Hantaan-Virus-InfektionenA98.5

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Hantanvirus-Infektionen

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Erstbeschreiber

Lee u. Johnson, 1978

Definition

Durch Nager übertragene Hantavirus-Infektion, die hochfieberhafte Krankheitsbilder mit Blutungsneigung, renalen oder pulmonalen Funktionsstörungen auslösen kann.

Erreger

Hanta-Virus, zur Familie der Bunyaviridae gehörig. Es umfasst die Gruppen:

  • Hantaan-Gruppe: Hantaan-Virus, Dobrava-Belgrad-Virus, Seoul-Virus.
  • Puumala-Gruppe: Puumala-Virus, Sin-Nombre-Virus, Prospect-Hill-Virus, Black-Creek-Canal-Virus.

Vorkommen/Epidemiologie

Der Name Hantaan geht auf einen Fluss in Korea zurück, an dem in den 1950er-Jahren während des Koreakrieges tausende UNO-Soldaten an einer Infektion mit Hantaviren (Typ Hantaan) erkrankten.

Weltweit verbreitet: vorwiegend in Südostasien und in Nordeuropa, aber auch in Mitteleuropa Regionen in Niedersachsen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg sowie in Österreich (Teile der Steiermark).

In Nord- und Mitteleuropa: Puumala- (vorwiegend im Süden), Hantaan- (vorwiegend im Norden und Osten), Sin-Nombre- und Dobrava-Virus (vorwiegend im Norden und Osten).

2002 wurden in Deutschland 0,3 Erkrankungen/100.000 Einwohner gemeldet.

Übertragung erfolgt vorwiegend bei bestimmten Tätigkeiten wie Arbeiten in Schuppen und Lauben, Dachböden und Lagerhallen, in Gebäuden mit Nagerbefall, bei Gartenarbeiten und verschiedenen Outdoor-Freizeitaktivitäten.

Ätiopathogenese

Übertragung von Viren der Hantaan-Gruppe: durch echte Mäuse (Brandmaus).

Übertragung von Viren der Puumala-Gruppe: durch Wühlmäuse (Rötelmaus).

Nager scheiden Viren in Urin, Faezes und Speichel an die Umgebung ab. Übertragungen sind durch direkten Kontakt (selten), orale Aufnahme und Inhalation von infektiösem Material, selten durch Bissverletzungen oder Übertragung von Mensch zu Mensch möglich.


Endothelzellschädigung durch das Virus sowie durch immunologische Wirtsreaktionen. Die vaskuläre Dysfunktion mit intravasaler Koagulation und Gerinnungsstörungen führt zu Hämorrhagien und zum Organversagen. Die Nephropathie wird durch eine hämorrhagische interstitielle Nephritis, an der Glomeruli und Tubuli beteiligt sind, verursacht.

Manifestation

Das saisonale Maximum der Erkrankungen bewegt sich zwischen Mai bis August. Vorwiegend sind berufstätige Männer betroffen.

Klinisches Bild

  • Nephropathia epidemica:
    • Vorwiegend in Mitteleuropa auftretend, verursacht durch Viren der Puumala-Virus-Gruppe.
    • Inkubationszeit: 5-35 (-60) Tage.
    • Asymptomatische und oligosymptomatische Verläufe sind möglich.
    • Nur in 5-10% Entwicklung von klinischen Symptomen wie Fieber, Lumbalgie, Bauch- und Kopfschmerzen, Proteinurie und/oder Hämaturie, Einschränkung der Nierenfunktion, Oligurie bis hin zum akuten Nierenversagen (tubuläre Nekrose).
  • Hämorrhagisches Fieber mit renaler Symptomatik:
    • Überwiegend in Ostasien (China, Korea) oder in Südostasien (Thailand) auftretend, durch Hantaan-Virus-Gruppe verursacht. Der Serotyp Dobrava kann hämorrhagisches Fieber auslösen.
    • Fieber, Schwindel, Kopf- und Rückenschmerzen (toxische Phase von 4-7 Tagen Dauer), Leukozytose und Thrombozytopenie, Petechien an Rumpf und weichen Gaumen, Capillary-Leakage-Syndrom mit Hypotension. Renale Phase mit Oligurie, Polyurie, Hypertension (mit möglichen zerebrovaskulären Komplikationen), Schleimhautblutungen und Lungenödem.
  • Hantavirus Pulmonary Syndrome (auch Hantavirus Adult Respiratory Distress Syndrome):
    • Schwerste Form der Hantavirus-Lungenerkrankung. Einzelerkrankungen und Ausbrüche sind bislang ausschließlich in Amerika beschrieben worden. Verursacht durch Viren der Puumala-Virus-Gruppe. Das in Mitteleuropa verbreitete Puumalavirus kann Lungenfunktionsstörungen und Lungenerkrankungen (leichtere Verläufe) auslösen.
    • Inkubationszeit: 3 Tage bis 6 Wochen.
    • Interstitielle Pneumonie mit Lungenödem und respiratorischer Insuffizienz.

Labor

Serumantikörper (IFT, ELISA) (starke Kreuzreaktivität zwischen den einzelnen Serogruppen ist möglich)

Nachweis viraler Antigene (indirekte Immunfluoreszenz)

RT-PCR

Virusanzucht (nicht mehr gebräuchlich).

Differentialdiagnose

Hämorrhagisches Fieber anderer Genese

Leptospirose

Rickettsiose

Therapie

Bettruhe, symptomatische Therapie (u.a. Dialyse), in Erprobung Ribavirin,

Verlauf/Prognose

  • Nephropathia epidemica:
    • Letalität unter 0,2%.
    • Abheilung meist ohne Restschäden.
  • Hämorrhagisches Fieber:
    • Rekonvalszenz über Monate, die in völlige Ausheilung übergeht, jedoch sind bleibende Schäden möglich.
    • Letalität von 10%.
    • Lebenslange serotypenspezifische Immunität.
  • Hantavirus Pulmonary Syndrome: Letalität bis 50%.

Prophylaxe

Expositionsprophylaxe und Schädlingsbekämpfung.

Hinweis(e)

Merke! Nachweis von Hantaviren im Zusammenhang mit einer akuten Erkrankung sind nach §7 IFSG durch Leiter des Labors meldepflichtig.

Literatur

  1. Singh H et al. (2020) Novel therapeutic approaches toward Hantaan virus and its clinical features' similarity with COVID-19. Indian J Pharmacol 52: 347-355.

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024