter fehlen. Berichtet wird über Pfeifen/Giemen in den Atemwegen (pulmonale Nebengeräusche), rezidivierende Anschwellungen der oberen Atemwege, Urtikaria, Angioödeme, Kopfschmerzen, Hypotonie, Diarrhöen, Müdigkeit.

Symptome können in praktisch allen Organen auftreten,  ggf. auch bei dem identischen Patienten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Symptome.

Diagnose

Mediatornachweis. Tryptase: als relevant wird ein transienter Anstieg der Tryptase um mindestens 20% des Basiswertes angesehen.

Vorliegen einer entsprechenden klinischen Symptomatik

Ansprechen auf H1/H2-Antihistaminika

 

Therapie

Meiden möglicher Auslöser, sofern eruierbar.

H1-/H2-Antihistaminika; Mastzellstabilisatoren. z.B. Cromoglicinsäure (Colimune®; Ketotifen®); auch retardiertes Vitamin C (Hemmung der Mastzelldegranulation; Abbausteigerung von Histamin)

Immunsuppression als Second line-Therapie

Omalizumab (Xolair®)

enige Studien gibt es auch mit Kinaseinhibitoren, Interleukin 6-Hemmer, ansonsten symptomatisch je nach im Vordergrund stehenden Symptomen.

Symptomorierentierte Therapie .

Hinweis(e)

Folgende Medikamente sollten bei MCAS gemieden werden (Molderings et al. 2016):

Intravenöse Narkotika:Methohexital, Phenobarbital, Thiopental

Muskelrelaxantien: Atracurium, Mivacurium, Rocuronium

Antibiotika: Cefuroxim, Gyrasehemmer, Vancomycin

Selektive Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer: Bupropion

alle Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Antikonvulsiva: Carbamazepin, Topiramat

Opioid-Schmerzmittel: Meperidin, Morphin, Codein

Peripher wirkende Schmerzmittel:  Saure nichtsteroidale Antirheumatika, ASS,  Ibuprofen

Lokalanästhetika: Lidocain, Articain, Tetracain, Procain

Röntgenkontrastmittel: Jodhaltiges Kontrastmittel, Gadoliniumchelat

Plasma-Ersatzmittel: Hydroxyethylstärke, Gelatine

Herzkreislaufmittel: ACE-Hemmer ß-Adrenozeptor-Antagonisten

Peptiderge Medikamente:  Icatibant, Cetrorelix, Sermorelin, Octreotid, Leuprolid

Literatur

  1. Brockow K (2013) Mast cell activation syndrome. Hautarzt 64: 102-106
  2. Ravi A et al. (2014) Mast cell activation syndrome: improved identification by combined determinations of serum tryptase and 24-hour urine 11β-prostaglandin2α. J Allergy Clin Immunol Pract 2:775-778.
  3. Molderings GJ et al. (2014)  Mast cell activation disease: a concise practical guide for diagnostic workup and therapeutic options. Dtsch Med Wochenschr. 139: 1523–1534http://Dtsch Med Wochenschr. 139: 1523–1534
  4. Molderings GJ et al: (2016) Pharmacological treatment options for mast cell activation disease. Naunyn Schmiedebergs Arch Pharmacol- 389: 671-694.
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4903110/#CR144

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