Makroglobulinämie Waldenström, familiäre C88.0

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Familial Waldenstrom's macroglobulinemia; Familiärer Morbus Waldenström; Macroglobulinemia; Macroglobulinemia Waldenstrom; Macroglobulinemia, Waldenstrom 1; OMIM: 153600; Somatic; Wm1

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Erstbeschreiber

Blattner et al. (1980) fanden eine Makroglobulinämie, Waldenström (WM) bei einem Vater und 3 Kindern. Klinische und subklinische Autoimmunerkrankungen waren in der Familie ebenfalls häufig.

Definition

Die Waldenström-Makroglobulinämie (WM) ist eine maligen B-Zell-Neoplasie, die durch eine lymphoplasmatische Infiltration des Knochenmarks und eine Hypersekretion von monoklonalem Immunglobulin M (IgM) gekennzeichnet ist (Vijay A et al. 2007). Die Bedeutung genetischer Faktoren wird durch die Beobachtung einer familiären Häufung von WM nahegelegt (McMaster ML et al. 2003; Ngo VN et al. 2011)

Vorkommen/Epidemiologie

Royer et al. (2010) analysierten 103 WM-Patienten und 272 nicht betroffenen Verwandten aus 35 Familien mit WM und 46 Familien mit gemischten WM/B-Zell-Erkrankungen sowie von 28 Patienten mit sporadischer Erkrankung. Die Art und der Verlauf des Krankheitsprozesses unterschieden sich nicht zwischen den Patienten mit und ohne signifikante Familienanamnese. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose lag bei den familiären Fällen bei 59 Jahren und bei den sporadischen Fällen bei 62,2 Jahren. Patienten mit einer Familienanamnese der Erkrankung berichteten häufiger als nicht betroffene Verwandte über eine Vorgeschichte mit Autoimmunerkrankungen und Infektionen. Weiterhin wurde eine größere Wahrscheinlichkeit von Expositionen gegenüber Pestiziden, Holzstaub und organischen Lösungsmitteln berichtet (Royer et al. 2010). Die Studie deutet auf eine chronische Immunstimulation bei der Entwicklung von WM hin und legt nahe, dass sowohl genetische als auch Umweltfaktoren die Anfälligkeit für die Entwicklung der Erkrankung beeinflussen können.

Ätiopathogenese

Durch die Erstellung von microRNA-Expressionsprofilen von aus dem Knochenmark stammenden CD19(+) WM-Zellen identifizierten Roccaro et al. (2009) eine spezifische microRNA-Signatur, die durch eine erhöhte Expression von 6 microRNAs gekennzeichnet ist, darunter MIR155 (609337), MIR363, MIR206 (611599), MIR494 (616036), MIR184 (613146) und MIR542-3p. Weiterhin konnte gezeigt wereden, dass bei WM häufig eingesetzte Therapeutika, darunter Rituximab, Perifosin und Bortezomib, die Expression von 5 der erhöhten miRNAs verringerten. Diese Daten deuten darauf hin, dass microRNAs eine zentrale Rolle in der Biologie von WM spielen, und bilden die Grundlage für die Entwicklung neuer gezielter Therapien auf der Basis von microRNAs bei WM (Roccaro et al. 2009).

Treon et al. (2012) führten eine Ganzgenomsequenzierung von Lymphoplasmazytischen Lymphomzellen (LPL) aus dem Knochenmark von 30 Patienten mit Waldenstrom-Makroglobulinämie durch, wobei bei 10 Patienten eine Sequenzierung von Normalgewebe und Tumorgewebe durchgeführt wurde. Bei den Patienten mit Waldenstrom-Makroglobulinämie wurde eine somatische Mutation, L265P (602170.0004), in den Proben von allen 10 Patienten mit gepaarten Gewebeproben und in 17 von 20 Proben von Patienten mit ungepaarten Proben identifiziert. Diese Mutation sagte eine Aminosäureveränderung voraus, die die IRAK (300283)-vermittelte NF-kappa-B-Signalisierung auslöst. Die Sanger-Sequenzierung identifizierte MYD88 L265P in Tumorproben von 49 von 54 Patienten mit Waldenstrom-Makroglobulinämie und bei 3 von 3 Patienten mit nicht IgM-sezernierender LPL (91 % aller Patienten mit LPL). Die MYD88 L265P ist demnach eine häufig wiederkehrende Mutation bei Patienten mit Waldenstrom-Makroglobulinämie. Sie ist diagnostisch hilfreich.

Pathophysiologie

Roccaro et al. (2009) legten Beweise dafür vor, dass WM mit einer Aktivierung des NF-kappa-B-Stoffwechsels verbunden ist. Braggio et al. (2009) identifizierten eine biallelische Inaktivierung des TNF-Rezeptor-assoziierten Faktors 3 (TRAF3; 601896) in 3 (5,3 %) von 57 WM-Proben. Die TRAF3-Inaktivierung war mit einer transkriptionellen Aktivierung von NF-kappa-B verbunden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die mutierte Aktivierung des NF-kappa-B-Signalwegs eine Rolle bei der Entstehung von WM spielt.

