IgA-MangelD80.2
Synonym(e)
Definition
Der selektive Immunglobulin-A-Mangel (IGAD) ist die häufigste Form des primären Immundefekts (PID) mit einer Inzidenz von etwa 1 von 600 Personen in der westlichen Welt (Cunningham-Rundles 2001).
Ein IgA-Mangel wird dann diagnostiziert, wenn die Konzentration des Serum-IgA bei Patienten ab 4 Jahren <7 mg/dl liegt.
IgA kommt in 2 Subklassen vor: IgA1 und IgA2. Das Verhältnis IgA1/IgA2=9:1.
Ein IgA-Mangel kann eine von beiden Subtypen selektiv betreffen (selektiver IgA-Mangel):
- Immunglobulin-A- Mangel selektiver Typ 1 (Mutation in IgAD1)
- Immunoglobulin-A-Mangel selektiver, Typ 2 (Mutation in TNFRSF13B)
Da ein IgA-Mangel in seltenen Fällen auch vorübergehend auftreten kann, empfiehlt sich eine Wiederholungsmessung nach 1-2 Monaten.
Hinweis: Der übergeordnete Begriff "common variable immunodeficiency" (CVID) bezieht sich auf eine Gruppe von Erkrankungen, die durch einen Mangel an allen Ig-Isotypen gekennzeichnet sind. Selektiver IgA-Mangel und CVID können in derselben Familie vorkommen.
Klinisches Bild
85-90 % der Personen mit IgA-Mangel sind asymptomatisch. Betroffene Personen mit einem symptomatischen, selektivem Immunglobulin-A-Mangel leiden unter wiederkehrenden sinopulmonalen und gastrointestinalen Infektionen. Weiterhin kann bei diesen Personen eine erhöhte Inzidenz von lymphatischen und nicht-lymphatischen Malignomen festgestellt werden. Es besteht ein höheres Risiko, im mittleren Lebensalter Autoimmunerkrankungen zu entwickeln.
IgA ist gegen verschiedene Krankheitserreger aktiv, darunter Rotavirus, Poliovirus, Influenzavirus und SARS-CoV-2. Ein Mangel an Anti-SARS-Cov-2-IgA und sekretorischem IgA (sIgA) ist eine mögliche Ursache für den Schweregrad der COVID-19-Infektion (Quinti I et al. 2021).
Ein selektiver IgA-Mangel kann auch für gastrointestinale Erkrankungen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten prädisponieren, da die erste immunologische Abwehr im Darm in Form des sekretorischen IgA fehlt. Es besteht somit eine gesteigerte Prävalenz für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Zöliakie.
Auch andere Autoimmunerkrankungen (z.B. Thyreoiditis, Vitiligo, Juvenile rheumatoide Arthritis (JIA), SLE, Typ 1-Diabetes, Dermatomyositis, Sjögren-Syndrom, Autoimmunhepatitis) treten gehäuft gemeinsam mit einem IgA-Mangel auf.
Bei Patienten mit selektivem IgA-Mangel kann es zum Auftreten von Autoantikörpern gegen IgA kommen. Diese treten bei ca. 20-25% der betroffenen Patienten auf. Der labordiagnostische Nachweis ist deshalb weil dies in seltenen Fällen bei intravenöser Gabe von Immunglobulinen (diese Blutprodukte enthalten IgA) zu schwer- wiegenden anaphylaktischen Reaktionen und damit zu einer lebensbedrohlichen Situation führen kann. Dies schließt auch Bluttransfusionen mit ein.
Diagnostik
Nach einem selektivem IgA-Mangel (oder anderen assoziierten Antikörpermangelsyndromen) sollte gesucht werden bei:
- positiver Familienanamnese für IgA-Mangel und/oder
- dem Vorliegen einer Zöliakie, von Autoimmunphänomenen sowie einer Häufung von Infekten (obere und untere Atemwege, gastrointestinal)
Bei zufällig gefundenem oder gezielt diagnostiziertem IgA-Mangel sollte zur Abklärung mindestens untersucht werden:
- Differentialblutbild (IgA, IgG, IgM, IgE)
- Ggf. IgG-Subklassen
- Ggf. Komplementdiagnostik: AP50,CH50,MB
Bei nachgewiesenem IgA-Mangel ist, im Abstand von 2 Jahren, eine regelmäßige Kontrolluntersuchung der Immunglobuline und der IgG-Subklassen sinnvoll. Auch die Untersuchung auf Anti-IgA-Antikörper ist wichtig, da Patienten mit IgA-Mangel und Autoantikörpern ein erhöhtes Anaphylaxie-Risiko für Immunglobulin-Therapien und Bluttransfusionen haben. Sollte die Gabe dieser Produkte notwendig werden, können dann IgA-abgereicherte Präparate verwendet oder andere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden (z.B. die subkutane Immunglobulin-Therapie und Verzicht auf intravenöse Gabe)
Hinweis(e)
IgA-Mangel und CVID (Common Variable Immunodeficiency) zeichnen sich durch ähnliche B-Zell-Differenzierungsstörungen aus, weisen jedoch nicht die gleichen Anomalien der Lymphozyten-Subpopulationen auf. IgA-Mangel-Patienten können eine für CVID charakteristische Panhypogammaglobulinämie entwickeln.
Literatur
- Castigli E et al. (2005) TACI is mutant in common variable immunodeficiency and IgA deficiency. Nature Genet 37: 829-834.
- Cunningham-Rundles C (2001). Physiology of IgA and IgA deficiency. J Clin Immun 21: 303-309.
- Martin F et al. (2005) Unraveling TACIt functions. Nature Genet. 37: 793-795.
- Quinti I et al. (2021) IgA Antibodies and IgA Deficiency in SARS-CoV-2 Infection. Front Cell Infect Microbiol 11:655896.
- Salzer U et al. (2005) Mutations in TNFRSF13B encoding TACI are associated with common variable immunodeficiency in humans. Nature Genet 37: 820-828.