IgG/IgA-PemphigusL10.0

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

IGAD; Intercellular IgG/IgA Dermatosis; Interzelluläre IgG/IgA-Dermatose

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Erstbeschreiber

Seit den ersten Beschreibungen von Wallach et al. im Jahr 1982 hat sich das Spektrum des IgA-Pemphigus immer weiter ausgedehnt. Die klassischen IgG-Pemphigustypen, der Pemphigus vulgaris (PV) und Pemphigus foliaceus (PF) reagieren autoimmunologisch mit Desmoglein 3 (Dsg3) bzw. Desmoglein 1 (Dsg1). Erweitert wurde dieses Spektrum durch Fälle mit IgA-Anti-CS-Antikörpern, die als IgA-Pemphigus bezeichnet werden (Nishikawa T et al. 1987). Eine alternative Diagnose lautet interzelluläre IgA-Dermatose (IAD) (Nishikawa T et al. 1987; Hashimoto T et al. 2017).

Definition

Der IgG/IgA-Pemphigus ist mit bisher < 50 gemeldeten Fällen eine äußerst seltene (<50 kasuistische Berichte liegen vor) Blasen-bzw. Pustel-bildende Autoimmunerkrankung. Er ist gekennzeichnet durch in vivo gebundene und/oder zirkulierende Anti-Keratinozyten-CS-Antikörper sowohl der IgG- als auch der IgA-Klasse  (Hashimoto T et al. 2016). Wegen der Seltenheit der Erkrankung liegen bisher keine systematischen Studien vor. Auch ist die Krankheitsentität dieser Erkrankung noch nicht geklärt.

Vorkommen/Epidemiologie

Bei einer größeren Querschnittuntersuchung (n= 36 Fälle von IgG/IgA-Pemphigus/Hashimoto T et al. 2018) waren 18 Japaner, 6 Europäer, 3 US-Amerikaner, 2 Inder und 1 Australier vertreten. m:w=1:1;

Ätiopathogenese

Folgende molekulare Mechanismen werden diskutiert: die gleichzeitige Produktion von Autoantikörpern der Klassen IgG und IgA gegen verschiedene Keratinozyten-Antigene. Weiterhin ist eine „class switch recombination/ CSR“  denkbar. Diese erfolgt durch eine genomische Umlagerung innerhalb des Locus der konstanten Region der schweren Immunglobulinkette, wo die Gensegmente aller Immunglobulinklassen stromabwärts des Locus der variablen VDJ-Region tandemförmig angeordnet sind (Stavnezer J et al. 2008; Hashimoto T et al. 2018) . Die hohen Raten des gleichzeitigen Nachweises von IgG- und IgA-Anti-Dsg3-Antikörpern in denselben Seren könnten darauf hinweisen, dass sich IgG-produzierende B-Zellen in IgA-produzierende B-Zellen umwandeln. Es ist denkbar, dass das Vorherrschen der IgG1-Klasse im menschlichen Serum darauf hindeutet, dass der Autoantikörper von IgG1 zu IgA1 wechselt.

Pathophysiologie

Ungeklärt bisher ist ob es sich beim IgG/IgA-Pemphigus um eine intermediäre Form des Pemphigus handelt, um eine charakteristische Pemphigus-Variante, die durch entzündungsbedingte Epitopausbreitung (Epitop-Spreading) entsteht, oder um eine neue Entität, die auf einen Antikörperklassenwechsel in einem veränderten immunologischen Milieu zurückzuführen ist.

Manifestation

Das Durchschnittsalter liegt bei 55,6 Jahre. Die Zeitspanne zwischen dem Ausbruch der Krankheit und der Konsultation beträgt zwischen 2 Wochen und 10 Jahren (Mittelwert 18 Monate).

Lokalisation

Bevorzugt betroffen sind Rumpf und Extremitäten, seltener die intertriginösen Bereiche, Capillitium und Gesicht. Läsionen der Mundschleimhaut werden in rund 50% der Fälle angetroffen. Läsionen der okulären Bindehaut können selten auftreten, ebenso Läsionen der Genital-, Nasen- und Ösophagusschleimhaut..