Klinisches Bild

Die klinischen Merkmale der Waldenstrom-Makroglobulinämie sind variabel. Viele Patienten haben eine asymptomatische oder indolente Erkrankung. Die Symptome sind auf das Ausmaß der Tumorinfiltration zurückzuführen und führen bei Infiltration des Knochenmarks zu Anämie oder Zytopenie, sowie zu Organomegalie oder Lungeninfiltraten. Das häufigste Symptom ist Müdigkeit, die auf Anämie zurückzuführen ist. Erhöhte Konzentrationen von zirkulierendem IgM können zu einem Anstieg des Gefäßwiderstands und der Viskosität führen und Anomalien der Blutungs- und Gerinnungszeiten verursachen. IgM kann sich in glomerulären Nierenschleifen, im Darm und in der Haut ablagern. Weiterhin zeigt sich dass das IgM-Protein verschiedene Autoimmunsymptome, wie z. B. periphere Neuropathie, hervorrufen kann.

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Die kutanen Manifestationen werden unterteilt werden in:

Spezifische Läsionen:

  • Infiltration des Knocheenmarks durch das lymphoplasmazytsiches Lymphom 
  • Kutane Infiltrationen durch neoplastische Zellen: Chronische, solitär oder auch disseminiert auftretende, rote oder braune, meist symptomlose Papeln, Plaques oder Knoten mit glatter Oberfläche (meist an Gesicht oder Stamm). 
  • Lymphknoten oder die Milz sind bei etwa 20-40% der Patienten vergrößert.
  • Nierenbefall (Myelomniere, Cast-Nephropathie)
  • Eine Makroglobulinämie (s.a. MGUS) kann in einer frühen Entwicklungsphase fehlen. Diese klinischen Phänomene werden erst bei einer kritischen Tumormasse klinisch evident.    
  • Kutane Läsionen durch homogene IgM-Ablagerungen: Bildung von Bläschen und Blasen und seltener von kleinen, symptomlosen hautfarbenen Papeln an Gesäß und Stamm (Makroglobulinosis cutis).

Unspezifische Läsionen:

  • Durch das Paraprotein kann es zu einem Hyperviskositätssyndrom mit Purpura, zyanotischen Verfärbungen der Akren (Finger, Zehen, Ohrläppchen), Raynaud-Phänomen, Schwindel, Schleimhautblutungen und Sehstörungen kommen.
  • Weitere klinische Symptome sind:
  • Symptome durch Kälteagglutinine (Anämie, Livedovaskulitis, Raynaud-Symdrom, Akrozyanose, digitale Ulzera)
  • Polyneuropathie 8
  • bei längerem Krankheitsverlauf sekundäre IgM-Amyloidose, gelegentlich auch Störungen der Nierenfunktion.
  • vaskulitische Ulzera und Livedovaskulopathie.

Therapie

Die Therapie wird bei asymptomatischen Patienten aufgeschoben. Meist ist eine fortschreitende Anämie die häufigste Indikation für den Beginn der Behandlung.

Hinweis(e)

Während die familiäre Waldenström-Makroblobulinämie-1 selten ist, ist eine asymptomatische Erhöhung des monoklonalen IgM-Proteins, die als "monoklonale IgM-Gammopathie von unbestimmter Signifikanz " (MGUS) bezeichnet wird, häufiger. Bei Patienten mit „IgM-MGUS“ kann sich eine WM entwickeln, und zwar mit einer Rate von 1,5 bis 2 % pro Jahr (Kyle et al. 2003).

Literatur

  1. Braggio E et al. (2009) Identification of copy number abnormalities and inactivating mutations in two negative regulators of nuclear factor-kappa-B signaling pathways in Waldenstrom's macroglobulinemia. Cancer Res 69: 3579-3588.
  2. Kyle RA et al. (2003) Long-term follow-up of IgM monoclonal gammopathy of undetermined significance. Blood 102: 3759-3764.
  3. McMaster ML et al. (2006) Genomewide linkage screen for Waldenstrom macroglobulinemia susceptibility loci in high-risk families. Am J Hum Genet 79: 695-701.
  4. McMaster ML et al. (2003) Familial Waldenstrom's macroglobulinemia. Semin Oncol 30: 146-152.
  5. Ngo VN et al. (2011) Oncogenically active MYD88 mutations in human lymphoma. Nature 470: 115-119.
  6. Renier G et al. (1989) Four brothers with Waldenstrom's macroglobulinemia. Cancer 64: 1554-1559.
  7. Roccaro AM et al. (2009) microRNA expression in the biology, prognosis, and therapy of Waldenstrom macroglobulinemia. Blood 113: 4391-4402.
  8. Royer RH et al. (2010) Differential characteristics of Waldenstrom macroglobulinemia according to patterns of familial aggregation. Blood 115: 4464-4471.
  9. Treon SP et al. (2015) MYD88 mutations and response to ibrutinib in Waldenstrom's macroglobulinemia. (Letter) New Eng J Med 373: 584-586.
  10. Treon SP et al. (2012) MYD88 L265P somatic mutation in Waldenstrom's macroglobulinemia. New Eng J Med 367: 826-833.
  11. Vijay A et al. (2007) Waldenstrom macroglobulinemia. Blood 109: 5096-5103.

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