Klinisches Bild

 Klnisch imponieren in der Mehrzahl der Fälle Erytheme, teils auch anulär konfiguiert mit Bläschen, prallen Blasen und seltener schlaffen Blasen. Rund 30% der Patienten zeigt Pustelbildungen, weiter 30% Erosionen. Weitere klinische Manifestationen sind Krustenbildungen und Pigmentierungen.

Histologie

Nachweislich sind meist intraepidermale Blasenbildung in der oberen oder mittleren Epidermis, bei rund 50% der Fälle intraepidermale Pusteln in der oberen, mittleren oder unteren Epidermis. Spongiosis und Akantholyse werden vereinzelt beobachtet. Die Infiltrate bestehen aus Neutrophilen, Eosinophilen und Lymphozyten.

Direkte Immunfluoreszenz

Nachweislich sind intraepitheliale IgG-, IgA- und C3-Ablagerungen auf Keratinozyten. IgG-Ablagerungen können sowohl in der oberen Epidermis, aber auch in der unteren Epidermis bzw. in der gesamten Epidermis festgestellt werden. IgA-Ablagerungen finden sich sowohl in der oberen Epidermis, aber auch in der unteren Epidermis und auch in der gesamten Epidermis. IgG-, IgA- und C3-Ablagerungen in der epidermalen BMZ werden vereinzelt beobachtet.

Indirekte Immunfluoreszenz

Bei der indirekten IF von normaler menschlicher Haut, können regelmäßig IgG- und IgA-Antikörper gegen Keratinozyten nachgewiesen werden. Vereinzelt werden auch IgG- bzw. IgA-Anti-Basalmembran-Antikörper nachgewiesen. Bei den IgG-Antikörpern kann Reaktivität mit Dsg1 und Dsg3 seltener mit Dsc nachgewiesen werden. Vereinzelt nachweisbar sind Reaktivitäten mit Desmoplakin I, BP230 und Envoplakin. Bei den IgA-Antikörpern finden sich Reaktivitäten gegen Dsg3 und Desmocollin.

ELISAs: Mit handelsüblichen IgG-ELISAs für Dsg1 und Dsg3 zeigten in einer größeren Studie (n=30) in 63,6 % der IgG-Reaktivität mit Dsg1, 46,7 % eine IgG-Reaktivität mit Dsg3, 63,3 % eine IgA-Reaktivität mit Dsg1 und 43,3 % eine IgA-Reaktivität mit Dsg3. Die Assoziation zwischen dem Nachweis von IgG- und IgA-Antikörpern gegen dieselben Dsgs ist sehr hoch. Rund 95 % der Fälle mit IgG-Antikörpern gegen Dsg1 wiesen auch gleichzeitig IgA-Antikörper gegen Dsg1. Rund 80% der Fälle mit IgG-Anti-Dsg3-Antikörpern hatten gleichzeitig auch IgA-Anti-Dsg3-Antikörper. Hierzu im Gegensatz liegen die Koexistenzen von IgG- und IgA-Antikörpern gegen Dsc1-Dsc3 nur bei rund 50% (Hashimoto T et al. 2018).

Differentialdiagnose

Zu den wichtigsten Differentialdiagnosen gehören bullöse Impetigo, subkorneale pustulöse Dermatose, Pemphigus foliaceus, lineare IgA-bullöse Dermatose und paraneoplastischer Pemphigus.

Therapie

Orale Steroide, Dapson (DDS), Minocyclin und Kombinationen aus diesen Medikamenten

Fallbericht(e)

Cheng HF et al. (2022) : Eine 36-jährige Chinesin mit atopischer Dermatitis in der Anamnese berichtete über das Auftreten von Hautblasen und krustige Veränderungen der Kopfhaut seit 3 Moanten. Sie seien die 1 bzw. 2 Monate nach der Einnahme von pflanzlichen Arzneimitteln aufgetreten. Es fanden sich pustulöse Eruptionen mit perivesikulärem Erythem und sowie Pusteln am Rumpf und im proximalen Bereich der Gliedmaßen. Die Kopfhaut zeigte Pityriasis amiantacea-ähnliche Läsionen. Die Serologie war hinsichtlich antiepithelialer AK negativ. Histologisch fand sich eine subkorneale Spaltbildung mit ausgeprägter Akantholyse. Die entzündlichen Infiltrate bestanden überwiegend aus Neutrophilen und vereinzelten Eosinophilen. DIF: negativ. Die Erkrankung wurde als subkorneale pustulöse Dermatose behandelt, wobei die wichtigste Differenzialdiagnose eine pustulöse Drogeneruption war. Das Absetzen des pflanzlichen Arzneimittels und die Verabreichung von Dapson 50 mg einmal täglich führten zu einer Remission. Das Dapson konnte Monate später erfolgreich abgesetzt werden. Zwei Monate nach Absetzen von Dapson traten die Bläschen und Pusteln erneut auf. Eine wiederholte Hautbiopsie ergab einen analogen histopathologischen Befund. Die DIF zeigte in perivesikulärer Haut eine granuläre, interzelluläre Positivität von IgA und IgG. Die Merkmale entsprachen denen eines IgA-Pemphigus mit zusätzlicher IgG-Immunreaktion. Dapson wurde in einer Dosis von 25 mg täglich wieder aufgenommen. Alle Blasen bildeten sich anschließend zurück.

Literatur

  1. Cetkovska P et al. (2014) Management of a pemphigus with IgA and IgG antibodies and coexistent lung cancer. Dermatol Ther 27:236–239.
  2. Cheng HF et al. (2022) IgG/IgA pemphigus with differing regional presentations. JAAD Case Rep 28:119-122.
  3. Hashimoto T et al. (2018) Clinical and Immunological Study of 30 Cases With Both IgG and IgA Anti-Keratinocyte Cell Surface Autoantibodies Toward the Definition of Intercellular IgG/IgA Dermatosis. Front Immunol 9:994.
  4. Hashimoto T et al. (2017) Clinical and immunological studies of 49 cases of various types of intercellular IgA dermatosis and 13 cases of classical subcorneal pustular dermatosis examined at Kurume University. Br J Dermatol 176:168–175.
  5. Hashimoto T et al. (2016) Summary of results of serological tests and diagnoses for 4774 cases of various autoimmune bullous diseases consulted to Kurume University. Br J Dermatol 175:953–965.
  6. Hashimoto T et al. (1997) Human desmocollin 1 (Dsc1) is an autoantigen for the subcorneal pustular dermatosis type of IgA pemphigus. J Invest Dermatol 109:127–131.
  7. Inoue-Nishimoto T et al. (2016) IgG/IgA pemphigus representing pemphigus vegetans caused by low titres of IgG and IgA antibodies to desmoglein 3 and IgA antibodies to desmocollin 3. J Eur Acad Dermatol Venereol 30:1229–1231.
  8. Kanwar AJ et al. (2014) IgG/IgA pemphigus reactive with desmoglein 1 with additional undetermined reactivity with epidermal basement membrane zone. Indian J Dermatol Venereol Leprol 80:46–50.
  9. Nie Z et al. (1999) IgA antibodies of cicatricial pemphigoid sera specifically react with C-terminus of BP180. J Invest Dermatol 112:254–255.
  10. Nishikawa T et al. (1987) Role of IgA intercellular antibodies: report of clinically and immunopathologically atypical cases. Proc XVII World Congr Dermatol:383–384.
  11. Stavnezer J et al. (2008) Mechanism and regulation of class switch recombination. Annu Rev Immunol 26:261–92.
  12. Uchiyama R et al. (2014) IgA/IgG pemphigus with infiltration of neutrophils and eosinophils in an ulcerative colitis patient. Acta Derm Venereol 94:737–738.

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024